Armee bereitet sich auf Unruhen vor Israel fürchtet "Naksa"-Tag
03.06.2011, 15:26 Uhr
Israelische Soldaten patroullieren an der Grenze zum Libanon.
(Foto: REUTERS)
Der Jahrestag des Ausbruchs des Sechs-Tage-Kriegs jährt sich wieder - und Israels Sicherheitskräfte sind in Alarmbereitschaft. Ein verstärktes Polizeiaufgebot patroulliert Jerusalem, an den Grenzen erwartet die Armee Massendemonstrationen. Auch die Entsendung einer neuen Gaza-Flottille sorgt in Israel für Unruhe.
Mit verstärktem Polizeiaufgebot bereitet sich Israel auf den "Naksa"-Tag, den Jahrestag des Ausbruchs des Sechs-Tage-Kriegs vor. Wegen erwarteter Unruhen positionieren sich in Jerusalem Polizisten rund um den Tempelberg und die Altstadt. Die israelische Armee erhielt zudem die Anweisung, keine Verletzung der Grenzen Israels zuzulassen. Die Soldaten sollten "mit Zurückhaltung aber mit Bestimmtheit" alle Versuche unterbinden, erneut die Grenzen zu stürmen, sagte Premierminister Benjamin Netanjahu.
Vor dem Sicherheitsausschuss der Knesset erklärte Generalstabschef Benny Gantz, dass sich die Armee, ausgestattet mit neuen Waffen, auf bevorstehende Massendemonstrationen in den besetzten Gebieten und an den Grenzen vorbereitet habe. Neben Gefahren "vom Messer bis zur Atombombe" sei Israel mit einem neuen Feind konfrontiert: die arabische Straße.
In Jordanien, Gaza, Syrien und Libanon wird dazu aufgerufen, an diesem Sonntag erneut die Grenzen Israels zu stürmen, unter dem Motto: "Wir wollen unser Land in Palästina zurückhaben." Am Sonntag jährt sich der Ausbruch des Sechs-Tage-Kriegs, der 1967 mit einer gewaltigen Niederlage der arabischen Staaten endete sowie mit der israelischen Besatzung der Sinai-Halbinsel, des Gazastreifens, Westjordanlandes und der syrischen Golanhöhen. Erst am diesjährigen , dem Jahrestag der Gründung Israels am 15. Mai 1948, stürmten Tausende Libanesen und palästinensische Flüchtlinge in Syrien die Grenzen zu Israel. Auf den Golanhöhen wurde der Grenzzaun stellenweise zerstört. Es gab mehrere Tote. Inzwischen haben die Israelis den Zaun repariert und verstärkt. Die Schießbefehle der Soldaten wurden "aufgefrischt".
Gaza-Flottille sticht wieder in See
Aber nicht nur der bevorstehende Naksa"-Tag bereitet Israel Sorgen. Am 8. Juli soll erneut ein Gaza-Flottille von Istanbul aus in See stechen. Ihr Ziel ist es, die israelische Seeblockade des Palästinensergebietes zu durchbrechen. Vor einem Jahr waren bei einer ähnlichen Aktion neun türkische pro-palästinensische Aktivisten getötet, als israelische Eliteeinheiten das Kreuzschiff "Mavi Marmara" enterten. Der israelische Militärsprecher erklärte nun, noch nicht veröffentlichte Fotos von Aktivisten auf der "Mavi Maramara" mit Schusswaffen gefunden zu haben. Laut Matthias Jochheim von der Organisation "Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs" ging es bei der Aktion damals weniger darum, Hilfsgüter an die palästinensischen Bewohner des Gazastreifens zu liefern, als vielmehr im Rahmen eines "zivilen Ungehorsams" die israelische Blockade zu durchbrechen.

Bei der Erstürmung der Marmara wurden neun Türken getötet.
(Foto: dpa)
Die israelische Armee hält für die nächste blockadebrechende Flotte hohen Marineoffizieren zufolge "einige Überraschungen" bereit. Seit dem Zwischenfall auf der " " vom vergangenen Jahr trainiert die Marine und will zum 8. Juli "alle Reservisten" einziehen. Die Soldaten sollen mit nicht-tödlichen Waffen für den Einsatz gegen Demonstranten ausgestattet werden. "Die Soldaten werden nicht mehr einzeln vom Hubschrauber abgeseilt werden", erklärte der Generalstabschef. Sie würden "auf einen Schlag" die Schiffe entern.
Noch ist unklar, wie viele Schiffe an der nächsten Flottille beteiligt sein werden. Ursprünglich war die Rede von 50 Booten. Ein Sprecher der türkischen Organisation IHH, Veranstalter der Flottille, redet nur noch von 14 Schiffen mit 1500 Aktivisten aus 100 Ländern an Bord. Der türkische Außenminister warnte Israel davor, der erneuten maritimen Demonstration mit Gewalt zu begegnen.
Auch auf Flughäfen wollen Aktivisten am 8. Juli für mehr Rechte für Palästinenser demonstrieren. Laut einem Fernsehbericht haben zwischen 500 und 1000 Friedensaktivisten aus Europa Flüge nach Israel gebucht, um bei ihrer Ankunft in Tel Aviv bei der Passkontrolle zu erklären, dass ihr Reiseziel "Palästina" sei. "Weltweite Empörung und eine Verurteilung Israels wird die Flughafenbehörden zwingen, die Friedensaktivisten nach Palästina einzulassen", heißt es in einem Bericht von Press-TV in Paris.

Ulrich W. Sahm.
Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.
Quelle: ntv.de