Rot-rot-grünes Gesetz Koch unterschreibt nicht
05.06.2008, 20:14 UhrDie Abschaffung der Studiengebühren in Hessen ist vorerst gestoppt. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kündigte völlig überraschend an, dass er das von SPD, Grünen und Linkspartei verabschiedete Gesetz zur Abschaffung der Uni-Maut nicht unterzeichnen wird. Zur Begründung sagte er vor dem Wiesbadener Landtag, das Gesetz weise in der verabschiedeten Form einen schweren Formfehler auf und sei verfassungswidrig.
Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) sagte später, am 17. Juni werde es eine Sondersitzung des Parlaments geben, in der die Fehler behoben werden sollen. Die Landesregierung werde gegen das entsprechende Gesetz formell Einspruch erheben. Dadurch werde eine dritte Lesung des Gesetzes möglich. Somit könnten die Studiengebühren doch noch vor der Sommerpause abgeschafft werden, wie von SPD, Grünen und Linken angekündigt.
Versteinerte Mienen bei SPD und Grünen
Mit versteinerten Mienen hatten die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti und andere führende Politiker der Landtagsmehrheit auf die Aussagen des CDU-Regierungschefs reagiert. Dann setzten hektische Beratungen zwischen den Abgeordnetenbänken ein. Wütend schritt Ypsilanti schließlich ans Rednerpult und warf Wissenschaftsministerin Silke Lautenschläger (CDU) vor, dem Parlament ihre juristischen Bedenken in der entscheidenden zweiten Lesung des Gesetzes verschwiegen zu haben.
Der Regierungschef konterte mit dem Hinweis: "Wir sind Berater, aber nicht Kindermädchen der Mehrheitsfraktionen." Grünen-Chef Tarek Al-Wazir berichtete, Koch habe in einer am Donnerstagabend kurzfristig einberufenen Sitzung des Ältestenrates zugegeben, dass der Regierung der Formfehler bereits vor der abschließenden Beratung am vergangenen Dienstag aufgefallen sei, sie die Fraktionen aber nicht darauf hingewiesen habe.
Erst am Mittag hatten die Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken mit Sekt auf die Abschaffung der Studiengebühren angestoßen und eine übergroße Torte angeschnitten, auf der - als Symbol für die verhasste Uni-Maut - ein durchgestrichener 500-Euro-Schein zu sehen war.
Entscheidende Passage aus Gesetz verschwunden
Al-Wazir sagte, in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes sei eine Formulierung enthalten gewesen, wonach die Studiengebühren letztmalig im Sommersemester 2008 erhoben werden. Durch einen Übertragungsfehler sei dieser Satz in der endgültigen Fassung des Gesetzes nicht mehr vorhanden gewesen. Wie der Sprecher des Wissenschaftsressorts, Ulrich Adolphs, erklärte, bestehen die Studiengebühren damit faktisch weiter fort. Da aber Rot-Rot-Grün die von der CDU-Landesregierung eingeführten Studiendarlehen abgeschafft habe, sei das Gesetz obendrein auch noch verfassungswidrig.
Die staatlichen Darlehen an sozial schwache Studenten wurden wegen einer Vorgabe der hessischen Verfassung eingeführt, wonach die Erhebung von Studiengebühren nur dann zulässig ist, wenn der Studierende wirtschaftlich dazu auch in der Lage ist.
Gegen den Willen der geschäftsführenden CDU-Landsregierung hatte die Parlamentsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken am Dienstagabend beschlossen, die 2007 eingeführten Studiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester wieder abzuschaffen. CDU und FDP stimmten dagegen. Hessen wäre damit das erste Bundesland, das nach der Einführung dieser Gebühren wieder auf deren Erhebung verzichtet.
Quelle: ntv.de