Politik

Nichts Neues vom Öl Keine Sensation

Zwei Öl-Meldungen sorgten gestern für Aufsehen. Der Chef der brasilianischen Erdölbehörde sagte, vor der Küste seines Landes seien möglicherweise 33 Milliarden Barrel Öl-Aquivalent gefunden worden. Das wäre der weltweit größte Erdölfund seit 30 Jahren. Weniger gut klang eine Nachricht aus Russland. Lukoil-Vizechef Leonid Fedun sagte, die russische Erdölproduktion habe ihren Höhepunkt erreicht. Beide Meldungen sind alles andere als eine Sensation.

Russlands "Peak Oil" zeichnete sich bereits ab, der Termin stimmt ziemlich genau mit den Zahlen der ASPO überein, der Association for the Study of Peak Oil and Gas - eine Kassandra, die gern ignoriert wird.

Doch es ist nicht nur die ASPO. Feduns Äußerung entspricht exakt dem, was die Internationale Energie-Agentur sagt. Deren Chefökonom Fatih Birol hatte kürzlich vor einem "Supply Crunch" gewarnt und gesagt, die Welt müsse das Öl verlassen, "bevor es uns verlässt".

Die IEA ist bislang nicht als Kassandra aufgefallen, sie ist der offizielle Ratgeber der westlichen Industrienationen. Wolfgang Blendinger, Vorsitzender der deutschen ASPO und Inhaber eines Lehrstuhls für Erdölgeologie an der TU Clausthal, formuliert es so: "Wenn der Chefökonom der IEA sagt, Leute, wir haben ein Riesen-Problem, dann ist das nicht mehr nur die spinnerte ASPO oder ein durchgeknallter Prof in Clausthal - dann ist das eine Warnung, die nicht ignoriert werden sollte."

Brasilien rettet uns nicht

Aber vor Brasilien wird doch immer wieder neues Öl gefunden? Ja und Nein. Klar, "Carioca" wäre der größte Erdölfund seit 30 Jahren. Doch es gibt einige Einschränkungen.

Petrobras selbst relativierte die Meldung über den angeblich so spektakulären Fund in einer eigenen Pressemitteilung - die jedoch weitgehend unterging. Bislang habe es zwei Probebohrungen gegeben, die erste sei am 5. September bekannt gegeben worden. Am 22. März habe man eine zweite Bohrung vorgenommen, die allerdings die Salzschicht noch nicht durchdrungen habe. Sichere Daten über das Ölvorkommen werde es erst nach weiteren Bohrungen und eingehenden geologischen Untersuchungen geben. "Carioca" befindet sich in etwa 5000 Meter Tiefe unter Wasser und einer dicken Salzschicht - eine anspruchsvolle Konstellation.

Bis so ein Fund erschlossen wird, geht viel Zeit ins Land, Blendinger rechnet mit eher zehn als fünf Jahren. Aber auch mit "Carioca" ist die fossile Abhängigkeit der Welt nicht zu retten. 33 Milliarden Barrel sind zwar eine beeindruckende Zahl. Doch diese Menge würde nur die weltweite Ölnachfrage eines Jahres decken.

Meldungen wie die aus Brasilien kommen immer, wenn die Ölpreise auf einem neuen Rekordhoch sind. Über die Gründe mag man spekulieren. Zweifellos haben sie eine beruhigende Wirkung, zweifellos sind sie gut für den Aktienkurs von Petrobras. Einen Weg in die Zukunft weisen sie nicht.

Quelle: ntv.de

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