Politik

"In ihren Höhlen aufspüren" Kadyrow will Terroristen jagen

Die Fahnen stehen auf Halbmast in Moskau.

Die Fahnen stehen auf Halbmast in Moskau.

(Foto: REUTERS)

Der Kreml-treue tschetschenische Präsident findet nach den Anschlägen von Moskau kernige Worte: Die Terroristen müssten gejagt und "wie Ratten vergiftet" werden. Russische Ermittler suchen indes nach den Helfern der beiden Selbstmordattentäterinnen. Russlands Präsident Medwedew fordert schärfere Gesetze.

Kadyrow will nicht lange fackeln.

Kadyrow will nicht lange fackeln.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach dem Doppelanschlag in der Moskauer U-Bahn hat der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow den dahinter vermuteten Rebellen aus dem Nordkaukasus mit scharfen Worten gedroht. Die Terroristen müssten "gejagt, in ihren Höhlen aufgespürt und wie Ratten vergiftet" werden, schrieb Kadyrow in der russischen Zeitung "Iswestija". "Sie müssen vernichtet und zerstört werden." Der Kampf gegen die Terroristen müsse mit härtesten Maßnahmen geführt werden, sie könnten nicht nur durch "Überredung und Bildungsmaßnahmen" besiegt werden, erklärte der Moskau-treue Präsident.

Auch Regierungschef Wladimir Putin erklärte, er wolle die mutmaßlichen Hintermänner der Anschläge "fangen und vernichten". "Wir wissen, dass sie dort ganz unten sind, aber es ist eine Frage der Ehre für die Strafverfolgungsbehörden, sie vom Boden der Kanalisation zu kratzen und ans Tageslicht zu zerren", sagte Putin.

Anti-Terror-Gesetze im Visier

Der russische Präsident Dmitri Medwedew nannte die Attentäter "wilde Bestien", die vernichtet werden müssten. Er forderte schärfere Gesetze, um Terroranschläge in Zukunft zu  verhindern. Das Hauptaugenmerk müsse auf der Verbesserung mancher Bereiche der Gesetzgebung liegen, sagte Medwedew im staatlichen Fernsehen. Um Terroranschläge zu verhindern, müsse vor allem die Arbeit mancher Dienste verbessert werden. Auch die  Anwendung der bisherigen Anti-Terror-Gesetze müsse überprüft werden

Putin besucht die Opfer des Terroranschlags.

Putin besucht die Opfer des Terroranschlags.

(Foto: AP)

Russlands Außenminister Sergej Lawrow schloss eine Beteiligung des Terrornetzwerks Al-Kaida nicht aus. "Wir wissen, dass im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan Terroristen sehr aktiv sind", sagte Lawrow nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. "Wir wissen, dass dort mehrere Anschläge geplant werden, die nicht nur in Afghanistan sondern auch in anderen Ländern ausgeführt werden." Diese Planungen reichten manchmal bis in den russischen Kaukasus, sagte Lawrow.

Ermittler suchen Helfer

Unterdessen suchen die russischen Ermittler nach den Helfern der beiden Selbstmordattentäterinnen. Gefahndet wird Medienberichten zufolge nach zwei Frauen und einem Mann, die die Täterinnen mit den Sprenggürteln in die U-Bahn begleitet haben sollen. Die russische Nachrichtenagentur Interfax meldet, der Geheimdienst habe die Identität der beiden Selbstmordattentäterinnen festgestellt. Außerdem seien mit Hilfe von Überwachungskameras zwei mutmaßliche Helferinnen identifiziert worden, die die Täterinnen begleitet haben sollen. Die Frauen und ein möglicher dritten Helfer würden gesucht.

Die Sprengsätze, die mit Schrauben und Eisenteilchen gefüllt waren, waren Montagmorgen im Berufsverkehr in Moskau innerhalb von weniger als einer Stunde hochgegangen. Zur ersten Explosion kam es an der Lubjanka, dem Platz und Sitz des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB. Von dort werden die Operationen russischer Sicherheitskräfte gegen islamistische Untergrundkämpfer im Nordkaukasus gesteuert.

Trauertag in Moskau

In Moskau sind nun wesentlich mehr Sicherheitskräfte unterwegs.

In Moskau sind nun wesentlich mehr Sicherheitskräfte unterwegs.

