Lebenszeichen aus Kabul Kidnapper zeigen Video
19.08.2007, 08:59 UhrEinen Tag nach ihrer Entführung in Kabul hat es ein erstes Lebenszeichen von der 31-jährigen Deutschen Christina M. gegeben. Ein privater afghanischer Fernsehsender strahlte Aufnahmen aus, die die am Samstag in Kabul entführte Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation zeigen. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, der Krisenstab werte das Video sorgfältig aus.
Die Frau hielt ihren Personalausweis in die Kamera und sagte, es gehe ihr gut. Sie werde nicht bedroht. Von ihrem Heimatland erwarte sie, dass alles getan werde, um ihre Freilassung zu erreichen. Anschließend verlas sie einen auf Dari verfassten Brief, in dem die Freilassung von Gefangenen gefordert wird.
Sie wurde von einem gebrochen Englisch sprechenden Mann aufgefordert, sich auf Englisch und Dari zu äußern. Am Ende der Videoaufnahme sagte der Mann. "Wir sind keine bösen Leute. Wir sind ein besonderes Netzwerk." Der Sender Tolo TV teilte nicht mit, woher er die Aufnahmen hatte.
Freilassung möglich
Die afghanische Polizei äußerte sich zuvor "sehr, sehr optimistisch" über eine baldige Freilassung der Entführten. Der Polizeichef der Provinz Kabul, Esmatullah Dauladsai, sagte aber nicht, worauf sich seine Zuversicht gründe. Der Chef der Kriminalpolizei in der afghanischen Hauptstadt, Ali Schah Paktiawal, erklärte, die Taliban steckten nicht hinter der Entführung. Die Behörden hätten eine groß angelegte Fahndung nach den Hintermännern eingeleitet.
Kein Interesse an Ehemann
Die Mitarbeiterin der Hilfsorganisation Ora International war am Samstag aus einem Schnellrestaurant im Westen Kabuls von bewaffneten Männern entführt worden. Ora-Sprecher Ulf Baumann sagte in Lübeck, sie spreche die Landessprache Dari fließend. Ihr deutscher Ehemann arbeite ebenfalls für die Organisation und sei bei der Entführung anwesend gewesen. Ein afghanischer Augenzeuge berichtete, der Mann habe aufgeregt "Polizei, Polizei" geschrien und dabei mit seinem Handy telefoniert.
Christina M. wollte im Oktober nach Baden-Württemberg zurückkehren, um in der Heimat ihr erstes Kind zur Welt zu bringen, sagte ein pensionierter Pfarrer, der sie im Mai besucht hatte, den "Stuttgarter Nachrichten".
Lebenszeichen von zweiter Geisel
Am Sonntag gab es auch ein Lebenszeichen von dem am 18. Juli entführten deutschen Bauingenieur Rudolf Blechschmidt. ARD-Reporter in Afghanistan hatten telefonischen Kontakt zu ihm. Der 62-Jährige habe über eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands gesprochen und die deutsche Botschaft in Kabul aufgefordert, mehr Druck auf die Entführer auszuüben. Er frage sich, warum nicht endlich Lösegeld gezahlt werde, sagte die Geisel laut ARD.
Der Ingenieur war zusammen mit dem Kollegen Rüdiger Diedrich in der Provinz Wardak verschleppt worden. Diedrich hatte später in der Gefangenschaft einen Schwächeanfall erlitten und war erschossen worden. Am Mittwoch kamen bei einem Bombenanschlag in der Nähe von Kabul drei deutsche Polizisten ums Leben.
Außerdem wurden am 19. Juli 23 Südkoreaner in Afghanistan entführt. Zwei männliche Geiseln wurden seither getötet, zwei Frauen wurden freigelassen. Verhandlungen über die verbliebenen 19 Geiseln seien gescheitert, erklärte ein Taliban-Sprecher.
Quelle: ntv.de