Generalabrechnung mit der FDP JuLi-Chef poltert gegen Führung
03.08.2012, 10:54 Uhr
Lasse Becker will keine Personaldiskussionen, poltert aber gegen die gesamte Führungsriege seiner Partei.
(Foto: dapd)
Die Jugendorganisation der FDP prangert den Kurs der Mutterpartei an. Der Vorsitzende nimmt kein Blatt vor den Mund: Er sei von der gesamten Führung inklusive aller Bundesminister enttäuscht. Bündnisse mit SPD und Grünen kann er sich unter bestimmten Bedingungen vorstellen.
Der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, wirft der gesamten -Spitzenmannschaft vor, das Profil der Partei zu vernachlässigen. "Es ist der Partei- und der Fraktionsführung zu wenig gelungen, liberale Positionen sichtbar zu machen und umzusetzen", sagte das FDP-Vorstandsmitglied. Dies gelte für die Bewältigung der Eurokrise, aber vor allem auch für das Ziel, bis 2014 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
"Da bin ich offen gesagt von der gesamten Partei- und Fraktionsführung enttäuscht – und auch von allen Bundesministern. Alle reden vom Sparen, und niemand will in seinem Ressort anfangen", sagte Becker. Eine Personaldebatte über Parteichef Philipp Rösler lehnte er ab. "Jeder in dieser Partei ist es leid, dass man jetzt wieder diese Scheindiskussionen um Personen führen muss."
Die Attacken des schleswig-holsteinischen Fraktionschefs Wolfgang Kubicki gegen Rösler und die Bundespartei folgen nach Ansicht des JuLi-Chefs einem : "Man kann im Sommer fast die Uhr danach stellen: Erst kommt Jorgo Chatzimarkakis mit einem Vorstoß und grob zwei Wochen später Wolfgang Kubicki." Parteivorsitzende würden bei der FDP immer noch von Parteitagen gewählt. "Philipp Rösler hatte beim letzten Mal eine sehr deutliche Mehrheit – übrigens deutlicher als Wolfgang Kubicki. Und der nächste Wahlparteitag ist im Mai."
Linder stößt ins gleiche Horn
Ebenso reagierte nordrhein-westfälische FDP-Chef Christian Lindner reserviert auf den . "Koalitionsdebatten, die von den wichtigen Sachproblemen ablenken, empfehle ich uns gegenwärtig nicht", sagte Lindner der "Süddeutschen Zeitung". Sinnvoller erscheine ihm, "dass wir uns im Herbst etwa mit einem marktwirtschaftlichen Neuanfang in der Energiepolitik beschäftigen."
Kubicki hatte dem "Stern" gesagt, die FDP solle sich vor der Bundestagswahl 2013 für eine Koalition mit SPD und Grünen öffnen. Mit Lindner sei er sich einig, dass die Fixierung der FDP auf die CDU, wie sie von Parteichef Philipp Rösler betrieben werde, ein "dramatischer Fehler" sei, sagte Kubicki. Zugleich erklärte Kubicki, Lindner sei für ihn "der geborene neue Bundesvorsitzende".
Ampelbündnisse sind möglich
JuLi-Chef Becker zeigte sich offen für eine Diskussion über sozialliberale Koalitionen oder Ampelbündnisse, warnte aber vor voreiligen Festlegungen. "Die CDU/CSU entwickelt in vielen Fragen immer mehr sozialdemokratische oder sozialistische Positionen. Das sollte man als FDP kritisch sehen", sagte der JuLi-Chef. Die Debatte über Schnittmengen mit anderen Parteien könne man aber nicht im luftleeren Raum führen.
"Das geht erst dann, wenn Wahlprogramme vorliegen und wenn man sehen kann, wer die handelnden Personen sind", betonte Becker. "Mit einer Agenda-SPD à la Schröder und Steinbrück haben Liberale Schnittmengen. Mit einer Linksgruppe um Trittin, Nahles und Gabriel wohl kaum. Da muss man abwarten, was in den Programmen von CDU/CSU und SPD stehen wird."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP