"Gebietet schon die Selbstachtung" Kubicki will nicht mit der SPD
21.09.2009, 13:14 Uhr
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Die FDP in Schleswig-Holstein schließt eine Zusammenarbeit mit der SPD kategorisch aus. Als Grund nennt FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki zum einen den schleswig-holsteinischen SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner, zum anderen programmatische Gründe: "Herr Stegner ist ein Politiker, der wie kein anderer bereit war, die Verfassung zu brechen, er kommuniziert dauernd öffentlich, die FDP sei eine Partei ohne Grundsätze. Mit einem solchen Menschen - das gebietet schon die Selbstachtung - ist es schwer möglich, Schnittmengen zu suchen." Zudem gebe es "fast keine Gemeinsamkeiten" zwischen den Programmen von SPD und FDP.
Jamaika kann Kubicki sich durchaus vorstellen. Die Grünen hätten erklärt, dass sie sich "eine Zusammenarbeit mit der FDP vorstellen, weil wir ja besser seien als unsere Bundespartei und Kubicki ein anderer Mensch als (FDP-Chef) Guido Westerwelle". Zudem würden "sowohl der schleswig-holsteinischen Grünen-Vorsitzende Robert Habeck als auch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen regelmäßig betonen, wie gut sie sich verstehen".

Hat keine Probleme mit der CDU: Kubicki zusammen mit Ministerpräsident Carstensen.
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n-tv.de: Im Juli sah es noch so aus, als sei ein Sieg für CDU und FDP in Schleswig-Holstein so gut wie sicher. Herrn Carstensen wurde ja auch unterstellt, er spekuliere im Schatten der Bundestagswahl auf ein besseres Wahlergebnis. Jetzt könnte es knapp werden für Schwarz-Gelb. Was hat die CDU falsch gemacht?
Wolfgang Kubicki: Zunächst hatten wir im Juli noch eine Große Koalition, eine Konstellation, die die Menschen in Schleswig-Holstein unter keinen Umständen mehr wollen, ebenso wenig wie sie wollen, dass eine Chaos-Combo aus SPD, Linken, Grünen und SSW Schleswig-Holstein regiert. Was die CDU falsch gemacht hat? Das müssen Sie die Union fragen, aber ich denke, in Schleswig-Holstein ist nach dem Koalitionsbruch nicht ganz deutlich geworden, dass wir es mit einer Großen Koalition zu tun hatten. Herrn Stegner ist es gelungen, den Eindruck zu erwecken, als habe die SPD nicht 21 Jahre regiert.
Was war das bestimmende Thema im Wahlkampf - und welches Thema hätten Sie gern als das bestimmende gesehen?

Umfragen sagen SPD und Union deutliche Verluste voraus.
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Das bestimmende Thema im Wahlkampf, soweit ich das wahrnehme, ist die Bildungssituation in diesem Land. Nach 21 Jahren SPD-Bildungspolitik müssen wir feststellen, dass es in keinem anderen Bundesland so sehr vom Einkommen der Eltern abhängt, welchen Bildungsabschluss ein junger Mensch erhält. Wir müssen feststellen, dass wir beim Bildungsmonitor auf die hinteren Plätze durchgereicht wurden: Im Vergleich zu anderen Bundesländern werden die jungen Menschen bei uns schlecht ausgebildet. Es gab eine Reihe von Schulreformen, aber die haben nur zu einem Etikettenwandel geführt. Die Schulen heißen jetzt anders, aber im Unterricht selbst hat sich nicht viel verändert. Das sorgt für erheblichen Unmut bei Schülern, Eltern, aber auch bei Lehrern, die mittlerweile eine Reformpause brauchen, damit sie sich mit den neuen Konstellationen zurechtfinden können.
Die FDP beansprucht das Bildungsministerium. Würde es in diesem Bereich gegebenenfalls Streit mit den Grünen geben?

