Politik

Zugang zu Bildung Köhler fordert Chancengleichheit

Bundespräsident Horst Köhler hat die ungleichen Zugangschancen zu guter Bildung in Deutschland als "beschämend" kritisiert. "Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass die schulische Entwicklung eines Kindes immer noch maßgeblich - und in den letzten Jahren sogar mit wachsender Tendenz - von seiner Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern bestimmt wird", appellierte Köhler bei der Eröffnung des Deutschen Historikertages in Dresden.

Gute Bildung sei für jeden und die gesamte Gesellschaft unendlich wichtig und die wichtigste Voraussetzung für Chancengerechtigkeit und sozialen Aufstieg. "Wir brauchen eine Gesellschaft, in der niemand ausgeschlossen wird, eine Gesellschaft mit vielen Treppen und offenen Türen", mahnte Köhler.

Die Ungleichheit in der Bildung sei "vielleicht sogar die ungerechteste" in Deutschland. Aktuelle Studien offenbarten "erschreckende Lücken in der historischen Bildung vor allem von jungen Menschen". Der Mangel an Wissen über die jüngste deutsche Geschichte sei "beunruhigend" und lasse "Schlimmes ahnen", was die Fähigkeit zur Beurteilung der Gegenwart und die staatsbürgerliche politische Orientierung betreffe. Wo das Wissen um die demokratischen Wurzeln der Gesellschaft fehle, "da haben Extremisten leichtes Spiel", warnte der Bundespräsident.

Eine der größten Herausforderungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt stelle zudem die Ungleichheit zwischen Arbeitslosen und Menschen mit Arbeitsplatz dar. Mit der Arbeitsmarktreform seien zwar "beachtliche Erfolge" erzielt worden. "Aber immer noch sind in unserem Land viel zu viele Menschen ohne Arbeit. Und damit dürfen wir uns nicht abfinden." Das Ziel, Vollbeschäftigung in Deutschland zu erreichen, sei möglich.

"Die Besten kehren Deutschland den Rücken"

Der Vorsitzende des Historikerverbandes, Peter Funke, beklagte die sich verschlechternde Grundausstattung an Universitäten. "Das ist nicht primär der Ruf nach mehr Geld, sondern die Besorgnis, dass die großen Geldflüsse fehlgeleitet werden." Die Förderprogramme reichten auf Dauer nicht aus, hochqualifiziertem wissenschaftlichem Nachwuchs langfristige Perspektiven zu geben. "Wie wenig ist uns die akademische Lehre und akademische Ausbildung wert", fragte er angesichts halber Stellen für Habilitierte. Unter diesen Bedingungen dürfe es nicht verwundern, wenn die Besten Deutschland den Rücken kehrten. "Es ist höchste Zeit, gegenzusteuern", mahnte er.

Vor der Eröffnung der Konferenz hatte der Bundesvorsitzende des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands, Peter Lautzas, gefordert, die Geschichte der DDR und der alten Bundesrepublik verstärkt unter einem gesamtdeutschen Blickwinkel zu sehen. "Die Zeit ist reif dafür."

Zum größten geisteswissenschaftlichen Kongress Europas werden bis zum Freitag rund 3000 Teilnehmern erwartet. Unter dem Titel "Ungleichheiten" sind rund 50 Sektionen vereint, die sich verstärkt wirtschafts- und sozialpolitischen Themen widmen. Gastland ist Tschechien.

Quelle: ntv.de

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