Politik

Anonym und geheim von zu Hause Kritische Stimme der Ex-Muslime

Ein Jahr nach Gründung des Zentralrats der Ex- Muslime in Köln hat die Vorsitzende Mina Ahadi eine vorsichtig positive Bilanz gezogen. "Wir sind jetzt eine Stimme in Deutschland", sagte die aus dem Iran stammende Menschenrechtlerin. "Wir haben uns bei Themen wie Kopftuch, Ehrenmord, Islamismus und Ausländerfeindlichkeit kritisch eingemischt und mit für Aufmerksamkeit gesorgt."

Zugleich schränkte die 51-Jährige ein: "Wir arbeiten noch immer wegen der schwierigen Sicherheitslage anonym und geheim von zuhause aus, und das ist für eine politisch effektive Arbeit manchmal schon sehr schwierig."

Im Februar 2007 hatte sich der Verein mit zunächst einigen Dutzend Mitstreitern gegründet, die sich öffentlich zur Abkehr vom muslimischen Glauben bekannt hatten. Nach Auffassung streng gläubiger Islam-Gelehrter steht auf diese Abkehr nach den Gesetzen der Religion die Todesstrafe. Inzwischen hat der Zentralrat der Ex-Muslime rund 400 Mitglieder.

"Wir haben eine Kampagne gegen das Kopftuch begonnen und fordern ein Kopftuch-Verbot für Mädchen an allen öffentlichen Schulen", betonte Ahadi. "Wir werden auch beim Thema Integration und Parallelgesellschaft immer häufiger gefragt." Aber: "Wir bekommen auch immer wieder Hassbriefe, unsere Arbeit bleibt gefährlich."

Zum Thema Moscheebau meinte die 51-Jährige: "Es gibt europaweit den Trend zu immer größeren Moscheen mit immer höheren Minaretten. Man muss aber sehen, dass Moscheen nicht nur Gebetshäuser sind, sondern dass im Hintergrund einflussreiche Organisationen stehen, denen es auch um politische Macht geht." Es bestehe die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche aus muslimischen Familien "radikalisiert" würden.

Für Mai plane der Zentralrat eine kritische Islamkonferenz. Auch das Thema Asyl für Ex-Muslime sei wichtig: "Wer sagt: "Ich bin Ex-Muslim" und dann in den Iran abgeschoben wird, muss dort zu 90 Prozent mit der Todesstrafe rechnen", sagte Ahadi, deren Ehemann im Iran hingerichtet worden war.

Die Ex-Muslime wehren sich gegen den Anspruch von Migranten-Organisationen, die sich Ahadi zufolge als Sprachrohr für alle rund drei Millionen Menschen mit muslimischem Hintergrund in Deutschland präsentieren. "Wir haben klargemacht, dass es in der muslimischen Bevölkerung aber sehr wohl unterschiedliche Meinungen und Strömungen gibt und auch sehr viele kritische Stimmen."

Seit gegen die 51-Jährige ein anonymer Mordaufruf veröffentlicht wurde, steht sie unter Polizeischutz. "Es hat sich etwas verbessert für mich, aber wenn ich an öffentlichen Veranstaltungen teilnehme, habe ich immer noch Polizeischutz."

Ihr Verein hofft auf Unterstützung von Seiten der Europäischen Union (EU). "Wir brauchen ein Büro, wir brauchen finanzielle Mittel und professionelle Mitarbeiter." Nachdem ihr Verein gute Kontakte zum EU-Parlament aufgebaut habe, setze sie nun auf Hilfe aus Straßburg, sagte Ahadi.

Gespräch: Yuriko Wahl, dpa

Quelle: ntv.de

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