Der Anwalt Kubicki könnte zum Königsmacher in Schleswig-Holstein werden.
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Ich wüsste nicht warum - bisher habe ich nicht festgestellt, dass sich die Grünen in der Bildungspolitik besonders profiliert hätten. Aber unabhängig davon: Wir kämpfen für eine starke FDP, für eine Mehrheit aus FDP und CDU. Wenn das nicht reicht, muss man sehen, was nach der Wahl passiert. Spekulationen machen jetzt wenig Sinn.
Sie haben eine Ampel ausgeschlossen ...
Wir haben auch ein Bündnis mit den Linken ausgeschlossen (lacht).
Aber was soll passieren, wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht? Eine Neuauflage der Großen Koalition wäre ja nicht in Ihrem Sinne.
Eine Neuauflage der Großen Koalition kann es nicht geben, weil es schwer zu vermitteln wäre, dass man vor einigen Monaten die Koalition beendet, um sie nach der Wahl fortzusetzen, vor allem mit den Akteuren Peter Harry Carstensen und Ralf Stegner. Ich halte das für undenkbar. Auch für die FDP gibt es keine Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit einer SPD unter Ralf Stegner. Da kann man viele Punkte nennen: Herr Stegner ist ein Politiker, der wie kein anderer bereit war, die Verfassung zu brechen, er kommuniziert dauernd öffentlich, die FDP sei eine Partei ohne Grundsätze. Mit einem solchen Menschen - das gebietet schon die Selbstachtung - ist es schwer möglich, Schnittmengen zu suchen. Es tritt aber hinzu, dass unter der Führung von Ralf Stegner die schleswig-holsteinische SPD, die traditionell links ist, noch linker geworden ist, so dass es fast keine Gemeinsamkeiten mehr bei den Programmen von SPD und FDP mehr gibt. Man sollte die Kompromissfähigkeit von Parteien nicht überstrapazieren, das würde der Glaubwürdigkeit von Politik insgesamt nicht gut tun. Also: Mit der SPD, wie sie sich gegenwärtig präsentiert in Schleswig-Holstein, gibt es keine Zusammenarbeit.
Dann zu den anderen Möglichkeiten: Welche Variante wäre, wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht, wahrscheinlicher - Jamaika oder ein Bündnis aus CDU, FDP und Südschleswigschem Wählerverband?
Angesichts der Tatsache, dass die Grünen in Schleswig-Holstein erklärt haben, sie könnten sich eine Zusammenarbeit mit der FDP vorstellen, weil wir ja besser seien als unsere Bundespartei und Kubicki ein anderer Mensch als Guido Westerwelle, und angesichts der Tatsache, dass sowohl der schleswig-holsteinischen Grünen-Vorsitzende Robert Habeck als auch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen regelmäßig betonen, wie gut sie sich verstehen, geht meine Vermutung in die Richtung, dass wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht - was ich noch nicht sehe! - die Grünen bereit stünden, eine Jamaika-Koalition zu bilden.
Sie haben es angesprochen: Ministerpräsident Carstensen betont gern, dass er mit den Grünen "sehr gut reden" könne. Ärgern Sie sich über solche Signale?
Nein, überhaupt nicht, ich freue mich über jeden Menschen, mit dem Herr Carstensen gut reden kann, davon gibt es eine ganze Reihe. Wir können auch gut miteinander reden, wir haben seit mehreren Jahren ein nahezu freundschaftliches Verhältnis. Daran hat auch die Große Koalition nicht sehr viel geändert. Aber da wir beide nun aus Schleswig-Holstein kommen und im Norden verankert sind, ist es eben so, dass man eine klare Sprache pflegt. Die kann man umso klarer pflegen, je unverkrampfter das persönliche Verhältnis ist.
Über die Bildungspolitik haben wir schon gesprochen. Was sind Ihre weiteren Bedingungen für einen Eintritt in eine Koalition?
Vor der Wahl Bedingungen zu stellen, finde ich ein bisschen kindisch, weil es die Möglichkeit, sich nach der Wahl auf eine gemeinsame Linie zu einigen, schon erschwert. Aber es ist klar, dass wir in Schleswig-Holstein eine exorbitant gute Wachstumspolitik benötigen, denn wir können den maroden Haushalt nicht nur über Einsparungen sanieren, wir brauchen dringend verstärkte Einnahmen, und die bekommen wir nur, wenn die Wirtschaftskraft unseres Landes drastisch gesteigert wird. Wir müssen bisherige Regelungen der Landesplanung verändern und in bestimmten Bereichen die Anforderungen der Denkmalschutzbehörde zurückschrauben. Es gibt in Schleswig-Holstein in vielen Orten Investitionsvorhaben, die entweder durch die Landesplanung oder durch den Denkmalschutz verhindert werden. Wir bräuchten das Konjunkturprogramm der Bundesregierung gar nicht, weil wir Eigeninvestitionen auflegen könnten, wenn man diese bürokratischen Hemmnisse beseitigen würde.
Mit Wolfgang Kubicki sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de