Politik

EU-Pläne könnten scheitern Klima in der Klemme

Die EU-Klimapläne geraten vor dem Hintergrund der aufziehenden Wirtschaftskrise in schwere Turbulenzen. Das Ziel der französischen Ratspräsidentschaft einer Einigung über Kernfragen noch in diesem Jahr geriet beim EU-Gipfel in Brüssel ins Wanken. Einige Staats- und Regierungschefs drohten mit einem Veto gegen die Pläne der Kommission. Kompromissvorschläge der Franzosen kamen erst gar nicht auf den Tisch, weil die Gräben noch zu tief sind. Italien, Polen und andere osteuropäische Länder wollen ihre Stromversorger und die Industrie vor zu harten Auflagen schützen. Kanzlerin Angela Merkel deutete bereits ein Entgegenkommen an.

In deutschen Regierungskreisen hieß es, man sei über das Vorpreschen von Polen und Italien nicht unglücklich. Die Pläne der EU-Kommission hätten für die deutsche Industrie zu schweren Belastungen vor allem im Wettbewerb mit Frankreich geführt.

Streit um Zertifikate-Handel

Kern des Streits ist die Reform des Handels mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten: Die EU-Kommission will, dass die Energieversorger ab 2013 sämtliche CO2-Zertifikate in einer Auktion von den Staaten kaufen müssen - bislang werden sie noch weitgehend kostenlos zugeteilt. Die übrige Industrie soll dann schrittweise bis 2020 ebenfalls zum vollständigen Kauf verpflichtet werden. Damit kämen auf die Industrie Milliarden-Kosten für die Zertifikate und steigende Strompreise zu. Denn die Versorger werden ihre Belastung durch die Zertifikate an die Kunden weiter geben. Während die Bundesregierung die Versteigerung für die Versorger unterstützt, will sie die Industrie weitgehend vom Kauf und auch von den zu erwartenden steigenden Strompreisen befreien.

Die Franzosen gelten als besondere Profiteure des Vorhabens: Da ihr Strom zu 90 Prozent aus Atomkraft produziert wird, muss ihr Versorger EDF keine CO2-Zertifikate kaufen. Entsprechend würden auch die Strompreise nicht so stark wie etwa in Deutschland steigen, was ihrer Industrie wiederum einen Wettbewerbsvorteil bieten würde.

Polen offenbar überlastet

In der Abschlusserklärung des Gipfels wird nun zwar weiter am ehrgeizigen Zeitplan festgehalten, bis Jahresende eine Einigung zwischen Parlament und Ministerrat über das Klimapaket zu erreichen. Aber die Gesetze müssten so umgesetzt werden, dass die spezifische Situation der Mitgliedsstaaten und der Wirtschaftszweige berücksichtigt wird. Außerdem soll ein zufriedenstellendes Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht werden.

Vorschlag aus Paris nicht angenommen

"Die Franzosen haben eine Klatsche bekommen", kommentierte ein deutscher Regierungsvertreter das Ergebnis. Ein von der Ratspräsidentschaft mit dem Parlament im Eildurchgang geschnürtes Paket werde es nun vermutlich nicht mehr geben. Es sei fraglich, ob bis Dezember eine Lösung gefunden werde, da man praktisch wieder bei Null anfange. Der tschechischen Präsidentschaft, die den Franzosen im ersten Halbjahr 2009 folgt, sei erst Recht keine Lösung zuzutrauen.

Für Polen geht es um Sein oder Nichtsein

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk wertete den Stillstand als Erfolg: "Wir haben echten Einfluss auf das Paket zurückgewonnen." Für die Wirtschaft seines Landes gehe es um Sein oder Nichtsein. "Die Reichen in Europa wollen das Klima schützen, aber die Armen machen sich Sorgen." Wenn der Klimaschutz schon ein Land wie Polen überfordere, wie sollten dann erst Entwicklungsländer dafür gewonnen werden, mahnte er.

Klimaschutz als Konjunkturprogramm

Kanzlerin Merkel unterstützte eine Verständigung bis Dezember. Dass die länderspezifischen Gegebenheiten berücksichtigt werden sollen, sei im Interesse der deutschen Industrie. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte in Berlin mit Blick auf die Osteuropäer, man habe die Pflicht zur Solidarität in der EU. Es müsse aber an der vollständigen Versteigerung von CO2-Rechten für die Versorger ab 2013 festgehalten werden. Der Umweltverband BUND warnte davor, der Finanzkrise das ganze Klimapaket zu opfern. "Klimaschutz kostet zwar Geld, zahlt sich aber aus", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiter. Klimaschutz sei das beste Konjunkturprogramm.

Quelle: ntv.de

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