Politik

"Anerkennungszahlung" für Missbrauch Jesuiten bieten 5000 Euro

Lehrer am Canisius-Kolleg
sollen in den 70er und 80er Jahren Schüler sexuell missbraucht haben.

Lehrer am Canisius-Kolleg sollen in den 70er und 80er Jahren Schüler sexuell missbraucht haben.

(Foto: dpa)

Der Jesuitenorden bietet den etwa 200 Missbrauchsopfern eine Entschädigung von jeweils 5000 Euro an. Das Leid der Opfer könne finanziell nicht wiedergutgemacht werden, betont Provinzial Kiechle. Canisius-Chef Mertes prangert die katholische Sexualmoral als "verstaubt" an. Und das sei noch ein zu schwacher Ausdruck.

Ein Jahr nach der Aufdeckung von sexuellem Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg hat der Jesuitenorden eine Entschädigung in Höhe von jeweils 5000 Euro angeboten. Das Angebot wird etwa 205 namentlich bekannten Missbrauchsopfern aus deutschen Jesuitenschulen in Berlin, Hamburg, Bonn und St. Blasien im Schwarzwald gemacht. Laut "Berliner Zeitung" legt damit erstmals ein kirchlicher Orden ein konkretes Entschädigungsangebot vor.

Provinzial Stefan Kiechle habe dies den Betroffenen schriftlich mitgeteilt und in dem Schreiben gleichzeitig darauf hingewiesen, dass eine solche Summe "niemals das angetane Leid entschädigen kann", bestätigte Ordenssprecher Thomas Busch einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Das Angebot einer "Anerkennungszahlung"  sei an einen Teil der Opfer per E-Mail und an einen Teil per Brief geschickt worden.

Die Missbrauchsopfer sollen das Geld aber nicht sofort bekommen. Die Jesuiten baten laut Busch viel mehr um "zwei bis drei Monate Geduld", da eine gemeinsame Lösung mit anderen Orden und Bistümern der katholischen Kirche gesucht werde. Bisher hat sich die katholische Bischofskonferenz noch nicht auf die Höhe einer Entschädigung festgelegt.

Vielen Missbrauchsopfern ist das Angebot der Jesuiten zu niedrig. Sie fordern mindestens 80.000 Euro für jeden Betroffenen. Busch sagte dazu, dies sei für die Jesuiten "schlicht und einfach eine Größenordnung, die unrealistisch ist". Er fürchte aber, dass die 5000 Euro bei den Opfern nicht zur Zufriedenheit führen werden. "Der Orden sieht da aber keine Alternative." Es handle sich bei dem Betrag um "ein Zeichen", das sich an der Leistungsfähigkeit des Ordens orientiere.

Mertes: Eine Million Euro ist viel.

Mertes: Eine Million Euro ist viel.

(Foto: dpa)

Auch der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Klaus Mertes, hatte die angebotene Entschädigung verteidigt. Im Deutschlandfunk sagte Mertes, bei rund 200 Opfern komme für den Jesuitenorden so bereits eine Summe von einer Million Euro zusammen. "Das ist viel Geld für uns."

"Verstaubte" Sexualmoral

Mertes äußerte in dem Interview auch Kritik an der katholischen Sexualmoral - "verstaubt" sei dafür noch ein zu schwacher Ausdruck. "Da steht Homosexualität direkt neben Prostitution, neben Ehebruch und vorehelichem Geschlechtsverkehr - und das sind vier vollkommen verschiedene Dinge." Die Kirche müsse mit Jugendlichen jedoch über Themen wie Masturbation oder Homosexualität so sprechen können, dass ein angstfreier Diskurs möglich werde.

Nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg vor einem Jahr meldete sich eine Reihe von Opfern, die nach oft jahrelangem Schweigen davon berichteten, an kirchlichen Einrichtungen missbraucht worden zu sein. Zur Aufarbeitung dieser Fälle und auch zur Aufarbeitung von Missbrauch im nicht-kirchlichen Bereich setzte die Bundesregierung im vergangenen Jahr eine eigene Anlaufstelle ein.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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