"Erstaunliche Welle" Klar wittert Kalkül
02.03.2007, 12:28 UhrDas frühere RAF-Mitglied Christian Klar hat nach den massiven Reaktionen auf seine antikapitalistische Grußbotschaft die Medien als "Meinungsblockwarte" angegriffen. In einem von der Tageszeitung "junge welt" am Freitag vorab in Auszügen veröffentlichten Brief zeigte sich Klar zugleich überrascht über das große Echo auf seine Fundamentalkritik. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte, die neuerlichen aggressiven Äußerungen bestätigten die Forderungen nach weiterer Haft. Der Südwestrundfunk wies die Vorwürfe des Gefangenen zurück. Blockwarte waren Zuträger und Spitzel der Nationalsozialisten.
"Ich finde es verteidigenswert, dass auch ein Gefangener an einer öffentlichen politischen Diskussion von Menschen in Freiheit teilnehmen kann", zitierte die Zeitung aus dem Schreiben Klars. Er habe nicht mit so einer "erstaunlichen Welle" nach seiner Grußbotschaft an die linke Berliner Rosa-Luxemburg-Konferenz gerechnet. "Niemand von diesen Meinungsblockwarten fand es interessant, bis eben genau einen Tag vor der Vollzugsplanungskonferenz in der JVA Bruchsal", schrieb Klar. Dies sei "Kalkül", und "es ist außerdem verantwortungslose Vergiftung der Öffentlichkeit, für die es viel wichtiger wäre, die Plattform der Rosa-Luxemburg-Konferenz schätzen zu lernen".
Das ARD-Magazin "Report Mainz", durch dessen Berichterstattung der zuvor in der "jungen welt" veröffentlichte Klar-Brief einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, wies die Anschuldigung zurück: Angesichts des dreiwöchigen Sende-Turnus sei der Zeitpunkt der Veröffentlichung kurz vor der Entscheidung über Haftlockerungen Zufall, erklärte der SWR. Zudem habe die Redaktion sich um eine faire Bewertung des Briefs und seiner Konsequenzen bemüht.
Beckstein sagte dem Münchner "Merkur", die aggressive Sprachweise Klars bestätige ihn in seinen Vorbehalten. Der Innenminister hatte wie andere Politiker nach Bekanntwerden der Grußbotschaft für eine weitere Inhaftierung Klars plädiert.
Der seit fast einem Vierteljahrhundert inhaftierte 54-Jährige hatte in der Grußbotschaft im Januar eine "Niederlage der Pläne des Kapitals" propagiert. Daraufhin hatte der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) Hafterleichterungen abgelehnt. Auch der Druck aus der Politik auf Bundespräsident Horst Köhler hatte danach zugenommen, das Gnadengesuch Klars abzulehnen.
Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte Goll für seine Entscheidung scharf. "Herr Goll agiert rechtsstaatswidrig, wenn er sich frontal gegen die Meinungsfreiheit stellt", sagte Roth den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Kölnischen Rundschau". Der Minister mache sich zum "Stichwortgeber einer populistischen Kampagne gegen Gnadenerweise". Es bestehe bisher kein Grund zu der Annahme, dass von dem früheren RAF-Terroristen noch eine Gefahr ausgehe.
Das Ex-Mitglied der linksradikalen Rote Armee Fraktion (RAF) war wegen der Morde an Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer, Generalbundesanwalt Siegfried Buback und an dem Bankier Jürgen Ponto zu fünf Mal lebenslang verurteilt worden. Ohne Gnadenakt könnte er frühestens 2009 freikommen.
Quelle: ntv.de