Sex-Anklage Katzav spielt auf Zeit
24.01.2007, 10:18 UhrDer israelische Staatspräsident Mosche Katzav will erst nach einer endgültigen Entscheidung für eine Anklage wegen Vergewaltigung und Korruption zurücktreten. Der Politiker bestätigte auf einer Pressekonferenz in Jerusalem aber, dass er sein Amt zunächst ruhen lassen wolle.
Wütend bestritt Katzav erneut alle Beschuldigungen, er habe Mitarbeiterinnen vergewaltigt oder belästigt. "Ich habe keine der Taten begangen, die mir angelastet werden."
Mit dem Schachzug einer vorübergehenden Amtsniederlegung kann Katzav seine Immunität als Präsident möglicherweise für mindestens drei weitere Monate retten. Nach israelischem Recht kann ein amtierender Präsident nicht angeklagt werden. Politiker haben dem Präsidenten allerdings mit einem Amtsenthebungsverfahren gedroht. Katzavs Amtszeit endet offiziell im August dieses Jahres. Über eine formale endgültige Anklageerhebung soll erst nach einer letzten Anhörung von Katzav entschieden werden. Nach israelischen Medienberichten könnte dies bis zu drei Monate dauern.
Die Staatsanwaltschaft will Katzav auch wegen Korruption im Amt anklagen. Der 61-Jährige hatte am Mittwoch in einem Brief an den zuständigen Parlamentsausschuss vorübergehende Amtsunfähigkeit beantragt. In Folge der angekündigten Vergewaltigungsanklage könne er gegenwärtig seine Pflichten nicht erfüllen, schrieb Katzav. Er bat das Gremium, dessen Vorsitzende den Brief des Staatsoberhaupts vor Journalisten verlas, ihm vorübergehend von seinen Aufgaben zu entbinden.
Olmert fordert Rücktritt Katzavs
Wegen der angekündigten Anklage war Katzav über die Parteigrenzen hinweg zum Amtsverzicht aufgefordert worden. "Ich bin mir in meinem Inneren sicher, dass der Präsident seine Pflichten nicht mehr erfüllen kann und deshalb gehen muss", sagte Ministerpräsident Ehud Olmert.
"Rücktritt ist derzeit die angemessene Entscheidung", sagte auch Außenministerin Tsipi Livni. Zwar gelte auch für das Staatsoberhaupt die Unschuldsvermutung, doch sollte er sich außerhalb seines Amtes verteidigen. Liwni amtiert auch als Justizministerin, seit sich Justizminister Chaim Ramon ebenfalls wegen sexueller Belästigung vor Gericht verantworten muss.
Bildungsministerin Juli Tamir überlegt bereits, die Bilder des Präsidenten in den Schulen abhängen zu lassen. Wie könne Schulkindern Respekt für das Präsidentenamt beigebracht werden, wenn dieser schwerer Verbrechen beschuldigt werde, sagte sie und forderte den Rücktritt des Staatsoberhauptes.
Abgeordnete sammelt Unterschriften
"Der Präsident muss um des Präsidentenamts willen zurücktreten", sagte Gideon Sa'ar, ein Abgeordneter des rechtsgerichteten Likud-Blocks, der Katzav auf den Posten gehoben hat. "Wenn er das nicht tut, wird der Ball im Feld der Abgeordneten liegen." Für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens ist die Unterstützung von drei Vierteln der 120 Abgeordneten nötig. Ihre Partei werde die nötigen 90 Unterschriften sammeln, kündigte Sahawa Gal-On von der linken Merez-Partei an.
Die Vergewaltigung einer früheren Mitarbeiterin ist nur einer der Anklagepunkte: In einem anderen Fall soll der 61-jährige Vater von fünf Kindern seine Machtposition dazu missbraucht haben, eine Frau zum Sex zu zwingen. In zwei weiteren Fällen wird ihm unsittliches Verhalten vorgeworfen. Insgesamt sind in der Anklageschrift vier Opfer genannt. Die Frauen haben den Skandal vor Monaten mit Anzeigen wegen sexueller Übergriffe ins Rollen gebracht.
Generalstaatsanwalt Menachem Masus will Katzav eine Anhörung gewähren, bevor die Anklageschrift endgültig formuliert wird. Der Termin dafür werde bald bekannt gegeben, sagte er.
Als Nachfolger Katzavs ist Friedensnobelpreisträger Schimon Peres im Gespräch, der derzeit Stellvertreter von Regierungschef Ehud Olmert ist. Der 83-Jährige Peres war 2000 gegen Katzav für das Präsidentenamt angetreten und bei der Wahl unterlegen. Der israelische Präsident hat vor allem repräsentative Aufgaben.
Quelle: ntv.de