Politik

Lehren aus Kopenhagen-Desaster Klimapolitik wird geändert

Die Verhandlungen in Kopenhagen dauerten bis tief in die Nacht hinein - ein Ergebnis gab es trotzdem nicht.

Die Verhandlungen in Kopenhagen dauerten bis tief in die Nacht hinein - ein Ergebnis gab es trotzdem nicht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach dem Scheitern der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen geht die Bundesregierung mit einer neuen Taktik in globale Klimaverhandlungen. Verbindliche nationale Reduktionsziele sollen demnach nicht mehr im Vordergrund stehen. Stattdessen sollen "von unten her Projekte starten, die messbare Erfolge bringen", sagt Umweltminister Röttgen.

Unmittelbar vor der Klimaschutzkonferenz auf dem Bonner Petersberg ändert die Bundesregierung ihre Taktik für die internationalen Verhandlungen. Auf der Anfang Mai beginnenden Tagung solle vor allem das Vertrauen zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern gestärkt werden, sagte Umweltminister Norbert Röttgen. Deshalb wird nach Angaben aus Regierungskreisen nicht erneut über verbindliche nationale Ziele zur Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen gesprochen werden.

"Time to pick up the pieces" - Zeit, die Trümmer aufzuräumen. Die Umweltorganisation Greenpeace nach dem Gipfel.

"Time to pick up the pieces" - Zeit, die Trümmer aufzuräumen. Die Umweltorganisation Greenpeace nach dem Gipfel.

(Foto: dpa)

Gleichzeitig betonten Röttgen und ein Sprecher der Bundesregierung aber, dass sich an dem Ziel der deutschen Klimaschutzpolitik nichts ändere. "Deutschland und Europa streben weiterhin ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen an", sagte der Umweltminister. "Das Erreichen verbindlicher Klima-Ziele und Maßnahmen bleibt alternativlos." Ein Regierungssprecher dementierte zudem mit Hinweis auf einen entsprechenden Bericht des "Spiegel", dass die Bundeskanzlerin von dem Ziel abrücke, die Obergrenze einer Zwei-Grad-Erdwärmung in einem internationalen Klimaschutzabkommen festschreiben zu wollen.

Es gehe "nicht darum, das Zwei-Grad-Ziel aufzugeben, sondern neue Wege zu finden, es zu erreichen", sagte Röttgen dazu. "Wir wollen auf dem Petersberg eine neue Ebene schaffen, um nicht nur auf CO2-Ziele von oben herab zuzuarbeiten, sondern von unten her Projekte zu starten, die messbare Erfolge bringen." Dazu gehörten Waldschutz und noch mehr konkrete Kooperationen beim Transfer umweltfreundlicher Technologien.

Weiteren Eklat verhindern

Hintergrund der taktischen Änderung und der bescheideneren Zielsetzung für die Bonner Konferenz sind die Lehren, die die Bundesregierung und die EU-Partner aus dem gescheiterten UN-Klimaschutzgipfel in Kopenhagen vergangenen Dezember gezogen haben. Damals hatten sich Staaten wie China oder Indien geweigert, verbindliche nationale Reduktionsziele für den Ausstoß von Treibhausgasen festzuschreiben. Die Bundesregierung sowie andere EU-Partner möchten nun unbedingt einen weiteren Eklat verhindern. Denn ansonsten drohten die internationalen Klimaverhandlungen für Jahre gestört zu werden, hieß es in Berliner Regierungskreisen.

Röttgen und Merkel arbeiten an einer neuen Verhandlungsstrategie.

Röttgen und Merkel arbeiten an einer neuen Verhandlungsstrategie.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mitte April hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel das Thema am Rande des Atom-Gipfels in Washington auch mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao und dem indischen Ministerpräsidenten Manmohan Singh angesprochen. Beide bekennen sich zwar dazu, verstärkt gegen den Ausstoß von Treibhausgasen vorgehen zu wollen, lehnen aber quantitative Festlegungen ihrer Länder weiter ab.

"Wir glauben, durch den informellen Charakter der Konferenz in Bonn zur Vertrauensbildung zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern beitragen zu können", sagte Röttgen. Der Umweltminister sieht die Konferenz dabei als wichtige Zwischenetappe auf dem Weg zu der Ende des Jahres geplanten nächsten großen UN-Klimakonferenz im mexikanischen Cancun. An der Konferenz auf dem Petersberg, die von Merkel sowie dem mexikanischen Präsidenten eröffnet wird, nehmen 45 Staaten teil, zumeist auf Ministerebene.

Klimasünder beäugen sich gegenseitig

Zu der neuen, bescheideneren Taktik hat nach Angaben aus Regierungskreisen auch die Erkenntnis aus Kopenhagen beigetragen, dass die großen Staaten wie USA, China und Indien nicht unbedingt von der Vorbildfunktion Europas beim Klimaschutz beeindruckt sind, sondern sich nur dann bewegen, wenn die anderen "Großen" dies ebenfalls tun. Die EU war vor Kopenhagen mit ehrgeizigen selbstgesetzten Zielen vorgeprescht, ihren Treibhausgas-Ausstoß bereits bis 2020 radikal zu reduzieren.

Die US-Regierung sieht jedoch zunehmend China als eigentlichen künftigen Konkurrenten. US-Präsident Barack Obama hat deshalb bereits mehrfach öffentlich gewarnt, der US-Kongress werde einem ambitionierten Klimaschutzabkommen nicht zustimmen, falls sich China nicht ebenfalls zur Minderung beim CO2-Ausstoß verpflichte. Anfang der 90er Jahre hatte der US-Kongress mit einer ähnlichen Begründung seine Zustimmung zu dem vom damaligen Präsidenten Bill Clinton unterzeichneten Kyoto-Vertrag verweigert.

Quelle: ntv.de, rts

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