Politik

"Unmöglich, sie zu assimilieren" Kohl verteidigt Äußerung zu Türken

Helmut Kohl findet nicht, dass er sich etwas vorzuwerfen hat.

Helmut Kohl findet nicht, dass er sich etwas vorzuwerfen hat.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vor 30 Jahren hatte Helmut Kohl den Plan, "die Zahl der Türken um 50 Prozent zu reduzieren". Auch heute findet er daran nichts Anstößiges.

Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hat seine 30 Jahre alten Äußerungen zur Ausländerpolitik verteidigt. Seine Aussage, er wolle die Zahl der in Deutschland lebenden Türken halbieren, "war damals auch in Deutschland bereits Teil einer hinreichend und breit geführten Debatte zur Ausländerpolitik", heißt es in einer Erklärung Kohls.

"Spiegel Online" hatte zuvor unter Berufung auf britische Geheimprotokolle berichtet, Kohl habe kurz nach seiner Amtsübernahme im Jahr 1982 die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken nach Hause schicken wollen. In einem Gespräch mit der britischen Premierministerin Margaret Thatcher habe er gesagt, es sei unmöglich, die Türken in ihrer gegenwärtigen Zahl zu assimilieren.

Der Erklärung zufolge ist Kohls damalige Position in dem britischen Papier korrekt wiedergegeben. Ob er auch heute noch dazu steht, bleibt offen. "Herr Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl wird sich in der aktuellen Debatte nicht weiter äußern", erklärte sein Büro. Allerdings hatte Kohl den Ansatz von 1982 in seiner Politik später ohnehin nicht weiter verfolgt.

Zuwanderer reagierten auf die Enthüllungen gelassen. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte der "Berliner Zeitung": "Heute kann sich die politische Klasse so etwas nicht mehr leisten. Das ist ein Fortschritt." Der türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Memet Kilic (Grüne) erklärte: "Die Enthüllung von Helmut Kohls Gedanken mag neu sein, jedoch sind diese Gedanken seit Jahrzehnten die Linie der Unionsparteien."

Die Information stammt aus Papieren der britischen Regierung, deren Geheimhaltungsfrist nun abgelaufen ist. Bei dem Gespräch anwesend waren demnach nur Kohl, sein Berater Horst Teltschik, Margaret Thatcher und ihr Privatsekretär A.J. Coles, der Verfasser des Dokuments.

"Aus einer andersartigen Kultur"

Kohl wollte die Türken den Dokumenten zufolge im Oktober 1982 einfach nur loswerden. "Deutschland habe kein Problem mit den Portugiesen, den Italienern, selbst den Südostasiaten, weil diese Gemeinschaften sich gut integrierten", zitiert Protokollant Coles den Kanzler, der seit dem 1. Oktober 1982 im Amt war. "Aber die Türken kämen aus einer sehr andersartigen Kultur. Deutschland habe 11 Millionen Deutsche aus osteuropäischen Ländern integriert. Aber diese seien Europäer und stellten daher kein Problem dar."

Als Beispiele für das "Aufeinanderprallen zweier verschiedener Kulturen" nannte Kohl demnach Zwangsehen und Schwarzarbeit der Türken. Jeder zweite von ihnen müsse daher gehen, für die Bleibenden sieht der Kanzler spezielle Schulungen vor: "Diejenigen, die integriert werden, müssten Deutsch lernen", heißt es im Protokoll.

Die britische Regierung veröffentlichte am Donnerstag eine Reihe von Geheimdokumenten. Das Nationalarchiv machte sie öffentlich zugänglich, einige davon im Netz. Aufsehen erregte unter anderem eine vorbereitete Rede von Königin Elizabeth II. an das Volk für den Fall des Ausbruchs eines Dritten Weltkriegs. Auch die britische Reaktion auf die US-Invasion in Grenada und innenpolitische Details aus der Regierung Thatcher waren dabei von großem Interesse.

Quelle: ntv.de, dpa

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