Details im Kleingedruckten Kluft zur CDU
09.01.2004, 10:57 UhrDer Steuerstreit entzweit die Union – ungeachtet aller Beteuerungen von CSU und CDU, sich rasch auf ein gemeinsames Steuerkonzept einigen zu können. Während der CDU-Finanzexperte Friedrich Merz vehement auf einem radikalen Subventionsabbau besteht, betont Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser die Absicht der CSU, notwendige Reformen der Sozialsysteme künftig nicht mehr aus Steuermitteln zu finanzieren. Damit aber wäre das Herzog-Konzept der Unionsschwester zur Reform der Sozialsysteme gescheitert.
Dies war erst nach der CSU-Klausur von den Experten zu hören, die das "Konzept 21" ausgearbeitet hatten. Die ausführliche Fassung des CSU-Steuer-Modells geht offenbar weiter als die Kurzfassung, die den knapp 60 bayerischen Bundestagsabgeordneten bei ihrer Klausur in Wildbad Kreuth vorgelegen hatte.
Sowohl die CDU-Vorsitzende Angela Merkel als auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer verteidigten die Merz-Ideen als besser geeignet, einen radikalen Umbau des Steuerrechts zu erreichen. Meyer sagte im ZDF, das Merz-Konzept "halten wir eindeutig für überlegen".
Merz erneuerte seine Kritik: "Nur 13 von 69 Steuervergünstigungen zu streichen, wie die CSU es vorschlägt, wäre ein bloßes Herumdoktern an dem widersprüchlichen Wust von Vorschriften, aus denen unser heutiges Einkommensteuerrecht besteht", sagte er dem Kölner "Express". "Dieses System muss weg." Dennoch bewertete der Unions-Fraktionsvize die Chancen für eine Einigung mit der Schwesterpartei auf ein gemeinsames Konzept optimistisch.
Auch CSU-Vize Horst Seehofer glaubt, dass sich die Unions-Parteien bis zum Frühjahr auf gemeinsame Konzepte für eine Steuer- und eine Rentenreform verständigen werden. Das CDU-Konzept hält er allerdings für nicht finanzierbar. "Die Stoiber-Reform ist realer", sagte er der "Passauer Neuen Presse".
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) forderte die Union und ihre Ministerpräsidenten auf, sich auf ein Konzept zum Subventionsabbau zu einigen. Auf die Frage, ob er eine Einigung auf eine große Steuerreform für möglich halte, sagte Clement: "Ich glaube, dass wir Schritte noch erreichen können, insbesondere bei der Vereinfachung des Steuerrechts."
Absage an "Verschiebebahnhof"
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vertieft das Steuerkonzept der CSU die Kluft zwischen den Unionsparteien. In der bislang unter Verschluss gehaltenen Langfassung erteile die CSU dem "Verschiebebahnhof " zwischen Steuersystem und Sozialsystemen eine klare Absage. Sie strebe stattdessen eine "Entflechtung von Steuer- und Sozialversicherungssystemen" an. Dieser Punkt sei mit ausdrücklicher Billigung von CSU-Chef Edmund Stoiber detailliert festgelegt worden. Faltlhauser sagte dem Blatt: "Man sollte die Systeme stärker trennen. " Der bayerische Finanzminister räumte aber ein, dass diese Festlegung ein "schwieriger Punkt" für die weiteren Gespräche mit der CDU sei.
Merkel hat als wichtigstes Ziel die Vereinfachung des Steuersystems hervorgehoben und sich damit auf die Bundesregierung zubewegt. Nötig sei ein neues Einkommensteuerrecht, das den Menschen wieder das Gefühl der Gerechtigkeit gebe. Die Einfachheit und die Transparenz des von Merz vorgeschlagenen Steuersystems fasziniere die Menschen, so Merkel.
Die Bundesregierung signalisierte Gesprächsbereitschaft; allerdings solle die Union zunächst ein durchfinanziertes Konzept durch den Bundesrat bringen.
Die steuerpolitischen Vorstellungen beider Parteien liegen derzeit noch weit auseinander. Die CSU (siehe Hintergrund "Das Steuerkonzept der CSU) will bei einem linear-progressiven Tarifverlauf einen Eingangssteuersatz von 13 Prozent und einen Spitzensteuersatz von 39 Prozent. Insgesamt soll das Modell Steuerentlastungen von netto 15,7 Mrd. Euro bringen.
Dagegen sieht das vom stellvertretenden Unions-Fraktionschef Friedrich Merz erarbeitete CDU-Konzept ein Dreistufenmodell mit Steuersätzen von zwölf, 24 und 36 Prozent sowie ein Entlastungsvolumen von 24 Mrd. Euro vor.
Quelle: ntv.de