Clintons Traum in Gefahr K.o. in New Hampshire
07.01.2008, 09:04 UhrHillary Clinton hat im Kampf um die US-Präsidentschaftskandidatur der Demokraten mit einer ungewöhnlichen Aussage über den russischen Präsidenten aufhorchen lassen. Putin als Ex-Agent des Geheimdienstes KGB habe "per Definition keine Seele", sagte die Senatorin auf die Frage eines Wählers hin.
Clintons Bemerkung sorgte für Gelächter in die Menge, da sie offensichtlich auf eine Aussage von Präsident George W. Bush gemünzt war. Bush hatte beim ersten Treffen mit Putin als Präsident im Jahr 2001 erklärt, er habe einen Blick in Putins Seele erhaschen können.
Am Dienstag muss sich Clinton bei den nächsten Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire erneut mit ihrem demokratischen Rivalen Barack Obama auseinandersetzen. Für die ehemalige First Lady droht dort eine erste Stunde der Wahrheit, obwohl das Vorwahlmarathon zur Nominierung der Präsidentschaftskandidaten noch ganz am Anfang steht. Denn nach dem Sieg Obamas und dem dritten Platz Clintons bei den partei-internen Abstimmungen in Iowa am vergangenen Donnerstag befindet sich die Senatorin aus New York unerwartet in der Defensive. Umfragen signalisieren landesweit das Schmelzen des bisherigen Vorsprungs für die demokratische Favoritin. Verliert sie nun auch in New Hampshire, könnte die Woge der Begeisterung für den charismatischen Obama Clintons Traum vom Einzug ins Weiße Haus früh zerstören. Und darauf deuten neueste Umfragen hin: Obama überrundet Clinton auch in New Hamshire.
Obama auch in New Hampshire vorn
Barack Obama liegt erstmals auch bei den Umfragen für die nächste Vorwahl in New Hampshire vor Hillary Clinton. Laut einer Umfrage von "USA Today"/Gallup kommt Obama auf 41 Prozent, während die ehemalige First Lady auf nur noch 28 Prozent zurückfiel. Die neueste CNN-Umfrage prognostiziert Obama einen Stimmenanteil von 39 Prozent und Clinton von 29 Prozent. In seiner Umfrage am Wochenende hatte der US-Sender beide mit je 33 Prozent Stimmenanteil noch Kopf an Kopf gesehen.
Im Vorwahlkampf bei den Republikanern überrundete der Senator von Arizona, John McCain, den ehemaligen Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney. Nach der Umfrage von "USA Today" und dem Meinungsforschungsinstitut Gallup liegt McCain mit 34 Prozent in Führung, gefolgt von Romney mit 30 und Mike Huckabee mit 13 Prozent. In Iowa hatte Huckabee gewonnen.
Hillary kämpft verbissen
Eine Niederlage bei den Vorwahlen auch in New Hampshire wäre ein schwerer Schlag für Clinton bei ihrem Versuch, als erste Frau das höchste Staatsamt der USA zu erobern. Wohl auch deshalb wird der Ton bei den Demokraten schärfer. Hillary Clinton machte am Wochenende für sich geltend, dass sie die wahre Kandidatin für einen politischen Wandel sei. Die Demokraten sollten einen "Macher, nicht einen Redner" wählen. Obama konterte, dass seine Kritiker noch immer in der Politik der Vergangenheit verhaftet seien.
Im Auditorium des St. Anselm-Colleges gab die 60-jährige Senatorin ihre bisherige staatsmännisch-gelassene Pose auf und ging zum Angriff über. Obama hänge sein Mäntelchen nach dem Wind, "er verändert oft seine Positionen", sagte sie. Vor allem aber wehrte sie sich gegen den Vorwurf ihrer Kontrahenten Obama und John Edwards, sie sei die Kandidatin des politischen "Status quo" und nicht des ersehnten Wandels. "Ich trete nicht nur an mit einem Versprechen des Wandels. Ich trete an mit der Erfahrung von 35 Jahren, Wandel bewirkt zu haben... Ich personifiziere den Wandel", sagte sie in ungewohnt scharfen Ton und mit erhobenem Zeigefinger. "Worte sind kein Handeln, auch wenn sie wundervoll klingen und leidenschaftlich wirken", meinte Clinton fast zornig zu dem rhetorisch brillanten Obama gewandt.
Rückenwind für Obama
Der allerdings verspürt derzeit von allen Seiten Rückenwind, obwohl seine Schwächen auch bei der TV-Debatte deutlich wurden. Der 46-Jährige wirkt bei Sachfragen längst nicht so beschlagen und brillant wie bei dem wortgewaltigen Entwerfen einer Vision für einen amerikanischen Neuanfang. Aber selbst die Republikaner zollten Obama bei ihrer Debatte Respekt. "Er hat viele Wähler in diesem Land begeistert", meinte Ex-Gouverneur Mike Huckabee. "Wir müssen als Partei aufpassen, denn wenn wir den Menschen nicht sagen, wofür wir sind, sondern nur wogegen wir sind, werden wir verlieren", sagte der republikanische Sieger von Iowa im Blick auf die Faszination Obamas insbesondere auf junge Wähler. Allerdings könnten sich die Amerikaner den unerfahrenen Obama als Präsidenten nicht leisten, "auch wenn er ein sehr netter Kerl ist, der sehr gut reden kann", meinte der republikanische Kandidat Mitt Romney.
Quelle: ntv.de