Aufklärung in BND-Affäre gefordert Kanzleramt soll sich äußern
11.11.2005, 14:39 UhrUnion, FDP und Grüne haben das Kanzleramt aufgefordert, in der Affäre um die Beschattung von Journalisten durch den BND unverzüglich für Aufklärung zu sorgen.
Er fordere Kanzleramtschef Frank Walter Steinmeier und BND-Chef August Hanning auf, innerhalb der kommenden Tage die Öffentlichkeit umfassend zu informieren, sagte der FDP-Innenexperte Max Stadler. Entscheidende Fragen seien bisher nicht geklärt. So sei offen, ob das Kanzleramt Bescheid gewusst und ob der BND die Ermächtigung des Bundesinnenministeriums zur Strafverfolgung im Inland eingeholt habe. "Das Kanzleramt trägt die politische Verantwortung", sagte auch die Grünen-Innenexpertin Silke Stokar. Die Aufklärung des Falles könne nicht warten, bis die neue Regierung gebildet sei.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach kritisierte: "Ich glaube, dass die Angelegenheit sowohl vom BND als auch vom Kanzleramt unterschätzt wird". Jeder, der zur Aufklärung beitragen könne, müsse dies jedoch tun. Die Politiker äußerten sich alarmiert, dass kurz nach der "Cicero"-Affäre nun offenbar erneut ein Eingriff in die Pressefreiheit bekannt werde.
Hanning hatte erklärt, er könne nicht ausschließen, dass bei Ermittlungen des Auslandsgeheimdienstes gegen Mitarbeiter auch Journalisten ins Visier des Dienstes geraten seien. Der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, sagte, es sei bei Videoobservationen normal, dass auch Unbeteiligte aufgenommen würden. In jüngster Zeit gebe es jedoch keine Hinweise auf derartige Observationen durch den BND. "Für die Zeit, in der ich den Überblick hatte, kann ich das ausschließen", sagte Uhrlau der "Süddeutschen Zeitung". Uhrlau, der seit 1998 im Amt ist, ergänzte: "Ich kann mir kaum vorstellen, dass heute jemand bei Journalisten ansetzen würde - am Kanzleramt vorbei".
BND hätte Innenministerium informieren müssen
Stadler bemängelte, nach den Äußerungen Hannings seien noch viele Fragen offen. So hätte der BND das Innenministerium informieren müssen, wenn es um die Verfolgung eines internen Geheimnisverrats gegangen sei. Es gebe jedoch eine Tendenz, über die Forschung nach undichten Stellen bei den Sicherheitsbehörden in "skandalöser Weise" die Arbeit von Journalisten zu beeinträchtigen. Es müsse daher geprüft werden, ob hier nicht gesetzlicher Handlungsbedarf bestehe, um das Redaktionsgeheimnis besser zu schützen. "Wir können das als Gesetzgeber auf keinen Fall hinnehmen", sagte Stadler.
Stokar forderte, die Aufklärung der Affäre dürfe nicht auf einen Bericht im Geheimdienstausschuss beschränkt werden. "Es ist alarmierend, dass die Sicherheitsbehörden mit allen Maßnahmen gegen eine ihnen unliebsame Berichterstattung vorgehen", sagte sie. Das gestörte Verhältnis zwischen den Sicherheitsbehörden und investigativen Journalisten könne nicht der Geheimhaltung unterliegen. Gerade die mangelnde Transparenz der Sicherheitsbehörden führe dazu, dass Journalisten und auch Politiker zunehmend auf Informationen angewiesen seien, die sie sich unter der Hand beschafften. Die politische Konsequenz müsse sein, mehr Transparenz herzustellen.
"Ich bin einigermaßen fassungslos", sagte Bosbach. Es müsse geklärt werden, ob beim BND einige "außer Kontrolle geratene Mitarbeiter" tätig geworden seien oder ob Vorgesetzte Bescheid gewusst hätten. Es wird so getan, als ob es nur um ein bisschen Schwarzarbeit von übermotivierten BND-Mitarbeitern ging", kritisierte er.
Besserer Schutz von Journalisten
FDP und Grüne hatten bereits nach der Durchsuchung der Redaktion des Magazins "Cicero" für eine Gesetzesänderung zum Schutz von Journalisten plädiert. Auslöser war damals eine Anzeige des Bundeskriminalamtes (BKA) wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat nach einem Artikel des "Cicero"-Autoren Bruno Schirra, der im April veröffentlicht worden war. Der Journalist hatte darin aus vertraulichen Dokumenten des BKA zitiert.
Quelle: ntv.de