Militäreinsatz in Ostukraine hält an Kiew nennt Abstimmung "kriminelle Farce"
11.05.2014, 13:22 Uhr
Auch uniformierte Männer gehen wählen - schwer bewaffnet.
(Foto: REUTERS)
Über die Referenden im Osten der Ukraine kursieren unterschiedliche Meldungen. Die Zentralregierung nennt sie eine "Farce", die Aktivisten sprechen von einer hohen Wahlbeteiligung. Die Kämpfe in der Region fordern derweil viele Tote, heißt es in Kiew.
Die ukrainische Übergangsregierung in Kiew hat die Referenden über die Abspaltung der östlichen Regionen Lugansk und Donezk als "kriminelle Farce" bezeichnet. "Das vom Kreml inspirierte, organisierte und finanzierte Referendum vom 11. Mai ist rechtlich wertlos und wird keinerlei rechtliche Folgen haben für die territoriale Integrität der Ukraine", erklärte das Außenministerium. "Die Organisatoren dieser kriminellen Farce haben die Verfassung und die Gesetze der Ukraine verletzt."
Präsidialamtschef Sergej Paschinski sagte, die Abstimmung sei "nichts anderes als eine Informationskampagne, um Verbrechen zu vertuschen". Er behauptete zudem, in weiten Teilen der Region finde gar keine Abstimmung statt. Er räumte aber ein, dass das Vertrauen der Bevölkerung in den abtrünnigen Gebieten in die Kiewer Führung gering sei. "Es sollte ein politischer Kompromiss gefunden werden."
Paschinski sprach außerdem über den Militäreinsatz ukrainischer Regierungstruppen gegen die Aktivisten. "Bei der Operation wurden viele Separatisten getötet", behauptete er laut Medien in Kiew. Der "Anti-Terror-Einsatz" in Slawjansk, Kramatorsk und Krasny Liman im Gebiet Donezk gehe in die "finale Phase". Auf Regierungsseite gebe es keine Verluste. Bei jüngsten Zusammenstößen in Odessa und Mariupol waren Dutzende Menschen getötet und weit mehr als 200 verletzt worden.
Keine internationalen Beobachter
Die Separatisten, die mit einer breiten Zustimmung für eine Eigenständigkeit rechnen, zeigten sich mit dem Verlauf der Abstimmung hoch zufrieden. Im Gebiet Lugansk hätten sich bereits zwei Drittel der Wähler daran beteiligt, sagte "Wahlleiter" Alexander Malychin laut Agentur Interfax. Er räumte zugleich ein, dass in mehreren Bezirken im Norden des Gebiets keine Stimmabgabe möglich sei. Dort versperre die Nationalgarde den Zugang zu den "Wahllokalen".
Fotos aus der Gebietshauptstadt Donezk zeigten lange Schlangen vor "Wahllokalen". Einwohner warfen ihre Stimmzettel in durchsichtige Urnen, auf die die schwarz-blau-rote Flagge der "Volksrepublik" geklebt war. Die Kreuze auf den Wahlzetteln waren ebenfalls zu sehen.
Experten bezweifeln allerdings, dass die Separatisten über eine ausreichende Struktur für eine geordnete Abstimmung verfügen. Internationale Beobachter sind zu der zweifelhaften Abstimmung nicht angereist. Die Separatisten räumten ein, dass sie nicht über aktuelle Wählerverzeichnisse verfügen. Die Stimmabgabe endet um 21.00 Uhr MESZ.
Laut Aktivisten hohe Wahlbeteiligung
Im Gebiet Lugansk wurde zuvor über Attacken von Regierungstruppen auf Stellungen prorussischer Kräfte berichtet. Die Einheiten rückten mit schwerem Militärgerät auf die Siedlung Nowoajdar rund 60 Kilometer nördlich der Stadt Lugansk vor, sagte ein Führungsmitglied der Separatisten der Agentur Interfax. Eine unabhängige Bestätigung lag zunächst nicht vor.
Auch aus Slawjansk hatte es Berichte über vereinzelte Gefechte gegeben. Vom Stadtrand seien schweres Geschützfeuer und Maschinengewehrsalven zu hören gewesen, berichtete ein Reporter von AFP.
Die moskautreuen Kräfte wollen in der Befragung über eine Eigenständigkeit der selbst ernannten "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk mit insgesamt mehr als 6,5 Millionen Einwohner entscheiden lassen. Ein Ergebnis soll in der Nacht zum Montag mitgeteilt werden. Ein Anschluss an Russland nach dem Vorbild der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim ist zunächst nicht geplant.
Neben der Regierung in Kiew erkennen auch die EU, die USA und andere Staaten das Referendum nicht an. Sie setzen auf die für den 25. Mai geplante Präsidentenwahl zur Stabilisierung der Lage in der Ex-Sowjetrepublik.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP