Republikaner kritisieren "Schwäche" Ist Obama zu weich für harte Außenpolitik?
04.03.2014, 22:19 Uhr
Barack Obama bei einem Parteikongress. Kritiker finden seinen Ton gegenüber Russland zu zurückhaltend.
(Foto: AP)
Der US-Präsident wollte Außenpolitik mit dem Skalpell statt mit dem Säbel machen. In Putin steckt aber noch ein kalter Krieger. Stößt Obama an seine Grenzen?
Erst vor einer Woche legte der US-Verteidigungsminister Chuck Hagel seine neuen Sparpläne vor. Weniger als 450.000 Soldaten sollen demnach zukünftig dem Heer dienen, so wenige wie zuletzt vor dem Zweiten Weltkrieg. Nach dem Ende des Irakkriegs und dem Abzug aus Afghanistan seien "lange und große Stabilitätseinsätze" nicht mehr gefragt, sagte Hagel. Es schien so, als habe sich die Sicherheitslage für die USA grundlegend geändert: Bedrohungen gehen nicht mehr von den Großmächten aus, sondern von Einzelkämpfern aus zerfallenen Staaten. Ganze Länder zu besetzen gilt als ineffizient. Lieber schickt Barack Obama Drohnen los, die gezielt Terroristen töten sollen.
Dahinter steht nicht nur eine technische Entwicklung, sondern eine neue Außenpolitik: Obama will die Macht der USA sanfter ausspielen. Der Einfluss Amerikas soll durch Handel statt durch das Militär gesichert werden. Im Konfliktfall droht er eher mit Wirtschaftssanktionen als mit einem Militäreinsatz. Seinen Partnern will er mehr Verantwortung übertragen und in der Rolle der Weltpolizei zumindest nicht mehr allein sein. In der Ukraine scheint Obama mit dieser Strategie an seine Grenzen zu stoßen. Seine Drohungen ignorierte Putin. "Der Präsident der Vereinigten Staaten glaubt, der Kalte Krieg sei vorbei", sagt der Republikaner John McCain. "Putin glaubt das nicht."
Zunächst einmal gibt es gute Gründe für die Annahme, dass sich das weltpolitische Machtspiel seit den 1980er Jahren verändert hat: USA und Russland sind nicht mehr durch einen eisernen Vorhang voneinander getrennt. Die Präsidenten treffen sich regelmäßig, amerikanische und russische Unternehmen investieren im jeweils anderen Land. Sollte der Handel zusammenbrechen, hätte das katastrophale Folgen auf beiden Seiten. Die wirtschaftliche Verflechtung wirkt beruhigend. Weder Russland noch die USA würden die Truppen des anderen Landes direkt angreifen. Das erscheint ausgeschlossen.
Stark genug für den KGB-Mann?
Trotzdem versuchen beide Länder weiterhin, ihre Einflusssphären auf der Welt auszubreiten. Meist geschieht das durch Handelsabkommen und Finanzhilfen. Russland zeigte aber erst 2008, dass es auch vor Militäreinsätzen nicht zurückschreckt, als es Truppen nach Georgien schickte. Auch dort führte es die Begründung an, im Ausland lebende Russen schützen zu müssen – ganz ähnlich wie nun in der Ukraine.
Zuletzt eskalierte das Ringen um Einfluss in Syrien, wo Russland den Machthaber Baschar al-Assad unterstützt. Obama versuchte mit militärischen Drohungen Assad Grenzen zu setzen – und schritt dann doch nicht ein, als dieser Chemiewaffen einsetzte und Hunderte Unbeteiligte tötete. Zwar hatte Obama dabei eine Mehrheit des Kongresses hinter sich, dennoch gilt er spätestens seitdem vielen in Washington als schwach und inkonsequent – insbesondere in der Auseinandersetzung mit Russland. "Ist Mr. Obama stark genug, um es mit dem ehemaligen KGB-Mann im Kreml aufzunehmen?", fragt die "New York Times". Ein ehemaliger Diplomat sagte der Zeitung: "Es ist der wichtigste und schwierigste außenpolitische Test für den Präsidenten. In Europa gibt es niemanden, der ähnlich mächtig wäre. Er muss jetzt führen." Doch gerade das ist nicht der Stil, den Obama pflegen will. McCain sagt, der Präsident betreibe eine "nutzlose Außenpolitik, wegen der niemand mehr an die Stärke Amerikas glaubt".
Akt des 19. Jahrhunderts?
Der US-Präsident möchte Probleme gerne per Diplomatie lösen. Aber ist das immer möglich? "Seit fünf Jahren macht Präsident Obama eine Außenpolitik, die weniger auf der Realität basiert und mehr darauf, wie er die Welt gerne hätte", schreibt die Washington Post.
So schien auch der Konflikt um die Ukraine zunächst zugunsten von EU und USA auszugehen. Die neue Regierung ist EU-orientiert, Julia Timoschenko und Vitali Klitschko haben gute Kontakte zu westlichen Politikern. Dass Russland sein Militär einsetzt, hatte niemand erwartet. Bevor der Westen reagieren konnte, war die Krim de facto besetzt.
US-Außenminister John Kerry bezeichnete die Invasion als einen "Akt des 19. Jahrhunderts im 21. Jahrhundert" und muss sich dafür nun Realitätsverweigerung vorwerfen lassen. Die "Washington Post" zieht eine bittere Bilanz: "Weiterhin kommt es auf militärische Stärke, vertrauenswürdige Partner und starke Vertretungen an den schwierigen Ecken der Welt wie Afghanistan an – sosehr wir uns wünschen, dass es anders wäre."
Quelle: ntv.de