(Foto: REUTERS)

In der russischen Hauptstadt wurden indes die Fahnen an offiziellen Gebäuden auf Halbmast gesetzt. Als Zeichen der Trauer verzichteten Fernseh- und Hörfunksender auf Unterhaltungsprogramme und Werbung. Die russisch-orthodoxe Kirche organisierte Trauergottesdienste. Patriarch Kirill kündigte an, für die Opfer zu beten, und schickte Priester zu den Verwundeten in die Krankenhäuser.

Die Sicherheitsvorkehrungen in Moskau wurden spürbar verschärft. Zusätzliche Polizisten mit Hunden gingen in U-Bahn-Stationen und der Umgebung auf Streife. Die staatliche Bahngesellschaft RZD erklärte, sie habe ihren Mitarbeitern "besondere Instruktionen zur Erhöhung der Wachsamkeit" gegeben.

Die Zahl der Toten stieg unterdessen auf 39. Eine Frau sei im Krankenhaus an ihren Verletzungen gestorben, sagte der Chef der Moskauer Gesundheitsbehörde, Andrej Selzowski. Ärzte schlossen nicht aus, dass die Zahl der Toten weiter steigen könnte, da unter den etwa 70 Verletzten einige noch immer um ihr Leben ringen. Etwa 800 Menschen meldeten sich nach den Anschlägen bei der Notrufnummer eines Psychiatrischen Instituts.

Überreste der Attentäterinnen untersucht

Der Chef des Inlandsgeheimdienstes, Alexander Bortnikow, sagte, Forensik-Experten hätten sterbliche Überreste der beiden Attentäterinnen sichergestellt. In der Vergangenheit hatten wiederholt Witwen und Schwestern getöteter muslimischer Extremisten aus dem Kaukasus, sogenannte , Anschläge verübt.

Bilder einer Überwachungskamera der U-Bahn-Station "Park Kultury".

Bilder einer Überwachungskamera der U-Bahn-Station "Park Kultury".

(Foto: AP)

Nach Einschätzung des auf die Beobachtung islamistischer Webseiten spezialisierte US-Unternehmens IntelCenter deutet vieles darauf hin, dass die Gruppierung Kaukasus-Emirat des tschetschenischen Rebellenchefs Doku Umarow hinter dem Doppelanschlag steckt. Umarow will im Nordkaukasus einen islamischen Staat errichten. Im Februar hatte Umarow angekündigt, den "Krieg in die russischen Städte" zu tragen. "Das Blut wird nicht länger nur in unseren Städten fließen", so Umarow.

Kein Konzept für Nordkaukasus

Auch der hält es für "sehr wahrscheinlich", dass hinter den Anschlägen Extremisten aus dem Nordkaukasus stecken. Zwar habe es seit 2004 keinen Anschlag mehr in Moskau gegeben. "Dafür hat der Terrorismus aber in der Region selbst zugenommen. Die Gefahr, dass der Terror jetzt wieder in die Hauptstadt zurückschlägt, ist groß", sagte Schröder n-tv.de. Im Kaukasus herrsche "ein Zustand, der sich an der Grenze zum Krieg befindet", so Schröder weiter. "Es gibt dort jeden Tag Anschläge, Überfälle, Feuergefechte und Sondereinsätze der Polizei. Die ganze Region ist in hohem Maße destabil."

Eine Moskauerin trauert an der Metro-Station Ljubjanka.

Eine Moskauerin trauert an der Metro-Station Ljubjanka.

(Foto: REUTERS)

Ähnlich klingt der Terrorismus-Experte Michael Lüders: "Es deutet vieles darauf hin, dass aus dem Umfeld tschetschenischer Widerstandskämpfer oder anderer Unruheregionen im Kaukasus diese Selbstmordattentate verübt worden sein könnten", sagte Lüders bei n-tv. Zwar sei die Lage in Tschetschenien "oberflächlich befriedet", aber "es gibt nach wie vor kein wirkliches politisches Konzept seitens der Regierung in Moskau, mit den Unruheregionen im Nordkaukasus umzugehen", so Lüders.

Internationales Entsetzen

Der schwerste Terrorakt in Moskau seit sechs Jahren löste international Entsetzen aus. US-Präsident Barack Obama telefonierte mit Medwedew, um ihm persönlich sein Beileid auszusprechen. Nach Kremlangaben wollen die beiden Präsidenten bei ihrem Treffen am 8. April in Prag über den gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus beraten. Die Außenminister der G8-Staaten verurteilten die Selbstmordanschläge. Der Terrorismus müsse international bekämpft werden, meinte Kanadas Außenminister Lawrence Cannon.

 

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts

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