Ein US-Soldat gegen fünf Guantanamo-Gefangene? Kerry will mit Taliban verhandeln
21.06.2013, 04:22 Uhr
Seit 2009 haben die Taliban einen US-Soldaten in ihrer Gewalt. Nun wollen sie ihn offenbar gegen fünf ihrer im Gefangenenlager Guantánamo einsitzenden Führer austauschen. Verhandlungen darüber kann man sich auch in Washington gut vorstellen.
Die USA wollen bei den geplanten Gesprächen mit den radikal-islamischen Taliban im Golf-Emirat Katar auch über einen Austausch von Gefangenen verhandeln. Die Taliban hätten bereits in der Vergangenheit entsprechende Vorschläge gemacht. Man erwarte, dass die Taliban auch in Doha das Thema erneut anschnitten, sagte US-Außenamtssprecherin Jennifer Psaki. "Wir sind offen, dieses Thema als Teil der Verhandlungen zu diskutieren. Und wir erwarten, dass sie es ansprechen."
Der Beginn der Gespräche ist noch unklar. Während die USA verhandeln wollen, legt sich Afghanistans Präsident Hamid Karsai quer. Er stört sich vor allem am souveränen Auftritt der Taliban mit ihrem Verbindungsbüro in Doha und droht, die Gespräche zu boykottieren. Bei einem Besuch der deutschen Truppen in Afghanistan sprach sie auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière für Friedensverhandlungen mit den Islamisten aus.
Ursprünglich hatten US-Vertreter dem Vernehmen nach bereits zu direkten Gesprächen mit den Taliban zusammentreffen wollen. Angesichts der Verärgerung in Kabul wurde das Treffen aber offensichtlich verschoben. Psaki bestätigte, dass die Gespräche noch nicht begonnen hätten. Am diesem Freitag werde Außenminister John Kerry nach Doha reisen, dort aber nicht mit Taliban zusammentreffen, sagte sie. Den USA gehe es in puncto Gefangene vor allem um die Freilassung des Soldaten Bowe Bergdahl, der sich seit 2009 in der Gewalt der Taliban befinde. Berichten zufolge hatten die Taliban seine Freilassung im Austausch für fünf wichtige Gefangene im Lager Guantánamo auf Kuba vorgeschlagen.
Karsai empört über Insignien
Voraussetzung für Gespräche mit den Taliban ist nach Ansicht de Maizières, dass die Islamisten die Verfassung Afghanistans anerkennen und sich vom Terrornetz Al-Kaida distanzierten. Bei einem Besuch in der westafghanischen Provinzhauptstadt Herat sagte der Minister, jeder, der zu einer friedlichen Lösung des Afghanistan-Konflikts beitragen könne, sei willkommen. "Vor allem aber müssen diese Gespräche stark geprägt werden durch die legitime afghanische Regierung."
Karsai droht wegen eines "Flaggenstreits" mit dem Boykott der Verhandlungen. Die Taliban hatten ein Verbindungsbüro in Doha eröffnet und dort dann eine Plakette mit der Aufschrift "Islamisches Emirat Afghanistan" enthüllt sowie die Taliban-Flagge gehisst. Die Insignien des Ende 2001 gestürzten Taliban-Regimes lösten bei Karsai Empörung aus. Er fordert zudem, dass die Taliban direkt mit seiner Regierung verhandeln.
De Maizière stellte bei seinem Besuch am Hindukusch erneut Bedingungen für ein längerfristiges Engagement der Bundeswehr in Afghanistan. Dazu zähle "eine nachhaltige, zuverlässige Vereinbarung über das Truppenstatut", betonte de Maizière.
Die Nato will ihren Kampfeinsatz in Afghanistan 2014 beenden. Danach sollen von den derzeit knapp 100.000 ausländischen Soldaten nur noch 8000 bis 12.000 für Ausbildung und Beratung im Land bleiben. Von den einst mehr als 5000 deutschen Soldaten sind noch 4100 in Afghanistan. 2015 sollen es nur noch 600 bis 800 sein. Deutschland hat als bisher einziges Land eine konkrete Truppenstärke genannt.
Quelle: ntv.de, dpa