200 Milliarden Euro für die EU Konjunkturpaket beschlossen
26.11.2008, 15:48 UhrEin Konjunkturprogramm in Höhe von 200 Milliarden Euro soll Europa aus der Wirtschaftskrise führen. Das von der Europäischen Kommission beschlossene Paket soll im Umfang von 170 Milliarden Euro von den Mitgliedstaaten finanziert werden. Ein kleinerer Teil von 30 Milliarden Euro soll aus dem EU-Haushalt und aus Krediten fließen.
Das Paket umfasst unter anderem Milliardenhilfen zum Bau umweltfreundlicher Autos und Vorschläge für Steuersenkungen zugunsten der Bürger. Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso hofft auf eine "deutliche Unterstützung" auf dem EU-Gipfel in gut zwei Wochen.
Streit um die Höhe der Hilfen
Die 200 Milliarden Euro entsprechen nach Barrosos Angaben 1,5 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wäre dagegen ein Prozent des BIP eine "vernünftige Zielmarke", wie sie in einem gemeinsamen Beitrag mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schrieb. Berlin ging bisher von 130 Milliarden Euro aus, 70 Milliarden Euro weniger. Die 200 Milliarden seien aber als Antwort auf die Wirtschaftskrise "realistischer", sagte Barroso.
Programme werden angerechnet
Das Paket sieht für 2009 und 2010 "gezielte und zeitlich beschränkte" Hilfen zur Ankurbelung des Wachstums, zur Schaffung von Jobs und für den Klimaschutz vor. Die Konjunkturprogramme der Mitgliedstaaten werden dabei angerechnet. "Was Deutschland angekündigt hat, ist ein wichtiger Bestandteil", sagte Barroso mit Blick auf das Wachstumspaket von 32 Milliarden Euro. Indirekt rief er die Bundesregierung aber zu einer Erhöhung der Mittel auf. "Die Lage erfordert eine größere Anstrengung der Mitgliedstaaten", sagte Barroso.
Hilfe für Hersteller "grüner Autos"
Fünf Milliarden Euro sind für die Herstellung spritsparender Autos vorgesehen. Der Großteil soll über Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) fließen. Die Autoindustrie hatte 40 Milliarden Euro gefordert. Auch kleine und mittlere Unternehmen sollen von einer stärkeren Kreditvergabe profitieren. Die milliardenschweren EU-Strukturgelder sollen verstärkt in technische Innovationen fließen. So soll bis 2015 jeder EU-Bürger Zugang zu einem Breitbandanschluss haben.
Aufruf zur Steuersenkung
Zugleich ruft die Kommission die Mitgliedstaaten zu Steuersenkungen auf, wie sie die Bundesregierung bisher ablehnt. Mit einer Absenkung der Mehrwertsteuer, wie sie Großbritannien angekündigt hat, könnte nach Ansicht Brüssels der Konsum angekurbelt werden. Daneben fordert die Kommission eine Senkung von Steuern und Sozialabgaben für Geringverdiener und eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, um die Folgen der Finanzkrise für die schwächsten Gesellschaftsschichten abzufedern. Dies bleibe jedoch den Mitgliedstaaten überlassen, sagte Barroso.
Stabilitätspakt wird gelockert
Im Gegenzug will die Kommission den Stabilitätspakt flexibel auslegen, der ein Defizit von maximal drei Prozent des BIP erlaubt. Die Mitgliedsländer sollen die Grenze 2009 und 2010 laut Finanzkommissar Joaqun Almunia ein Jahr lang um einige Prozentpunkte überschreiten dürfen. Davon könnte ab dem kommenden Jahr vor allem Frankreich profitieren. Der Stabilitätspakt werde aber nicht ausgesetzt, sagte Almunia. "Wenn wir den Pakt hinterfragen, wird es ernsthafte Probleme mit dem Euro geben", sagte er mit Blick auf Paris.
Geteiltes Echo
Nach Einschätzung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gehen die Kommissionsvorschläge "in die richtige Richtung". "Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage müssen wir alles tun, was Arbeitsplätze erhält oder neue schafft", erklärte er in Berlin.
Im Europaparlament, das über den EU-Haushalt mitentscheidet, stießen die Vorschläge auf ein geteiltes Echo. Während CSU-Abgeordnete Konjunkturprogramme als rein nationale Angelegenheit bezeichneten, forderte die Linke eine Aufstockung alleine der deutschen Mittel auf 100 Milliarden Euro.
Quelle: ntv.de