Politik

Offenbar Tausende Tote Krieg in Georgien

Der Krieg im Südkaukasus mit tausenden Toten und Verletzten hat sich ausgeweitet. Einen Tag nach der Eskalation der Kämpfe im abtrünnigen Südossetien bombardierte die russische Luftwaffe Ziele im georgischen Kernland. Außerdem wurden georgische Stellungen im ebenfalls nach Unabhängigkeit strebenden Abchasien am Schwarzen Meer angegriffen.

Der britische Verteidigungsminister Des Browne kündigte die Vermittlungsmission einer Delegation aus Vertretern von EU, USA und NATO an. Der russische Regierungschef Wladimir Putin, der überraschend von den Olympischen Spielen in Peking nach Nordossetien an die Grenze zur Konfliktregion reiste, warnte die NATO vor einer Aufnahme Georgiens.

Georgien begeht "Völkermord"

Putin nannte die russischen Militärschläge "begründet und juristisch legitim". Georgien habe mit seiner Militäroffensive in Südossetien einen "Völkermord" am ossetischen Volk begangen. Moskau sprach von "tausenden Toten" seit Ausbruch der Kämpfe, Georgien bestritt diese Zahl. Der georgische Präsident Michail Saakaschwili verhängte ein 15-tägiges Kriegsrecht. Zuvor hatten russische Streitkräfte laut Tifliser Medien schwere Zerstörungen in mehreren georgischen Städten angerichtet.

Offenbar tausende Opfer

Nach Angaben des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew kamen in Südossetien "tausende Menschen" ums Leben. Er begründete die russischen Militärschläge in einem Telefonat mit US-Präsident George W. Bush mit "barbarischen Handlungen" von Georgien. Im Weltsicherheitsrat in New York widersetzte sich Russland der internationalen Forderung nach einer Waffenruhe. Trotz eindringlicher Appelle aller anderen 14 Mitgliedsländer lehnte es der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin ab, eine entsprechende Erklärung mitzutragen. Die Verhandlungen werden fortgesetzt.

Abchasien schaltet sich ein

Die Führung in Abchasien bestätigte Luftangriffe im oberen Kodori-Tal, das von Georgien kontrolliert wird. Daran beteiligt seien abchasische, nicht russische Flugzeuge, hieß es. Im Südkaukasus mehrten sich Berichte, dass der Krieg zu einer humanitären Katastrophe geführt hat. In Südossetien und Georgien seien hunderte Gebäude in Schutt und Asche gelegt worden. Allein bei den Kämpfen um die südossetische Hauptstadt Zchinwali seien etwa 2000 Menschen getötet worden, meldete die Agentur Itar-Tass. "Zchinwali ist zerstört. Die Stadt existiert nicht mehr", sagte ein russischer Diplomat. Zehntausende Menschen aus Südossetien seien ins benachbarte Russland geflüchtet.

Derweil plant Moskau, einen Teil seiner Schwarzmeerflotte nach Abchasien zu entsenden. Die Kreuzer sollten zur Küstenstadt Oschamschira gebracht werden, "angeblich zum Schutz ihrer Zivilisten", sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Moskaus Vorwürfe gen Westen

Beobachter fürchten, dass sich der Krieg in Südossetien zu einem Flächenbrand ausbreiten könnte. Georgien kündigte den Abzug von 1000 eigenen Elitesoldaten aus dem Irak an. Der russische Außenminister Sergej Lawrow beschuldigte Georgien, mindestens 15 Friedenssoldaten in Südossetien getötet und Dutzende verletzt zu haben. Ohne die USA zu nennen, warf er dem Westen vor, Saakaschwili in den vergangenen Jahren bei der Militarisierung seines Landes unnötig unterstützt zu haben.

Putin bringt Geld mit

Putin kündigte in der nordossetischen Hauptstadt Wladikawkas bei einer Beratung mit Vertretern des Militärs und der Kommunalverwaltung an, Russland werde Südossetien als Soforthilfe zehn Milliarden Rubel (etwa 275 Millionen Euro) zur Verfügung stellen. Russland befinde sich nicht im Krieg mit dem georgischen Volk, betonte der Ministerpräsident. Viele Georgier und Russen verbinden familiäre und freundschaftliche Beziehungen, sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax.

Georgien bietet Feuerpause an

Militärs in Moskau bestätigten am Samstag den Abschuss von zwei russischen Kampfflugzeugen durch georgische Streitkräfte. Saakaschwili schlug am Mittag eine sofortige Feuerpause vor. Alle Konfliktparteien sollten die Kämpfe um Zchinwali einstellen und mit einer Entmilitarisierung beginnen, sagte der Präsident in Tiflis. "Wir bieten an, das Feuer sofort einzustellen." Das russische Außenministerium reagierte am Abend mit der Mitteilung, kein offizielles Angebot erhalten zu haben.

Balten verurteilen Russland

Die Präsidenten Polens, Litauens, Lettlands und Estlands verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung das Vorgehen russischer Streitkräfte gegen Georgien als "Überschreiten einer roten Linie". Die Staatsoberhäupter forderten NATO und EU auf, die Initiative zu ergreifen und sich der "imperialistischen und revisionistischen Politik im Osten Europas" zu widersetzen.

EU schaltet sich ein

Die Außenminister der Europäischen Union werden sich am kommenden Montag mit dem Konflikt in Südossetien befassen. Das sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt. Das Treffen der EU-Außenminister werde in Paris stattfinden. Polen hatte die französische EU-Ratspräsidentschaft aufgerufen, umgehend ein solches Treffen einzuberufen. "Es muss eine sehr starke Reaktion der EU geben", forderte Bildt.

Der Kaukasische Kreidekreis

Russland sieht sich als "Beschützer" Südossetiens. 90 Prozent der Einwohner dort haben russische Pässe. Südossetien verlangt nach dem Vorbild des Kosovos eine international anerkannte Unabhängigkeit, um sich anschließend freiwillig mit der russischen Teilrepublik Nordossetien zu vereinigen. Völkerrechtlich gehört die Bergregion zu Georgien, das seinen Anspruch nun mit militärischen Mitteln geltend macht.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen