Politik

Neue Schulden noch in diesem Jahr Koalition verschiebt Entscheidung

Das dicke Ende kommt zum Schluss: Die Parteichefs Westerwelle, Merkel und Seehofer vertagen die Finanzfragen auf Mittwoch.

Das dicke Ende kommt zum Schluss: Die Parteichefs Westerwelle, Merkel und Seehofer vertagen die Finanzfragen auf Mittwoch.

(Foto: dpa)

Schwarz-Gelb setzt sich unter Druck: Innerhalb einer Woche wollen Union und FDP die Verhandlungen über ein Regierungsbündnis abschließen – bereits am 25. (FDP) und 26. (CDU) Oktober sollen Parteitage über den fertigen Koalitionsvertrag abstimmen. Dabei konnten auch die Parteichefs in den bislang noch strittigen Punkten Steuern und Finanzen noch keine Einigung erzielen. Bis Mittwoch wollen sie nun eine Lösung finden.

Die Generalsekretäre der drei Parteien - Ronald Pofalla (CDU), Dirk Niebel (FDP) und Alexander Dobrindt (CSU) - informierten nach Abschluss einer dreitägigen Koalitionsklausur über den Stand der Verhandlungen. Sie bekräftigten, dass es auf jeden Fall Steuersenkungen geben werde. Zeitpunkt und Umfang der Entlastungen würden aber erst am Ende der Koalitionsverhandlungen vereinbart. Die Frage, ob die Milliarden-Steuergeschenke auch auf Pump finanziert werden sollen, ließen sie offen. Offenbar haben die Spitzen der drei Parteien aber einen grundsätzlichen Finanz-Rahmen bereits abgesteckt.

Wulff attackiert Westerwelle

Streitlustig: Niedersachsens Ministerpräsident Wulff und FDP-Chef Westerwelle.

Streitlustig: Niedersachsens Ministerpräsident Wulff und FDP-Chef Westerwelle.

(Foto: AP)

Zuvor war es während der Verhandlungen zu einem Eklat gekommen: Am Samstag hatte CDU-Vize Christian Wulff das FDP-Steuerkonzept in der großen Verhandlungsrunde mit 27 Teilnehmern massiv abgekanzelt. Er bezeichnete die FDP-Forderungen als "realitätsfern" und als "Blindflug". Wulff verlangte eine solide Gegenfinanzierung und Sparvorschläge, um die geplanten Mehrausgaben zu kompensieren. Der Vorstoß war offensichtlich mit den anderen Ministerpräsidenten der Union abgestimmt, die ebenfalls neue Risiken für ihre Haushalte befürchten. FDP-Chef Guido Westerwelle drohte daraufhin zum zweiten Mal in den bislang 14-tägigen Verhandlungen mit einem Abbruch der Gespräche: Für die FDP seien Steuerentlastungen und eine Steuerreform Bedingungen für eine Koalition.

Nach dem Eklat um Wulff und Westerwelle stellte Kanzlerin Merkel mit Zustimmung aller Teilnehmer fest, dass es auf jeden Fall Steuerentlastungen geben werde. Die Stimmung bei den Gesprächen entspannte sich daraufhin wieder. CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich deshalb zuversichtlich: "Ich sehe das Gipfelkreuz und sehe den Weg bis dahin." FDP-Generalsekretär Niebel erklärte: "Heute können alle drei Parteien und die Bürger zu echten Wahlsiegern werden." FDP-Chef Guido Westerwelle verwahrte sich aber gegen Zeitdruck: "Es gibt eine einfache Regel: Gut Ding will Weile haben." Am Mittwoch soll erneut die große Verhandlungsrunde von CDU, CSU und FDP zusammen kommen.

Fortschritte, aber kein Ergebnis

Bei den Steuerentlastungen hat die Union ein Volumen von 20 Milliarden Euro angeboten. Die FDP strebt 35 Milliarden Euro an. Auch die Junge Union forderte von ihren Mutterparteien CDU und CSU einen einfacheren dreistufigen Steuertarif.

Die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Seehofer (CSU) und Westerwelle berieten zum Abschluss der dreitägigen Klausur am Sonntag noch einmal in kleiner Runde vor allem die Geldfrage. Dabei geht es nicht nur um milliardenschwere Steuerentlastungen und um einen neuen Steuertarif. Auch alle anderen finanzwirksamen Entscheidungen - etwa zu den Bildungsinvestitionen und den Ausgaben für die Gesundheit - hängen davon ab. Nach vierstündigen Beratungen sagte der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms: "Es gibt deutliche Fortschritte, aber wir sind noch nicht am Ziel." Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) sagte dagegen: "Wir sind große Schritte weitergekommen."

Neue Schulden noch dieses Jahr

Angesichts drohender Milliarden-Lasten für die Sozialkassen wird in den Koalitionsverhandlungen zudem ein weiterer Nachtragsetat für dieses Jahr mit neuen Schulden des Bundes geprüft. Es wäre der bereits dritte Nachtragsetat für dieses Jahr.

Auf gutem Weg? Ihre drei Generalsekretäre verkünden die bisherigen Ergebnisse.

Auf gutem Weg? Ihre drei Generalsekretäre verkünden die bisherigen Ergebnisse.

(Foto: dpa)

Überlegt wird offenbar, bereits jetzt feststehende Milliardenlasten des nächsten Jahres - etwa für die gesetzlichen Krankenkassen und die Bundesagentur für Arbeit - vorzuziehen. Dies wäre haushaltstechnisch allerdings problematisch. Auch deshalb gibt es in der Finanz-Arbeitsgruppe Widerstand gegen die Überlegungen.

Zuletzt gab es Prognosen, wonach die Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr dank einer etwas besseren Wirtschaftsentwicklung und weniger Ausgaben niedriger ausfallen könnte als die zuletzt veranschlagten 49,1 Milliarden Euro.

Der Streit über die Finanzierung des Gesundheitssystems ist zwischen Union und FDP ebenfalls weiter ungelöst. Allerdings sind sich alle Seiten offenbar näher gekommen und rechnen nun verschiedene Modelle durch. "Wir haben in vielen Schritten jetzt auch Gemeinsamkeiten gefunden", sagte die Unions-Verhandlungsführerin für Gesundheit, Ursula von der Leyen (CDU). FDP-Gesundheitsexperte Philipp Rösler hält wie CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer eine Einigung in dieser Woche für machbar.

Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP/rts

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