Politik

Weil Jülich nicht mehr sicher ist Kommt deutscher Atommüll in die USA?

Offiziell wird Jülich als Forschungszentrum (FZ) geführt.

Offiziell wird Jülich als Forschungszentrum (FZ) geführt.

(Foto: dpa)

Hinter den Kulissen wird um eine Lösung für 152 Castor-Behälter mit Atommüll gerungen. Wegen fehlender Genehmigung müssen sie raus aus dem Zwischenlager Jülich. Eine Option ist, sie per Schiff in die USA zu bringen und dort zu entsorgen.

Deutschland hat ein akutes Atommüll-Problem. Dabei geht es um Rückstände aus dem Reaktor Jülich bei Aachen. Nun ist die Entsorgung im Herkunftsland des Kernbrennstoffes, den USA, die wahrscheinlichste Variante.

Seit Jahren wird um die Entsorgung von 288.161 tennisballgroßen Atomkugeln aus dem Forschungsreaktor Jülich bei Aachen gestritten. Am 2. Juli hat die nordrhein-westfälische Atomaufsicht verfügt, dass die Kugeln nicht mehr im Zwischenlager bleiben dürfen. Weil das Lager als nicht erdbebensicher gilt, müssen die in 152 Castor-Behältern lagernden Kugeln weg. Sie in die USA zu bringen wäre Neuland. Mit dem US-Energieministerium wurde im April eine Absichtserklärung zur Rücknahme der hochaktiven Brennelemente in die USA unterzeichnet.

Hierzulande wächst die Protestfront gegen die mögliche Atommüll-Fracht per Schiff aus Deutschland. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warnte die Bundesregierung wegen der möglichen Entsorgung der Atommüll-Behälter in den USA vor einem gravierenden Rechtsbruch. "Die Anordnung zur Räumung des Zwischenlagers ist ein unzulässiger und rechtswidriger Versuch, sich der Verantwortung für in Deutschland erzeugten Atommüll zu entledigen", sagte Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Das Atomgesetz verbiete dies eindeutig. "Eine nicht abgeschlossene Untersuchung zur Erdbebensicherheit des Zwischenlagers Jülich kann eine Verschiebung des Atommülls nicht rechtfertigen", betonte Smital.

Regierung hüllt sich in Schweigen

Eine Stellungnahme der Großen Koalition zur der Problematik gibt es noch nicht. Auch kann ein endgültiger Vertrag zur Rücknahme erst erfolgen, wenn an der Savannah River Site in South Carolina die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen worden sind. Dorthin sollen die Brennelemente transportiert werden. Die Anlage wurde in den 50er Jahren aufgebaut, um Atomwaffen zu produzieren. Laut "Spiegel" soll Deutschland bis zu 450 Millionen Euro für die Rücknahme bezahlen.

Der Versuchsreaktor in Jülich wurde von 1967 bis 1988 betrieben. Auf der Grundlage der Erkenntnisse wurde 1983 der Kugelhaufen-Reaktor Hamm-Uentrop gebaut - letztlich setzte sich diese Technik anders als Druck- und Siedewasserreaktoren nicht durch. Das Zwischenlager war nur bis zum 30. Juni 2013 genehmigt. Zunächst war eine Lagerung im Zwischenlager Ahaus geplant, bis sich die US-Option abzeichnete.

Greenpeace sieht ein viel zu großes Risiko bei einer Verschiffung. Zudem sei die Abgabe von Atommüll aus kommerziellen Leistungsreaktoren zur Aufarbeitung von bestrahlten Kernbrennstoffen verboten. Die Anlagen in Jülich seien von der Internationalen Atomenergiebehörde "als Leistungsreaktoren und nicht als Forschungsreaktoren benannt".

Es gibt auch in den USA zunehmenden politischen Widerstand. "Wir werden alle tot sein, und diese radioaktiven deutschen Hinterlassenschaften werden immer noch hier sein", warnt Senator Vincent Sheehen, der demokratische Kandidat für das Amt des Gouverneurs im Bundesstaat South Carolina.

Es ist das zweite Mal, das erwogen wird, in Nordrhein-Westfalen gelagerten Atommüll über die Option der Auslandsentsorgung loszuwerden: Der damalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen stoppte Ende 2010 einen Transport aus dem Zwischenlager Ahaus in das russische Majak. Die 951 Brennelemente, die ursprünglich aus einem DDR-Forschungsreaktor stammen, bleiben nun erst einmal in Ahaus.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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