Merkel gegen Steinbrück Kein klarer Sieger nach TV-Duell
01.09.2013, 22:41 Uhr
Merkel oder Steinbrück: Am 22. September wird gewählt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Kandidat Steinbrück liefern sich ein lebendiges TV-Duell ohne eindeutigen Sieger. Viel Neues bringt das Duell allerdings nicht: Steinbrück setzt auf Attacken, Merkel verteidigt die Arbeit der schwarz-gelben Koalition. Nur in einem Punkt legt die Kanzlerin sich fest.
Im einzigen Fernsehduell vor der Bundestagswahl haben sich Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Kandidat Peer Steinbrück einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Angesichts des klaren SPD-Rückstands in allen Umfragen ging der Herausforderer in die Offensive. Insgesamt blieb die 90-minütige Debatte jedoch sachlich - und ohne eindeutigen Sieger.

Wer hat das TV-Duell gewonnen - Merkel oder Steinbrück?
Eine repräsentative Blitzumfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für den Sender RTL ergab unmittelbar nach der Sendung, dass 44 Prozent der Zuschauer Merkel als Siegerin sahen. 43 Prozent sagten, Steinbrück sei der Sieger.
Steinbrück machte Merkel für "Stillstand" und soziale Ungerechtigkeit in Deutschland verantwortlich. In seinem Schlusswort sagte er: "Mein Plan von Deutschland ist: Gerechter und deshalb stärker." Die CDU-Vorsitzende zog hingegen eine zufriedene Bilanz von Schwarz-Gelb. "Wir haben gezeigt, dass wir es können - und das in einer schwierigen Zeit. Ich möchte, dass auch die nächsten vier Jahre gute Jahre werden."
"Ich möchte auch keine Große Koalition"
Das Duell galt für den SPD-Herausforderer als möglicherweise letzte Chance, vor dem 22. September doch noch einen Stimmungswechsel zu schaffen. Immer wieder versuchte Steinbrück, Merkel aus der Reserve zu locken. Die CDU-Vorsitzende ging darauf jedoch nicht ein. Insgesamt war das Duell von einem sachlichen Ton geprägt. Beide wandten sich immer wieder einander zu und sprachen sich mit Namen an. Merkel hatte seit Monaten den Namen ihres Herausforderers nicht in den Mund genommen.
In allen Umfragen haben die Sozialdemokraten derzeit einen großen Rückstand auf die Union. Merkel liegt auch im Vergleich mit Steinbrück weit vorn. Die CDU-Chefin bekräftigte ihr Vorhaben, die Koalition mit der FDP fortsetzen zu wollen. Auf die Frage nach einer möglichen neuen Bündnis mit der SPD sagte sie: "Ich möchte auch keine Große Koalition. Niemand strebt sie an." Steinbrück bekräftigte, dass er selbst in keine Große Koalition gehen werde.
"Wir dürfen nichts tun, was Arbeitsplätze in Gefahr bringt"
Erwartungsgemäß zeichneten Kanzlerin und Kandidat ein völliges unterschiedliches Bild. Merkel sagte, Deutschland habe mit 29 Millionen Menschen heute so viele Beschäftigte wie nie zuvor. Der Bund werde 2015 erstmals wieder in der Lage sein, ohne neue Schulden auszukommen. Dann warnte sie: "Wir dürfen nichts tun, was Arbeitsplätze in Gefahr bringt. Die Steuererhöhungspläne der Sozialdemokraten und der Grünen bringen die Gefahr mit, dass wir die gute Ausgangslage, die wir haben, nicht verbessern, sondern verschlechtern."
Steinbrück entgegnete: "Wir wollen nicht die Steuern für alle erhöhen." Die SPD wolle jedoch die "fünf oberen Prozent" der Einkommensbezieher stärker heranziehen. Mit einem Kanzler Steinbrück hätten die Bundesbürger insgesamt mehr Geld in der Tasche. Insbesondere warb er für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Schwarz-Gelb warf er vor, die Verschuldung weiter erhöht zu haben. Merkel verteidigte das Betreuungsgeld für Kinder, die keine staatlich finanzierte Kita in Anspruch nehmen. Dagegen bekräftigte Steinbrück, das Betreuungsgeld abschaffen zu wollen.
"Schöne Grüße nach München"
Deutlich wie bislang noch nie schloss Merkel die Einführung einer Pkw-Maut auf Deutschlands Autobahnen aus. "Mit mir wird es keine Pkw-Maut im Inland geben. Ich glaube nicht, dass es richtig wäre, die Autofahrer weiter zu belasten", sagte sie, nachdem Steinbrück ihr ein Schlingern vorgeworfen hatte. Zuvor hatte sie auf eine Frage nach der Pkw-Maut noch gesagt: "Wir werden ganz sicher einen Weg finden, dass alle miteinander zufrieden sind, und auch die Autofahrer."
Mit ihrer Festlegung ging Merkel auf Distanz zum Koalitionspartner CSU: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat eine Maut zur Bedingung für einen neuen Koalitionsvertrag gemacht. Steinbrück fügte hinzu: "Schöne Grüße nach München zu Herrn Seehofer."
Merkel verteidigt Atomausstieg
Im Streit um ein mögliches drittes Rettungspaket für Griechenland ließ die Kanzlerin offen, wie hoch weitere Hilfen ausfallen könnten. Möglicherweise werde es ein neues Hilfspaket geben, aber niemand kenne die Größenordnung. "Keiner weiß genau, wie sich die Dinge in Griechenland entwickeln." Herausforderer Steinbrück hielt dagegen, man könne nicht immer nur die "Konsolidierungskeule" schwingen. "Natürlich muss es zu einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kommen, aber bitte nicht in einer tödlichen Dosis für diese Länder."
Steinbrück warf der Regierung ein desaströses Management der Energiewende vor. Anders als Merkel kündigte er an: "Wir werden so schnell wie möglich die Stromsteuer senken müssen." Merkel verteidigte nochmals die Entscheidung zum Atomausstieg. "Wenn ich sehe, was in diesen Tagen in Fukushima diskutiert wird, bin ich noch mehr überzeugt, dass es richtig war."
"Das habe ich jetzt nicht gesagt"
In der NSA-Ausspähaffäre erhob Steinbrück erneut den Vorwurf, Merkel habe ihren Amtseid verletzt, Schaden für die Bundesrepublik abzuwenden. Das millionenfache Abfischen von Daten durch den US-Geheimdienst National Security Agency sei nach wie vor ungeklärt.
Die Kanzlerin betonte, sie habe keinen Anlass, den Versicherungen der USA und Großbritanniens zu misstrauen, die Geheimdienste beider Länder hielten sich an deutsches Recht. Natürlich sei aber Vertrauen durch die Vorgänge um die NSA verloren gegangen, räumte Merkel ein. Auf die Frage, ob sie erst durch den früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden von den Ausspähungen erfahren habe, sagte sie: "Ich habe viele Dinge in dem Ausmaß nicht gesehen." Auf die Frage, ob sie Snowden dankbar sei, antwortete Merkel: "Das habe ich jetzt nicht gesagt."
Vor der Sendung war ausgelost worden, dass Steinbrück das Eingangsstatement und Merkel das letzte Wort hatte. Ihre Abschlussbemerkung beendete Merkel mit den Worten: "Und jetzt wünsche ich Ihnen einen schönen Abend."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa