Politik

Nach Protest-Aufruf gegen Putin Kreml-Kritiker Nawalny muss 30 Tage in Haft

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Nawalny nimmt die Festnahme ironisch.

(Foto: picture alliance / Alexander Zem)

"Russland ohne Putin"-Rufe, landesweite Proteste: Aufgerufen dazu hatte der Oppositionelle Nawalny. Er wird festgenommen, wie Dutzende seiner Anhänger ebenso. Nawalny nimmt es scheinbar gelassen.

Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny muss für 30 Tage ins Gefängnis. Ein Moskauer Gericht verurteilte den bekannten Oppositionellen, weil er zu landesweiten Protesten gegen Russlands Staatschef Wladimir Putin aufgerufen hatte. Bei den Demonstrationen in Moskau, Sankt Petersburg und anderen russischen Städten wurden auch mehr als 1500 seiner Anhänger festgenommen. Die USA und die EU forderten die sofortige Freilassung der Demonstranten.

Nawalny war noch vor Beginn der Demonstration in Moskau abgeführt worden. Am Montagabend wurde er einem Richter vorgeführt. Der 41-Jährige musste sich in dem Schnellverfahren unter anderem wegen Verstoßes gegen die Versammlungsregeln verantworten. "Urteil: 30 Tage Haft", schrieb seine Sprecherin später im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Verpasst Depeche-Mode-Konzert

Nawalny selbst kommentierte seine neuerliche Verurteilung mit einem ironischem Tweet: "Sie haben nicht nur das ganze Land bestohlen, wegen ihnen werde ich auch das Depeche-Mode-Konzert in Moskau verpassen", schrieb der bekannte Blogger mit Blick auf die russischen Behörden.

Neben Nawalny waren bei den nicht genehmigten Protestkundgebungen auch mehr als 1500 seiner Anhänger festgenommen worden, wie die der Opposition nahestehende Nichtregierungsorganisation OVD Info mitteilte. Allein in Moskau gab es demnach mehr als 820 Festnahmen. In Sankt Petersburg wurden schätzungsweise 600 Demonstranten inhaftiert, wie OVD Info mitteilte.

"Russland ohne Putin",

Die Demonstranten riefen "Russland ohne Putin", die Polizei ging mit Schlagstöcken gegen sie vor. Auch in Provinzstädten wie Wladiwostok, Norilsk, Kaliningrad und Sotschi gab es mehr als hundert Festnahmen. Im sibirischen Nowosibirsk gingen nach Berichten örtlicher Medien rund 3000 Menschen gegen Korruption und Behördenwillkür auf die Straße.

Das Weiße Haus reagierte auf die Massenfestnahmen mit scharfer Kritik. Der Sprecher von Präsident Donald Trump, Sean Spicer, rief die russischen Behörden auf, "alle friedlichen Demonstranten unverzüglich freizulassen". Die Bürger Russlands verdienten eine Regierung, die ihnen die Möglichkeit gebe, "ihre Rechte ohne Furcht oder Zwang auszuüben", fügte Spicer hinzu.

Präsidentschaftskandidat gegen Putin

Auch die EU und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilten die Festnahmen. Eine Sprecherin der EU forderte die russischen Behörden auf, die friedlichen Demonstranten umgehend freizulassen. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani äußerte sich "besorgt" über die Inhaftierung Nawalnys. Amnesty sprach von "alarmierenden Szenen" und kritisierte die Gewalt gegen Demonstranten.

Der 41-jährige Nawalny will im kommenden Jahr als Präsidentschaftskandidat antreten. Ende März hatte er die größten Proteste in Russland seit Jahren organisiert. Hunderte Menschen wurden festgenommen, darunter auch Nawalny selbst. In einem Schnellverfahren wurde er zu 15 Tagen Haft und einer Geldstrafe verurteilt.

Nawalny prangert seit Jahren Korruption in Russland an. Im März hatte er einen Film veröffentlicht, in dem Ministerpräsident Dmitri Medwedew vorgeworfen wird, ein riesiges Vermögen durch ein Netzwerk an Stiftungen zu kontrollieren. Nach längerem Schweigen wies Medwedew den Vorwurf als "Quatsch" zurück.

Anfang Februar war Nawalny in einem neu aufgerollten Prozess abermals zu fünf Jahren Haft auf Bewährung wegen Veruntreuung verurteilt. Er kündigte daraufhin an, trotzdem bei der für März 2018 geplanten Präsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Putin anzutreten.

Quelle: ntv.de, Anna Malpas und Germain Moyon, AFP

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