Ägypten vorgewarnt Kooperation mit Israel
30.12.2008, 18:53 UhrDie Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten, das einzige Tor der Palästinenser zur Welt, wurde seit Beginn der Kämpfe nur einen winzigen Spalt breit geöffnet, um 20 Schwerverletzte in ägyptische Krankenhäuser durchzulassen und Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern nach Gaza hinein. Am Dienstagabend schlossen plötzlich die Ägypter wieder die Tore und forderten die Lkw-Fahrer auf, sich so schnell und so weit wie möglich vom Grenzterminal zu entfernen. Gründe wurden nicht genannt, wie n-tv.de Korrespondent Ulrich W. Sahm aus Jerusalem berichtet. Wenig später bombardierten israelische Kampfflugzeuge erneut die Schmugglertunnel, von denen sich viele auch in der Nähe des ägyptischen Grenzübergangs befinden. So wurde der Hamas im Gazastreifen klar, dass Israel die Ägypter rechtzeitig vor den eigenen Angriffen warnt und in seine Einsatzpläne einweiht.
In den vergangenen Tagen waren nach Angaben der israelischen Armee bereits 40 solcher Tunnel zerstört worden. Sie dienen dem Transport von Waffen und Waren in den Gazastreifen und der Umgehung der israelischen Blockade.
Mubarak wartet auf Ende der Hamas
Kurz vor dem erneuten Raketenbeschuss hatte der ägyptische Präsident Hosni Mubarak in einer Rede in Kairo zusätzliche Irritation bei der Hamas in Gaza ausgelöst. Der Grenzübergang in Rafah werde erst regulär geöffnet, sobald der palästinensische Terminal wieder von Vertretern der Autonomiebehörde betrieben und von europäischen Polizeibeamten überwacht werde. Damit hat Mubarak mit der Hamas glasklar kundgetan, dass auch Ägypten ein Ende der Herrschaft der radikal-islamischen Organisation im Gazastreifen anstrebt - ähnlich wie Israel und die Autonomiebehörde in Ramallah.
An die Adresse der Hamas sagte Mubarak: "Wir haben euch immer wieder gewarnt, dass eine Aufkündigung des Waffenstillstandes Israel dazu bringen wird, das zu tun, was es jetzt tut." An seine Kritiker in der arabischen Welt gerichtet fuhr er fort: "Niemand soll versuchen, politisches Kapital (aus dem Blutbad im Gazastreifen) zu ziehen". Mubaraks Kritiker hatten ihn wegen seiner Haltung im Konflikt um den Gazastreifen als "Verräter" geschmäht. Allerdings forderte der ägyptische Präsident auch von Israel, seine "unfaire Aggression" im Gazastreifen zu beenden. Unterdessen äußerte sich am Abend ein Hamas-Sprecher öffentlich in Gaza und rief zum Umsturz des Mubarak-Regimes in Ägypten auf.
"Gegossenes Blei" geht weiter
Die israelische Armee dementierte inzwischen Berichte, denen zufolge sie Israels Regierung die Einhaltung einer 48-stündigen Waffenruhe im Gazastreifen empfohlen hat. Die am Samstag begonnene Operation "Gegossenes Blei" gehe planmäßig weiter, sagte eine israelische Armeesprecherin. "Es gibt keine Waffenruhe", sagte sie.
Sozialminister Isaac Herzog hatte eine Aussetzung der Luftangriffe auf den Gazastreifen in Aussicht gestellt, um Hilfslieferungen in das Gebiet zuzulassen. Voraussetzung sei aber, dass die Hamas das Feuer ebenfalls einstelle. "Wenn es ein Angebot für einen Waffenstillstand gibt, widerspricht das nicht unseren Vorbereitungen auf eine Militäroperation", sagte Herzog einem israelischen Armeeradiosender und bezog sich dabei auf die Möglichkeit einer Bodenoffensive im Gazastreifen.
Französischer Vorschlag über Feuerpause
Beim israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak war ein Vorschlag des französischen Außenministers Bernard Kouchner für eine zweitägige Feuerpause eingegangen, wie aus der israelischen Regierung verlautete. Barak werde am Abend mit Regierungschef Ehud Olmert und Außenministerin Zipi Livni darüber beraten. Am Abend beraten auch die EU-Außenminister beziehungsweise ihre Vertreter in Paris über die Lage im Nahen Osten. Zuvor hatte Armeesprecherin Avital Leiboviz gesagt, die Möglichkeit einer Bodenoffensive bestehe. "Die Bodentruppen sind bereit." Mehrere Länder, darunter auch Deutschland, bemühen sich um ein Ende der seit vier Tagen andauernden Kämpfe.
In London will sich das Nahost-Quartett (UNO, Russland, USA und EU ) mit dem Gaza-Konflikt befassen. Wie Diplomaten in London mitteilten, soll es eine Telefonkonferenz zwischen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und den Außenministern des Quartetts geben.
Hamas feuert weiter
Militante Palästinenser feuerten auch am späten Dienstag erneut Raketen auf Israel ab. Eine Rakete schlug nach Medienberichten im Bereich der Hafenstadt Aschdod und eine in Aschkelon ein. Zuvor waren mehrere Raketen in der Grenzstadt Sderot explodiert.
Quelle: ntv.de