Politik

Gefühlte und tatsächliche Kraft Klare Kante zur FDP

Nach dem Triumph der FDP bei der Hessen-Wahl geht die Union immer deutlicher auf Distanz zu ihrem eigentlichen "Wunschkoalitionspartner". "Das Profil der FDP ist schon etwas einseitig - personell und programmatisch", krittelt der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen, herum. Viel mehr als der gleichzeitige Ruf nach Steuersenkungen und Schuldenreduzierung sei von den Liberalen nämlich nicht zu vernehmen. Diese beiden Forderungen seien aber nicht miteinander vereinbar. "Das ist nicht gerade Ausdruck verantwortlicher Politik", sagte der CDU-Politiker der "Berliner Zeitung".

Der Fraktionsgeschäftsführer warnte die FDP vor Versuchen, angesichts ihres neuen Gewichts im Bundesrat die Koalition unter Druck zu setzen. "Wir sind nicht erpressbar. Und keiner kann es sich leisten, zu erpressen", sagte Röttgen. Die Forderungen der FDP nach Veränderungen am zweiten Konjunkturpaket seien der Versuch gewesen, Partikularinteressen vor die Interessen der Allgemeinheit zu stellen.

Trotz dieser heftigen Vorwürfe hielt Röttgen an der FDP als Wunsch-Koalitionspartner der Union fest. Die FDP sei "die Partei, mit der die CDU am stringentesten regieren könnte", sagte er der Zeitung.

Niebel pocht auf klare Worte

Über die "positiven Worte" der Union zu Schwarz-Gelb gleich nach der Hessen-Wahl hatte sich die FDP zwar erfreut gezeigt, pocht inzwischen aber immer mehr auf eine klare Koalitionsaussage zugunsten der Liberalen. "Wenn aber keine formale Koalitionsaussage folgt, bleibt bei uns der Eindruck, dass sich die Union eine Hintertür offen halten will", befürchtete FDP-Generalsekretär Dirk Niebel im "Rheinischen Merkur". Nach Eindruck des FDP-Generalsekretärs haben "es sich zu viele in der CDU/CSU in der Großen Koalition bequem eingerichtet".

Bundesregierung bleibt hart

Die FDP will größere Disziplin beim Schuldenmachen und eine stärkere Entlastung der Bürger. Niebel warnte die Union davor, das Ziel einer großen Steuerreform aufzugeben. "Durch das Schuldenmachen der Großen Koalition mag der Spielraum für eine Steuerreform enger geworden sein. Das ändert aber nichts daran, dass sie für uns als FDP ein zentraler Punkt bleibt." Die Bundesregierung allerdings weist das Begehren der Liberalen zurück und will ihr keine wesentlichen Änderungen am zweiten Konjunkturpaket zugestehen.

Drei Tage nach der Hessen-Wahl hatten sich Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle zu einem ausführlichen Meinungsaustausch getroffen. Die Unterredung habe in "konstruktiver Atmosphäre" stattgefunden, hieß es danach; über Themen und Inhalte sei Vertraulichkeit vereinbart worden. Das Treffen Merkels mit Westerwelle war seit längerem geplant. Es hatte nach den großen Zugewinnen der FDP in Hessen und dem Verlust der Koalitionsmehrheit im Bundesrat neue Brisanz bekommen.

Auf FDP nicht angewiesen

Das rot-grün regierte Bremen und das schwarz-grüne Hamburg haben im Grundsatz ihre Zustimmung signalisiert. Auch vom rot-roten Berlin wird ein Ja erwartet. Die Grünen verteidigten ihre geplante Zustimmung im Bundesrat; im Bundestag bleibt die Grünen-Fraktion bei ihrem bisherigen Nein zu den Regierungsplänen. Da das Paket der Koalition nicht aufzuhalten sei, sei es besser, ökologische Verbesserungen hineinzuverhandeln, als zuschauen zu müssen, wie die FDP Verschlechterungen durchsetze, sagte Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke. Damit ist eine Kooperation mit der FDP für die Koalition im Bundesrat rechnerisch wahrscheinlich nicht mehr nötig. Westerwelle sprach von einem "Umfallen" der Grünen. Sie hätten in Bremen und Hamburg der Bundesregierung ein Blankoscheck ausgestellt.

Nach den Worten des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, hat die FDP nach ihrem Wahlsieg in Hessen ihre künftigen Einflussmöglichkeiten im Bundesrat überschätzt: "Die gefühlte Kraft war stärker als die tatsächliche."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen