Zahlreiche Palästinenser fliehen Israel setzt Luftangriffe fort
09.08.2014, 15:44 Uhr
Schudschaijja, ein östlicher Stadtteil von Gaza Stadt, wird wieder unter Beschuss genommen.
(Foto: dpa)
Drei Tage haben die Waffen geschwiegen. Doch nun gehen die Kämpfe zwischen Israel und den Palästinensern im Gazastreifen unvermindert weiter. Mehrere Menschen kommen ums Leben, Tausende sind wieder auf der Flucht.
Im Schlagabtausch zwischen Israel und militanten Palästinensern im Gazastreifen zeichnet sich kein Ende ab. Einen Tag nach Ablauf einer dreitägigen Waffenruhe wurden bei erneuten israelischen Luftschlägen sieben Menschen getötet. Die israelischen Streitkräfte griffen Dutzende Ziele in dem palästinensischen Küstenstreifen an. Die radikalislamische Hamas und ihre Verbündeten feuerten weiter Raketen auf Israel ab.
Die israelische Armee attackierte Medienberichten zufolge auch ein fahrendes Motorrad in Gaza. Der Fahrer und sein Mitreisender wurden bei der Attacke getötet. Bei einem israelischen Luftangriff auf ein Auto wurden nach palästinensischen Angaben die beiden Insassen getötet, zwei Passanten wurden verletzt. Drei weitere Leichen seien aus den Trümmern einer Moschee geborgen worden, die Israel in der Nacht angegriffen hatte. Die Zahl der seit Freitagmorgen getöteten Palästinenser stieg damit nach palästinensischen Angaben auf zwölf. Israel beschoss noch zwei weitere Moscheen. Zwei der drei Gotteshäuser sollen in Verbindung zur Hamas stehen.
Seit Mitternacht beschoss die israelische Luftwaffe Dutzende Ziele. Das sagte eine israelische Militärsprecherin. Militante Palästinenser feuerten demnach fast ein Dutzend Raketen auf Israel ab. "Der Gegenschlag läuft", sagte Israels Armeesprecher Peter Lerner. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte eine "kraftvolle" Reaktion auf den erneuten Beschuss angeordnet.
"Große Teile Gazas wurden eingeebnet"
Die USA und die Vereinten Nation riefen Israel auf, die Verhandlungen über eine Waffenruhe wieder aufzunehmen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und ein US-Regierungssprecher forderten Israel und die militanten Palästinenser auf, den gegenseitigen Beschuss zu stoppen. Israel hatte die diplomatischen Gespräche in Kairo am Freitag abgebrochen, nachdem militante Gruppen aus Gaza Raketen auf den Süden Israels abgefeuert hatten. Die bis dahin geltende 72-stündige Waffenruhe war ohne Verlängerung ausgelaufen, weil sie die Hamas nicht verlängern wollte.
Nach dem neuen Aufflammen der Gewalt stieg zudem die Zahl der Flüchtlinge in Gaza wieder an. Rund 220.000 Menschen suchten derzeit in Einrichtungen der UN Schutz, schrieb Chris Gunness, Sprecher des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA, auf Twitter. Die Zahl war während der letzten Waffenruhe vorübergehend gesunken, weil viele Menschen in ihre Wohngebiete zurückgekehrt waren.
Gunness forderte ein Ende der Blockade des Gazastreifens. "Große Teile Gazas wurden eingeebnet", schrieb er. "Wir können sie nicht aufbauen, wenn uns die Hände gebunden sind." Gleichzeitig müsse man sich eingestehen, dass humanitäre Hilfe nicht genug sei, um Gaza zu versorgen und aufzubauen. Der Gaza-Konflikt brauche eine "politische Lösung".
Proteste gegen Israel
Am Freitagabend war es im Westjordanland zu Protesten gegen den israelischen Militäreinsatz in Gaza gekommen. Dabei wurde nahe Ramallah ein 19-jähriger Palästinenser von einem israelischen Soldaten erschossen. Ein zweiter Palästinenser erlag am Samstag seinen Verletzungen. Bei einer Demonstration in Hebron seien am Freitag rund 40 Personen verletzt worden, zehn davon durch scharfe Munition, teilten Krankenhausärzte mit. In der jordanischen Hauptstadt Amman demonstrierten gleichzeitig etwa 15.000 Anhänger der örtlichen Muslimbruderschaft gegen Israel. Bilder zeigten Demonstranten in Uniformen der Hamas-Miliz. Sie riefen "Tod für Israel".
Israel lehnt neue Verhandlungen über eine Waffenruhe ab, solange der Beschuss aus Gaza andauert. Die Palästinenser begründeten ihre Ablehnung einer Verlängerung der letzten Feuerpause damit, dass ihre Forderungen nicht erfüllt worden seien. Als Bedingung für eine dauerhafte Waffenruhe nennen sie eine Aufhebung der jahrelangen Blockade des Gazastreifens, vor allem ein Ende der massiven Einschränkungen des Personen- und Warenverkehrs.
Weitere Forderungen beinhalten die Ausweitung der Fangzone für Fischer und den Bau eines See- und eines Flughafens in Gaza. Außerdem sollen Häftlinge in Israel freigelassen werden. Israel fordert als Bedingung für einen Wiederaufbau des zerstörten Gazastreifens eine Entmilitarisierung des schmalen Küstengebiets und eine Entwaffnung der militanten Organisationen. Dies lehnt die Hamas bislang ab. Ein Sprecher erklärte, die Gruppierung werde "keine Zugeständnisse" an Israel machen.
Insgesamt wurden in dem Krieg, der am 8. Juli begonnen hatte, bisher fast 1900 Palästinenser getötet. Nach Angaben der UNO waren mehr als 1350 zivile Opfer darunter. Auf israelischer Seite gab es 67 Todesopfer.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP