Politik

Die letzten Stunden Wahlkampf Kampf um die Unentschlossenen

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Endspurt im Wahlkampf: Die Schwarz-gelbe Mehrheit schwindet, ein Drittel der Wähler sind noch unentschlossen. Kanzlerin Merkel und ihr Herausforderer Steinmeier kämpfen um jede Stimme und die FDP giftet gegen die Union - die letzten Stunden des Wahlkampfs sind entbrannt.

Angesichts einer noch großen Zahl unentschlossener Wähler haben die Spitzenpolitiker der Parteien am Samstag ihre Anhänger zum Wahlkampf bis zur letzten Minute aufgerufen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wie ihr SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier forderten, bis zuletzt bei Nachbarn und Freunden um jede Stimme zu werben. Bundespräsident Horst Köhler rief die gut 62 Millionen Wahlberechtigen zur Wahl auf. "Wenn Sie nicht wählen, haben Sie niemanden, der Ihre Anliegen im Parlament vertritt", schrieb Köhler in der "Bild am Sonntag".

"Wir sind wieder da": SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier.

"Wir sind wieder da": SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier.

(Foto: dpa)

Wahlforscher rechnen mit einem knappen Wahlausgang, der möglicherweise erst im Laufe des Abends nach Auszählung der Überhangmandate feststeht. Der Vorsprung von Union und FDP in Umfragen war in den vergangenen Tagen zusammengeschmolzen. Das Forsa-Institut ermittelte am Freitag erstmal ein Patt zwischen Schwarz-Gelb und den drei anderen Parteien SPD, Linke und Grüne. Dabei fielen CDU und CSU mit 33 Prozent deutlich unter ihr bereits schwaches Ergebnis von 2005 (35,2 Prozent).

Entscheidend könnten die Überhangmandate werden: Im Extremfall könnten Union und FDP selbst 45 Prozent der Stimmen reichen, um eine Mehrheit zu bekommen. Überhangmandate gibt es dann, wenn eine Partei in einem Bundesland direkt in den Wahlkreisen mehr Mandate gewinnt als ihr nach den Zweitstimmen zustehen. Davon könnte diesmal vor allem die CDU profitieren.

Ein Drittel noch unentschlossen

Ein Drittel der Bürger seien Wahlforschern zufolge unmittelbar vor dem Wahltag noch unentschlossen, sagte CDU-Chefin Merkel bei der Abschlusskundgebung ihrer Partei in Berlin. "Man kann es sich gar nicht vorstellen", sagte die Kanzlerin, die unmittelbar zuvor vom Weltfinanzgipfel in Pittsburgh/USA zurückgekehrt war. Bis in die Abendstunden und noch am Wahlsonntag selbst sollten CDU-Wahlkämpfer für "stabile Verhältnisse" mit einer schwarz-gelben Koalition werben, sagte Merkel. Sollte die CDU-Chefin nach 2005 ein zweites Mal das Bündnis mit der FDP verfehlen, wird in der Union mit einer Führungsdebatte gerechnet.

"Stabile Verhältnisse": Merkel setzt auf Schwarz-Gelb.

"Stabile Verhältnisse": Merkel setzt auf Schwarz-Gelb.

(Foto: REUTERS)

"Die Union fällt in sich zusammen wie ein nasser Karton", sagte SPD-Kandidat Steinmeier auf der Schlusskundgebung seiner Partei in Dresden. "Wer aufholen kann, der kann auch überholen. Wir sind wieder da", rief er den rund 1000 Teilnehmern zu. Es gehe um jede Stimme. "Wer Schwarz-Gelb verhindern will, der muss am Sonntag raus aus dem Sofa und rein ins Wahllokal." Falls Schwarz-Gelb der Sieg nicht gelingt und die SPD auch keine Koalition mit FDP und Grünen bilden kann, wird der bisherige Außenminister und Vizekanzler in einer großen Koalition Parteikreisen zufolge die Führung der SPD-Fraktion anstreben. Dies werde auch erwartet, wenn es nur zur Opposition reiche und das Wahlergebnis nicht zu schlecht ausfalle. Auch der Parteivorsitz sei für Steinmeier eine zusätzliche Option.

Schwarz und Gelb kämpfen getrennt

FDP-Chef Guido Westerwelle äußerte zum Abschluss des Wahlkampfes erneut Zweifel am Willen von CDU und CSU für eine Koalition mit der FDP und warb um Zweitstimmen für seine Partei bei Unionsanhängern. "Wer die Union wählt, landet womöglich wieder in einer großen Koalition", sagte Westerwelle in Köln. "Denn viel zu viele in der Union haben sich gemütlich in der großen Koalition eingerichtet", sagte er. Dies könne nur eine starke FDP verhindern. Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast bekräftigte das Wahlziel ihrer Partei, die FDP als drittstärkste Partei abzulösen.

Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer warnten ihre Anhänger vor einem Stimmensplitting. Sonntag sei kein Tag für taktische Spielchen, sagte Merkel. Seehofer erklärte in München: "Es mag bei früheren Jahren einmal richtig gewesen sein, mit der Zweitstimme die FDP zu wählen, damit diese die Fünf-Prozent-Hürde schafft. Diese Frage besteht diesmal nicht."

Bei der Bundestagswahl 2005 hatte die Wahlbeteiligung einen historischen Tiefstand von 77,7 Prozent erreicht. Damals erreichten CDU/CSU 35,2 Prozent der Stimmen, die SPD 34,2 Prozent, die FDP 9,8 Prozent, die Linke 8,7 Prozent und die Grünen 8,1 Prozent.

Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts

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