Regierung der nationalen Einheit Israel wählt doch nicht
08.05.2012, 07:22 Uhr
Auch ohne Neuwahlen entstehen im Parlament neue Mehrheiten.
(Foto: REUTERS)
Ministerpräsident Netanjahu macht eine Kehrtwende. Anstatt wie angekündigt Neuwahlen herbeizuführen, schließt er sich nun mit der Opposition zusammen. Nun soll Ruhe in die Innenpolitik einkehren. Und auch der Friedensprozess mit den Palästinensern könnte profitieren.
In Israel wird es nun doch keine Neuwahlen geben. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bindet stattdessen die Kadima-Partei, die bisher zur Opposition gehört, in die Regierung ein. Netanjahu und Kadima-Chef Schaul Mofas einigten sich überraschend auf die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit. Wie israelische Medien berichten, kamen Netanjahu und Mofas überein, dass die nächsten Wahlen erst wie ursprünglich vorgesehen im Oktober 2013 stattfinden. Damit werden die nicht abgehalten.
Die rechtsgerichtete Likud-Partei Netanjahus und die in der politischen Mitte angesiedelte Kadima-Partei stimmten der Abmachung in Dringlichkeitssitzungen zu. In der Regierung der Nationalen Einheit soll Mofas stellvertretender Ministerpräsident und Minister ohne Geschäftsbereich werden. Die bisherige Regierungskoalition Netanjahus kommt mit den 28 Abgeordneten der Kadima auf 94 Mandate in der Knesset, die 120 Mitglieder hat.
Inhaltliche Details der Koalitionsvereinbarung müssten aber noch abschließend ausgearbeitet werden, hieß es im Rundfunk. Es gebe aber eine Absprache, dass Kadima Netanjahu im Gegenzug für Änderungen an dem Gesetz zur Militärreform unterstützt. Kadima-Mitglieder sollen Schlüsselpositionen in den Knesset-Ausschüssen für Außenpolitik, Verteidigung und Wirtschaft bekommen. Die Vereinbarung beinhaltet den Angaben zufolge zudem die Verpflichtung, den Friedensprozess mit den Palästinensern wieder anzustoßen.
"Widerlicher Akt"
Mit den Kadima-Abgeordneten in der Regierung muss Netanjahu jetzt weniger Rücksicht auf Forderungen kleinerer Koalitionsparteien nehmen. Ein mögliches Ausscheren von Koalitionspartnern hätte die Regierung Netanjahus zu Fall bringen können.
Für den 4. September waren vorgezogene Wahlen geplant. Hintergrund sind . Im Zentrum steht der Streit in der Regierungskoalition über ein Gesetz, das bislang tausenden strengreligiösen Juden ermöglicht hatte, den Armeedienst zu umgehen.
Aus der Sicht von Kadima ist es sinnvoll, Neuwahlen zu vermeiden. Umfragen sagten der Mitte-Partei zuletzt einen starken Einbruch voraus. Netanjahu wiederum hat mit seiner Likud-Partei, Kadima sowie der nationalistischen Partei "Israel Beteinu" (Unser Haus Israel) von Außenminister Avigdor Lieberman eine sichere Mehrheit.
Präsident Schimon Peres begrüßte die neue Entwicklung. Nach Medienberichten sagte Peres dem Ministerpräsidenten während eines Telefongesprächs aus Kanada, die Einheit komme dem israelischen Volk zugute. Der bekannte israelische Fernsehmoderator Jair Lapid, der bei den kommenden Wahlen antreten will, sprach dagegen von einem "widerlichen Pakt". Shelly Jachimowich, Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, habe Netanjahus Vorgehen als "lächerlichsten Zickzackkurs in der politischen Geschichte Israels" beschrieben, berichten Medien.
Quelle: ntv.de, che/hvo/dpa