Politik

Mansur auf freiem Fuß Justizpanne oder politische Einflussnahme?

Der Al-Dschasira-Journalist Ahmed Mansour war auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgenommen worden.

Der Al-Dschasira-Journalist Ahmed Mansour war auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgenommen worden.

(Foto: dpa)

Die deutsche Polizei verhaftet einen ausländischen Journalisten und hält ihn mehrere Tage fest. Dabei ist er zuvor unbehelligt ein- und ausgereist, Interpol hält ihn für unverdächtig. Für die Regierung wird die Situation unangenehm.

Der Auftritt des am Samstag in Berlin-Tegel verhafteten Al-Dschasira-Journalisten Ahmed Mansur auf der Bundespresskonferenz wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Seinen Anwälten zufolge gab es keinen internationalen Haftbefehl, dennoch sei der Star-Journalist in Deutschland zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Die Umstände von Mansurs umstrittener Verhaftung am Wochenende geben auch nach seiner Freilassung aus der Haft am Montag weiter Stoff für Spekulationen. Seine Anwälte bestätigten, dass das Fahndungsersuchen der ägyptischen Regierung von Interpol abgelehnt wurde. Dennoch sei der Ägypter, der auch über einen britischen Pass verfügt, am 27. Januar 2015 in Deutschland zur Fahndung ausgeschrieben worden – und konnte nach eigener Aussage im Februar des gleichen Jahres unbehelligt ein- und ausreisen. Auch bei seiner Einreise am Flughafen München am 16. Juni 2015 konnte er problemlos das Land betreten. Doch am Samstag wollte Mansur vom Berliner Flughafen Tegel aus nach Doha im Golfemirat Katar reisen und war von der Bundespolizei vorläufig verhaftet worden.

Interpol lehnt Gesuch ab

Der Sender Al Dschasira gehört dem ehemaligen Staatsoberhaupt des Emirats Katar. Er strahlt Programme auf Arabisch und auf Englisch aus und ist in vielen arabischen Staaten der wichtigste Nachrichtensender. Das Militärregime in Ägypten sieht Al Dschasira aber als Sprachrohr der als Terrorvereinigung eingestuften Muslimbruderschaft. Journalisten des Senders werden in Ägypten vehement an ihrer Arbeit gehindert, mehrere Mitarbeiter saßen bereits hinter Gittern. Mansur selbst war 2014 in Kairo in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Er habe angeblich während der ägyptischen Revolution 2011 einen Anwalt gefoltert. Der Journalist wies die Vorwürfe zurück.

Mansurs Anwalt Andreas Wattenberg betonte nun in Berlin, die Verhaftung seines Mandanten hätte nicht erfolgen dürfen. Ägypten habe schon im Oktober 2014 ein Fahndungsersuchen an die internationale Polizeibehörde Interpol gestellt. Dieses sei jedoch abgelehnt worden. Interpol habe mindestens zwei Mal dem Bundeskriminalamt (BKA) Bedenken gegen das Fahndungsersuchen mitgeteilt. Der Antrag der ägyptischen Regierung habe die Bedingungen für einen durch Interpol ausgestellten internationalen Haftbefehl nicht erfüllt. Zur Fahndung sei Mansur in Deutschland dennoch ausgeschrieben worden. Interpols Bedenken sind demnach schlicht ignoriert worden. Die Berliner Staatsanwaltschaft habe jedoch schnell reagiert und entschieden, beim Kammergericht keinen Auslieferungsantrag zu stellen. Im Fahndungsersuchen aus Kairo sei Mansur unter anderem vorgeworfen worden, Falschnachrichten verbreitet zu haben.

Lässt sich die Polizei von Politikern einspannen?

"Ich war von Anfang an sicher, dass diese Sache gegen mich manipuliert war", sagte Mansur und wies mehrfach darauf hin, dass er im Februar problemlos nach Deutschland ein- und kurz darauf auch wieder ausreisen konnte. Auch seine Einreise vor einer Woche sei ohne Probleme erfolgt.

Mansur wittert offenbar ein politisch motiviertes Eingreifen der Polizei, auch wenn er dies nur zwischen den Zeilen aussagen wollte. Auf die Bitte nach einer klaren Aussage zu seinen Vorwürfen äußerte er sich nur sehr ausweichend. In der Tat stellt sich allerdings die Frage, warum der britisch-ägyptische Journalist drei Mal unbehelligt an deutschen Flughäfen kontrolliert wird und einreisen kann, obwohl ein Fahndungsersuchen gegen ihn ausgestellt wurde.

Sein Anwalt Wattenberg sagte auf Nachfrage, er habe keinerlei Erkenntnisse darüber, ob es politische Einflussnahme auf den Fall gegeben habe. Interessant sei dennoch, wie es überhaupt zu der Festnahme kommen konnte und was im Vorfeld der Verhaftung passiert sei. Erst Anfang Juni war der ägyptische Präsidenten Al-Sisi in Berlin zu Gast gewesen. Auf die Bundesregierung dürften in der Affäre Mansur noch einige unangenehme Frage zukommen.

Quelle: ntv.de

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