Politik

Sparpaket der Bundesregierung Kauder ermahnt Minister

Das Milliarden-Sparpaket der Bundesregierung soll bis Ende August durch sein - doch die Pläne stoßen nicht überall auf Verständnis. Mehrere Ministerien wollen die Vorgaben von Schwarz-Gelb nicht umsetzen. Rädelsführer ist offenbar Rainer Brüderle. Finanzminister Schäuble schäumt, Unions-Fraktionschef Kauder mahnt.

Der Widerstand von Ministern gegen das Sparpaket der Regierung hat neuen Ärger in der Koalition ausgelöst. "So etwas geht nicht", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder zur Kritik von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle an der vor wenigen Wochen gemeinsam beschlossenen Luftverkehrssteuer. FDP-Politiker Brüderle dagegen bekräftigte, er wolle Wachstum stärken und Wettbewerbsverzerrungen verhindern. Er sprach von einem "normalen Verfahren", wenn nun in der Ressortabstimmung diskutiert werde, wie man die "Beschlüsse im Groben" umsetzt.

Kauder mahnt die Minister zur Disziplin.

Kauder mahnt die Minister zur Disziplin.

(Foto: dpa)

Kauder zeigte sich verärgert über die Kabinettsmitglieder. Es sei nicht hinnehmbar, dass schon kurz nach einer Entscheidung wie zum Sparprogramm Anfang Juni Mitglieder der Regierung eben dieses Konzept in Frage stellten, sagte der CDU-Politiker dem "Focus". Koalitionsmitglieder sollten nicht die Rolle der Opposition übernehmen. Dabei sei eine Debatte über einzelne Punkte des Sparpakets wie die Ausgestaltung des Elterngeldes oder der Brennelementesteuer vor allem zwischen Regierung und Fraktionen durchaus normal, fügte der Unionsfraktionschef hinzu.

Brüderle hatte bereits am Wochenende mit Kritik an der Luftverkehrssteuer Unmut erregt. Die Steuer war auf der Sparklausur des Kabinetts im Juni beschlossen worden. In einem Papier aus Brüderles Ministerium wird vor negativen Auswirkungen auf die Flugbranche und den Arbeitsmarkt gewarnt. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wehren sich Brüderles Unterhändler außerdem gegen den Abbau von Vergünstigungen bei der Ökosteuer. Sie argumentierten, dass bei einer Umsetzung der Beschlüsse Firmen mit hohem Stromverbrauch bis zu zehn Mal mehr Ökosteuer zahlen müssten als bisher.

"Intelligent sparen"

Brüderle selbst bekannte sich zwar grundsätzlich zu den "ambitionierten Sparbeschlüssen" der Regierung. Zugleich aber betonte er, bei der Umsetzung komme es ihm nun darauf an, "dass wir intelligent sparen, das heißt, dass Wachstum gestärkt und Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden". Bislang ist geplant, dass die Sparvorhaben bis Ende August als Gesetzentwürfe vom Kabinett verabschiedet werden. Die Widerstände gegen das Sparpaket sorgten nach Teilnehmerangaben am Montag auch auf der CDU-Präsidiumssitzung für Verärgerung. Finanzminister Wolfgang Schäuble soll sich massiv verärgert über das Verhalten der Kabinettskollegen gezeigt haben. Er forderte alle Beteiligten auf, Disziplin zu wahren und die getroffenen Absprachen umzusetzen.

Rainer Brüderle will Firmen schonen.

Rainer Brüderle will Firmen schonen.

(Foto: dpa)

Widerstand gegen einen anderen Sparbeschluss kommt nach Angaben der "SZ" aus dem Justizministerium. Das Haus von FDP-Ressortchefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wehre sich gegen das Vorhaben, im Insolvenzrecht das sogenannte Fiskusprivileg wieder einzuführen. Die Klausel erlaubt es den Finanzämtern, im Falle einer Firmenpleite als Erste auf die Konkursmasse zuzugreifen. Übrige Gläubiger hätten dann womöglich das Nachsehen. Schäuble erhofft sich dadurch Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro im Jahr.

Auch die Ressorts für Verkehr, Soziales und Umwelt stellen sich laut "SZ" quer. "Manche Minister wollen offenkundig von dem, was sie bei der Sparklausur im Juni selbst beschlossen haben, nichts mehr wissen", wird aus Regierungskreisen zitiert. Gestritten wird in der Koalition auch über die vorgesehenen Kürzungen im Sozialetat sowie den Umgang mit der Atombranche. CSU-Chef Horst Seehofer hatte es strikt abgelehnt, im Falle einer Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken die Zusatzgewinne der Betreiber über die geplante Brennelementesteuer hinaus abzuschöpfen.

"Gruppe von verstreuten Einzelkämpfern"

Bis zu 26 Euro zusätzliche Flugsteuer sind geplant.

Bis zu 26 Euro zusätzliche Flugsteuer sind geplant.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mehr Disziplin verlangten die Haushälter der Koalition. "Ich gehe davon aus, dass sich alle Minister an das vereinbarte Paket zur Haushaltssanierung halten", sagte der Chefhaushälter der FDP-Fraktion, Otto Fricke. Sein Unions-Kollege Norbert Barthle bekräftigte: "Das Volumen des Sparpakets darf auf keinen Fall unterschritten werden." Beide zeigten sich prinzipiell für Änderungen offen, betonten aber, dass das Konsolidierungsvolumen erreicht werden müsse. "Wer bessere, aber auch konkrete Sparvorschläge hat, muss die nennen", sagte Fricke. Barthle sagte, es sei selbstverständlich, dass im parlamentarischen Verfahren noch über die Ausgestaltung einzelner Maßnahmen gesprochen werde.

Auch das Finanzministerium hatte sich bei der Vorlage erster Gesetzesentwürfe offen für Alternativen gezeigt. Im Ministerium wird allerdings mit Befremden gesehen, dass die Fachressorts bisher kaum konkrete Gegenvorschläge gemacht hätten. Die FDP-Nachwuchsorganisation JuLi warnte davor, das Sparpaket wieder aufzuschnüren. Derzeit ringt die Regierung intern um die Umsetzung ihrer Beschlüsse von Anfang Juni, mit denen bis 2014 ein Haushaltsloch von rund 82 Milliarden Euro im Bundesetat geschlossen werden soll.

Der SPD-Finanzfachmann und Fraktionsvize Joachim Poß warf Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, den Sparkurs von Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht ausreichend zu stützen. "Dieses Kabinett bildet keine Regierung, sondern lediglich eine Gruppe von verstreuten Einzelkämpfern", erklärte er in Berlin. Der Grünen-Haushaltspolitiker Alexander Bonde kritisierte vor allem Brüderle: Dieser habe "den Ernst der Haushaltslage immer noch nicht verstanden".

Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa

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