Politik

Fukushima Folge von Verwirrung Japan hat vollkommen versagt

Kiyoshi Kurokawa, Chef der Untersuchungskommission, bei der Vorstellung seines Berichtes.

Kiyoshi Kurokawa, Chef der Untersuchungskommission, bei der Vorstellung seines Berichtes.

(Foto: dpa)

Ein Expertenbericht kommt zu dem Ergebnis, dass erstens die Katastrophe von Fukushima möglicherweise vermeidbar war und zweites Behörden und Betreiber beim Management der Krise versagten. Und nicht nur das: Der Ministerpräsident habe die Schutzmaßnahmen nach der Kernschmelze sogar behindert. Unterdessen wird wieder Atomstrom produziert.

Der Unglücksreaktor heute.

Der Unglücksreaktor heute.

(Foto: REUTERS)

Die Atomkatastrophe von Fukushima geht laut einer Studie auf eine nicht verzeihbare "Arroganz und Ignoranz" bei Verantwortlichen und Organisationen zurück. In einer Untersuchung des schlimmsten nuklearen Unglücks seit 25 Jahren heißt es zusammenfassend: "Der Atomreaktor-Unfall in Fukushima war das Ergebnis von Verwirrung zwischen Regierung, Aufsichtsbehörden und sowie dem Mangel an Führung der genannten Parteien."

Der 641 Seiten umfassende japanische Expertenbericht beschäftigt sich auch mit der Frage, ob das Unglück maßgeblich durch das Erdbeben im März 2011 oder durch den folgenden Tsunami ausgelöst wurde. Die Experten schließen nicht aus, dass auch das Erdbeben alleine die Katastrophe hätte auslösen können. Damit werfen sie große Zweifel an der Sicherheit der bestehenden Atomkraftwerke auf: "Das bedeutet, dass alle japanischen Reaktoren verwundbar sind und einer Überarbeitung bedürfen", sagte Jeffrey Kingston, Asien-Experte an der Temple Universität in Tokio. Dies stelle die übereilte Entscheidung des Kabinetts in Frage, schon wieder einige Reaktoren hoch zu fahren.

Es hätte Möglichkeiten zum Einschreiten gegeben

"Die vorherigen Regierungen und die damalige Regierung, die Aufsichtsbehörden und Tepco haben ihre Pflicht zum Schutz des Lebens der Menschen und der Gesellschaft verletzt", heißt es. Das Atomkraftwerk von Fukushima sei "verwundbar" gewesen. "Obwohl sie bei zahlreichen Gelegenheiten Maßnahmen hätten ergreifen können, unternahmen die Aufsichtsbehörden und die Tepco-Führung absichtlich nichts, vertagten ihre Entscheidungen und ergriffen diejenigen Maßnahmen, die ihnen passten."

Tepco habe "versagt", als das Unternehmen in den ersten Stunden der Katastrophe hätte "schnell handeln" müssen. Dieses Versagen dürfe jedoch nicht Einzelpersonen in dem Akw angelastet werden, sondern sei auf "strukturelle Probleme bei Tepco" zurückzuführen.

Die Regierung von Ministerpräsident Naoto Kan habe zudem die Schutzmaßnahmen behindert. Statt den Betreiber über die Taskforce vor Ort in Fukushima zu kontaktieren, habe die Regierung direkte Anweisungen an die Tepco-Zentrale gegeben und damit die "Befehlskette" verwirrt. Japans Atomaufsicht NISA habe ebenso versagt, indem sie Tepco auch dann nicht zum Handeln gezwungen habe. Die NISA sei für einen Atomunfall dieses Ausmaßes nicht gerüstet gewesen.

Ursachen in der japanischen Kultur

Die "fundamentalen Ursachen" der Katastrophe lägen in "tief verwurzelten Konventionen der japanischen Kultur": der Berichtet erwähnt "Gehorsam", "Autoritätshörigkeit", "Ergebenheit" und "Programmtreue". Wären andere Japaner an den Schalthebeln gewesen, wäre das Ergebnis wahrscheinlich dasselbe gewesen.

Das Atomkraftwerk Fukushima war bei dem Unglück im März vergangenen Jahres schwer beschädigt worden. Durch den Ausfall der Kühlsysteme kam es zur Kernschmelze, wurden radioaktiv verseucht. Etwa 150.000 Menschen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Viele werden nie mehr zurückkehren können. Es war der schwerste Atomunfall seit der Tschernobyl-Katastrophe von 1986.

Nach Fukushima wurden alle 50 japanischen Reaktoren für Sicherheitschecks nach und nach heruntergefahren. Nach einer knapp zweimonatigen Pause wird nun aber : Reaktor Nummer 3 des Akw Oi im Westen des Landes ist wieder am Netz, teilte ein Sprecher der Betreiberfirma Kepco mit. Von zunächst 50.000 Kilowatt werde die Produktion schrittweise auf 1,18 Millionen Kilowatt erhöht. Der Reaktor war ungeachtet von Protesten wieder in Betrieb genommen worden.

Quelle: ntv.de, che/AFP/rts

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