Politik

"Grüne Woche" in Brüssel Ist die Welt noch zu retten?

Trockenheit am Mekong in Thailand (Archivbild).

Trockenheit am Mekong in Thailand (Archivbild).

(Foto: picture alliance / dpa)

Auf einer "Grünen Woche" in Brüssel plädierten die beiden für Umweltschutz zuständigen EU-Kommissare für einen effizienten Umgang mit Wasser, Rohstoffen und Energie. Sie äußern sich besorgt über die allgemeine Ressourcenverschwendung. Vor dem Konferenzgebäude fließen derweil zig Hektoliter Wasser durch den Kärcher der Straßenreinigung.

Im Grunde sei die Welt nicht mehr zu retten, lautet der Tenor des jüngsten Berichts des Club of Rome. 2052 sei die Deadline. "2052?", fragt Connie Hedegaard, EU-Kommissarin für Klimaschutz, ironisch zurück. Dann blieben ja noch 40 Jahre Zeit, etwas zu tun, sagt die aus Dänemark stammende Politikerin am Rande der "Green Week" in Brüssel. "Every drop counts" lautet das Motto des Treffens: "Jeder Topfen zählt" heißt es mit Blick auf das Wasser, "die wichtigste Ressource der Menschheit", so Hedegaards für Umwelt zuständiger slowenischer Kollege Janez Poto?nik.

"Jeder Tropfen zählt" - in Brüssel nicht.

"Jeder Tropfen zählt" - in Brüssel nicht.

(Foto: n-tv / Screenshot)

Wie schwer es ist, dies allen bewusst zu machen, zeigt sich schon vor dem stahlgläsernen Charlemagne-Gebäude, in dem die Konferenz stattfindet. Es ist früher Vormittag, und ein Mitarbeiter der Straßenreinigung säubert mit einem Kärcher vor dem Eingang das Trottoir. "Stellen Sie sich auch nur einen einzigen Tag ohne Wasser vor", mahnt Potocnik. Für Brüsseler Straßenreinigungsfirmen liegt eine andere Methode als mit die des Hochdruckwasserstrahlers offensichtlich außerhalb ihres Vorstellungsvermögens.

Dreh- und Angelpunkt beim Klimaschutz für die EU ist die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Es gebe Länder, die könnten den Klimaschutz bezahlen, andere nicht, sage ich zu Frau Hedegaard. Wäre es nicht besser, den Umweltschutz gänzlich aus der Profitlogik herauszulösen? Wenn man etwas schnell bewirken wolle, sei es unerlässlich die Kräfte des Marktes miteinzubeziehen, antwortet das Mitglied der Konservativen Volkspartei Dänemarks. Was darunter zu verstehen ist, zeigt sich auf Etage 2 des Charlemagne-Hauses: Dutzende Firmen präsentieren an Ständen ihre Technologien und Produkte. Darunter nützliches sogar für den Privatgebrauch: Ein deutscher Badarmaturenhersteller präsentiert einen Wasserstrahlregler, der durch Beimischung von Luft und eine spezielle Begrenzung des Durchflusses den Verbrauch um rund die Hälfte senken soll. Doch Hauptverbraucher von Wasser weltweit ist mit 70 Prozent die Landwirtschaft.

Mit dem Reim "Water efficiency only by chemistry" wirbt ein Wirtschaftsverband gleich nebenan. Nur die Chemie garantiere einen effizienten Umgang mit Wasser. Das bedeute, erklärt ein Mitarbeiter eines norwegischen Konzerns, dass nur hochwirksamer Dünger einen überhöhten Wassereinsatz verhindern könne. Diese Methode werde gerade in einem Musterprojekt mit dem Golfstaat Katar erprobt. In Mittelost, wo immer wieder mal das Gespenst vom Krieg um Wasser umgeht? Gerade dort, meint der Düngemittelmann. Künftige Kriege um Wasser könne man nicht ausschließen. Schließlich wurden ja in der Gegend schon Kriege um andere Ressourcen wie Erdöl geführt.

Unbestrittene Erkenntnis der Konferenz: Allein kann Europa kaum etwas für den Klimaschutz tun. Konfrontiert mit den jüngsten Zahlen der Internationalen Energie-Agentur über den Anstieg der CO2-Emission 2011 von unbeschreiblichen 31,6 Milliarden Tonnen räumt Kommissar Poto?nik ein, dass es die EU allein nicht schaffen könne. Doch die Gemeinschaft der Europäer hat selbst Schwierigkeiten mit einer Stimme zu sprechen, wie Kommissarin Hedegaard es fordert.

Ihr heimatliches Dänemark, das keine Atommeiler besitzt, importiert AKW-Strom aus Deutschland. Frankreich wird wohl auch unter dem neue Präsidenten an seiner Atomenergiepolitik festhalten, Litauen will AKW bauen, um seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland abzubauen. Eine Stimme der EU bedeute, entgegnet die frühere Journalistin, dass man zum Beispiel auf dem Kopenhagener Klimagipfel 2009 gegenüber anderen Ländern einheitlich aufgetreten sei, nicht aber, dass man jedem Mitgliedsland vorschreiben könne, welche Energiepolitik es betreiben müsse.

Potocnik lächelt, als ich ihn mit dem Jahr 2052 konfrontiere, in dem laut Club of Rome eine Art Apokalypse stattfindet. Nein, er schmunzle wegen des exakten Datums. Nicht wegen des Problems als solchem. Es werde darauf ankommen, bei der UN-Klimakonferenz im Juni in Rio de Janeiro die Industrie aufzufordern, angesichts der Endlichkeit der Ressourcen langlebigere Güter mit geringerem Energieverbrauch und Materialaufwand zu produzieren. Als ich das Konferenzgebäude am späten Nachmittag wieder verlasse, ist der Kärchermann immer noch dabei, den Fußweg mit Wasser zu reinigen. Er hat erst die Hälfte geschafft.

Quelle: ntv.de

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