"Schwere Belastung" Kubicki legt Wulff Rücktritt nahe
09.02.2012, 12:33 Uhr
Zahlungsbelege an Groenewold kann Wulff nicht vorlegen.
(Foto: dpa)
Christian Wulff kommt nicht zur Ruhe. Einem Medienbericht zufolge ist mindestens eine der Antworten des Bundespräsidenten auf die zahlreichen Journalistenanfragen falsch. Die Antwort beruhe "allein auf dem individuellen Kenntnisstand und nicht auf einer Aktenlage", so offenbar der Anwalt. Für den FDP-Politiker Kubicki ist das Maß voll.
Bundespräsident Christian Wulff steht seit Monaten unter Dauerbeschuss der Medien. Immer wieder tauchen Berichte auf, wonach Wulff als niedersächsischer Ministerpräsident Urlaubsreisen und andere Vergünstigungen von zumeist niedersächsischen Unternehmern angenommen haben soll. Wulff wehrt sich über seine Anwälte vehement gegen jeden neuen Vorwurf.
Zur Aufklärung der Vorwürfe in der sogenannten Kredit-Affäre hatten Wulffs Anwälte hunderte Antworten auf Fragen der Medien ins Internet gestellt. Jetzt hat die "Bild"-Zeitung herausgefunden, dass zumindest in einem Fall eine falsche Angabe gemacht wurde. Demnach habe Wulff mitteilen lassen, dass die Firma Cemag in Hameln keine Unterstützung des Landes erhalten habe. Tatsächlich erhielt der inzwischen insolvente Betrieb des Unternehmers Ali Memari Fard jedoch dem Bericht zufolge Subventionen und Landesbürgschaften in Millionenhöhe. Dies sei sogar bereits vom Landesrechnungshof gerügt worden.
Wulffs Anwalt Gernot Lehr sagte dazu der "Bild"-Zeitung, die schriftliche Antwort habe "allein auf dem individuellen Kenntnisstand und nicht auf einer Aktenlage" beruht. Sie sei inzwischen dahingehend "konkretisiert" worden, "dass Herrn Wulff von finanziellen Leistungen des Landes Niedersachsen an Herrn Fard und dessen Firma Cemag nichts bekannt ist". Das niedersächsische Wirtschaftsministerium sowie die Staatskanzlei teilten laut "Bild" mit, sie seien an den Antworten Wulffs nicht beteiligt gewesen. Sonst wäre die Antwort "sicher anders" ausgefallen, hieß es demnach aus dem Wirtschaftsministerium.
Darstellung ist "extrem unwahrscheinlich"

Für Kubicki ist das Maß des Erträglichen in der Affäre Wulff erreicht.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der FDP-Spitzenpolitiker Wolfgang Kubicki hatte Wulff im Sog der zahlreichen Affären schon frühzeitig "als dauerhaft geschädigt" angesehen und gemahnt, der Bundespräsident habe die Affären nicht mehr selbst in der Hand. Jetzt scheint für Kubicki das Maß voll zu sein, auch wegen der jüngsten Vorwürfe zu einer Sylt-Reise legt er ihm erstmals öffentlich den Rücktritt nahe. Es werde Zeit, "dass er eine Entscheidung trifft und die auch öffentlich macht", sagte der FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag. Zwar gelte für den Bundespräsidenten die Unschuldsvermutung. Allerdings könne er sich kaum vorstellen, dass Wulff im Herbst 2007 das Geld für seine Übernachtungskosten beim Auschecken aus dem Hotel tatsächlich dem Filmunternehmer David Groenewold in bar überreicht und die Nebenkosten mit der Kreditkarte bezahlt habe, sagte Kubicki dem SWR. Diese Darstellung von Wulffs Anwälten sei lebensfremd und "extrem unwahrscheinlich".
Die Erklärungen von Wulffs Anwalt hätten zu einer "schweren Belastung" der Glaubwürdigkeit und Wirkungsmöglichkeiten des Staatsoberhaupts geführt, beklagte Kubicki. Der "böse Schein", der im Fall Wulff entstanden sei, würde bei einem einfachen Ministerialbeamten mindestens zu einem Disziplinarverfahren führen.
Die Staatsanwaltschaft in Hannover prüft die jüngsten Vorwürfe zu Wulffs Hotelaufenthalt auf Sylt. Details daraus könnten Indizwirkung für den Verdacht auf eine Straftat haben, erklärte die Behörde. Wulffs Anwalt Gernot Lehr teilte dagegen mit, der damalige niedersächsische Ministerpräsident habe die Kosten eines gemeinsamen Wochenendes mit dem Filmfinanzier Groenewold auf der Nordseeinsel "in voller Höhe selbst bezahlt".
Keine Vertuschung, "nicht mal ansatzweise"
Laut "Bild" hat Groenewold den Aufenthalt gebucht und bezahlt. Nach Angaben der Zeitung soll Groenewold vor einigen Wochen zudem versucht haben, "den Vorgang zu vertuschen". Groenewold-Anwalt Christian-Oliver Moser sagte im Gespräch mit n-tv: "Es gab nicht mal ansatzweise den Versuch meines Mandanten, etwas zu vertuschen."
Groenewold hat nach "Bild"-Angaben für zwei Produktionsgesellschaften eine Millionen-Bürgschaft des Landes Niedersachsen erhalten. Nach früheren Berichten hat der Filmunternehmer auch 2008 beim Münchner Oktoberfest ein 400-Euro-Upgrade für eine Luxussuite im Fünf-Sterne-Hotel "Bayerischer Hof" für das Ehepaar Wulff bezahlt. Von der Übernahme der Kosten habe Wulff aber nichts gewusst, sagt Groenewolds Anwalt.
Quelle: ntv.de, rts/dpa