Westen sucht nach richtigem Druckmittel Krim-Führung forciert Anschlusspläne
09.03.2014, 04:24 Uhr
Diese Frauen aus Sewastopol wollen die Krim in der Russischen Föderation sehen.
(Foto: dpa)
Die Warnungen der USA und der EU in Sachen Krim verpuffen bislang. Ermutigt durch Russland drücken die neuen Machthaber in Simferopol aufs Tempo. Große Geldversprechen sollen die Entscheidung beim Referendum zu Gunsten eines Anschlusses an Russland schmackhaft machen.
Eine Woche vor dem umstrittenen Krim-Referendum hat die politische Führung der Halbinsel einen schnellen Beitritt zur Russischen Föderation angekündigt. "Der Übergangsprozess in eine neue Rechtsprechung ist kompliziert. Aber wir gehen davon aus, dass alles noch im März gelingt", sagte der Vorsitzende des prorussischen Regionalparlaments, Wladimir Konstantinow, in Simferopol. Die EU und die USA haben Russland für den Fall einer Annexion der Krim weitere Sanktionen angedroht.
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Bei dem Referendum am 16. März sollen die Bewohner der Halbinsel entscheiden, ob die Krim sich der Russischen Föderation anschließt. Eine prorussische Mehrheit gilt als sicher. Die über Jahrhunderte russische Halbinsel gehört völkerrechtlich zur Ukraine, die das Vorgehen Moskaus für einen Bruch internationalen Rechts hält.
Der Kreml hat bereits angekündigt, die Schwarzmeer-Halbinsel eingliedern zu wollen. Konstantinow versprach den Staatsbediensteten auf der Krim, dass sich deren Einkommen in Zukunft im Schnitt vervierfachen werden.
Schulz empfiehlt Bestandsgarantie für russische Krim-Marine
Angesichts der kompromisslosen Haltung Russlands hat US-Präsident Barack Obama seine Krisendiplomatie intensiviert. Nach einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach er mit den politischen Führern Großbritanniens, Frankreichs und Italiens sowie mit den Präsidenten der drei baltischen Staaten. Nach Angaben des Weißen Hauses forderten alle Gesprächspartner übereinstimmend, dass Russland die Soldaten auf der Krim zurück in ihre Kasernen schicken solle. Gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande habe Obama auch über neue Sanktionen gegen Russland gesprochen, teilte der Élysée-Palast in Paris mit.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz schlug zur Entschärfung des Ukraine-Konflikts eine Bestandsgarantie für den russischen Flottenstützpunkt auf der Krim vor. Eine diplomatische Krisenlösung sei noch immer möglich und die Sicherung des Stützpunkts in Sewastopol ein Kernanliegen Russlands, sagte Schulz der "Bild am Sonntag". "Eine langfristige Bestandsgarantie für die russische Marine im Rahmen eines bindenden Vertrages zwischen Russland und der Ukraine könnte eine Lösung sein", argumentierte der SPD-Politiker. Die Verhandlungen müssten aber abgeschlossen werden, bevor die Krim-Bevölkerung am 16. März in einem Referendum über die Aufnahme der Halbinsel in die Russische Föderation abstimmen soll, sagte Schulz weiter: "Die nächsten Tage sind entscheidend."
Berlin arbeitet an "klugen Gegenmaßnahmen"
Die Bundesregierung will nach einem Medienbericht in den kommenden Tagen einen weiteren Versuch starten, um Russland durch erhöhten Druck in der Ukraine-Krise zum Einlenken zu bewegen. Berlin plane, "eine möglichst breit angelegte internationale Koalition zu mobilisieren", die sich gegen eine Eskalation der Lage stemme. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Bezug auf das Auswärtige Amt. Die Koalition solle die Europäische Union, die OSZE und den Europarat umfassen. Es gehe um die Vorbereitung von "klugen Gegenmaßnahmen, die Russland zeigen sollen, was auf dem Spiel steht".
Die USA und die EU hatten in dieser Woche erste Sanktionen gegen Russland beschlossen. Sollte Moskau im diplomatischen Konflikt um die Krim nicht einlenken, will die EU Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängen. Im Extremfall will Brüssel auch wirtschaftliche Sanktionen beschließen.
Dies trifft in Deutschland auf wenig Wohlwollen. Andere raten von derartigen Schritten ab. "Harte Wirtschaftssanktionen gegen Russland hätten nicht nur für die dortige Bevölkerung und Wirtschaft erhebliche Auswirkungen, sondern auch auf Unternehmen und Arbeitsplätze hierzulande", warnte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, in der "Bild am Sonntag". Linken-Chef Bernd Riexinger bezeichnete an gleicher Stelle jegliche Sanktionen als "so gefährlich wie sinnlos".
Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte den Westen zu einem "Dialog ohne Beschuldigungen" auf: "Wir sind zu partnerschaftlichen Gesprächen bereit - allerdings akzeptieren wir keine Versuche, uns als einen Beteiligten des Konflikts in der Ukraine hinzustellen", sagte er.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP