Politik

Steuerpläne sind "Mogelpackung" Länder ziehen nicht mit

Seehofer, Merkel, Rösler wischen die Kritik weg: Die Länder werden am Ende zustimmen.

Seehofer, Merkel, Rösler wischen die Kritik weg: Die Länder werden am Ende zustimmen.

(Foto: dpa)

Die Koalitionsspitzen müssen um die Umsetzung ihres Beschlusses zur steuerlichen Entlastung der Bürger im Wahljahr 2013 bangen. Zahlreiche Ministerpräsidenten der Union melden Widerstand gegen das Vorhaben an, und auch von der Opposition kommt massive Kritik.

Die schwarz-gelbe Koalition muss sich bei ihren Steuersenkungsplänen auf eine breite Abwehrfront der Länder einstellen. Ministerpräsidenten aller Parteien erteilten den Entlastungsplänen eine Absage. Kritik kommt auch vom Industrieverband BDI, die Opposition sprach von einer Mogelpackung.

Ungeachtet dessen zeigte sich die Bundesregierung zuversichtlich, dass sich die Länder den geplanten Entlastungen der kleinen und mittleren Einkommen am Ende nicht verweigern werden. FDP-Chef Philipp Rösler kündigte an, der Gesetzentwurf mit dem genauen Volumen der Entlastungen werde im Herbst von den Fachpolitikern der Koalitionsfraktionen erarbeitet und solle noch vor der Verabschiedung des neuen Haushalts im November vorliegen.

Ministerpräsidenten zerpflücken Steuerpläne

Bei der CDU-Präsidiumssitzung war Parteichefin und Kanzlerin Merkel nicht anwesend.

Bei der CDU-Präsidiumssitzung war Parteichefin und Kanzlerin Merkel nicht anwesend.

(Foto: dpa)

In der Präsidiumssitzung der CDU ließen die Ministerpräsidenten in Anwesenheit von Kanzlerin Angela Merkel teils kein gutes Haar an den Plänen. Die Konsolidierungsländer könnten sich dies nicht leisten, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen. Sein saarländischer Amtskollege Peter Müller sagte am Rande der Sitzung unter Verweis auf die Vorgaben der Schuldenbremse: "Wir haben keinerlei Spielräume, Mehreinnahmen einzusetzen, um Steuerentlastungen zu finanzieren." Steuersenkungen seien nur denkbar, wenn sie nicht zulasten der Länder gingen. Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht sagte der "Stuttgarter Zeitung", sie verstehe nicht, warum sich die Bundesregierung an solchen Fronten verkämpfe. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte im MDR, es gebe in absehbarer Zeit keine Spielräume für Steuersenkungen.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bestätigte, dass die Länder die Präsidiumssitzung genutzt hätten, um ihre Bedenken vorzutragen. Sie sähen nur kleine oder gar keine Spielräume. Alle hätten aber ebenso wie Finanzminister Wolfgang Schäuble betont, dass die kalte Progression angegangen werden müsse. Diese führt dazu, dass Gehaltserhöhungen gerade im unteren Bereich durch die steigende Steuerlast zum Großteil wieder aufgezehrt werden.

Die Parteichefs hatten beschlossen, zum 1.1.2013 für allgemeine steuerliche Entlastungen zu sorgen, die kalte Progression zu bekämpfen und zugleich die Sozialbeiträge zu senken. Auf den schriftlichen Beschluss hatte nach Angaben aus der Koalition die FDP gedrungen. Für die im Umfragetief steckende Partei ist die Steuerentlastung ein Kernprojekt.

Neue Wachstumsprognose als Grundlage

Grundlage für die Entscheidung über den Umfang der Entlastungen werde die neue Wachstumsprognose der Regierung im Oktober sein, sagte Rösler. Die Spielräume ergäben sich daraus, wie sich die Erwartungen dann zur jetzigen Prognose verändert hätten. "Die Wachstumszahlen werden - denke ich - deutlich besser sein als wir sie heute noch für 2012 prognostizieren", sagte der Wirtschaftsminister voraus.

Rösler zeigte sich zugleich überzeugt, dass sich die Länder am Ende nicht verweigern werden. "Ich bin mal sehr gespannt, wenn die Koalition ein gutes Modell vorlegen wird, welche Gegenargumente die Länder jenseits der reinen Finanzierung dann haben." Auch Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Koalition sei guter Dinge, dass sich Sinn und Zweck des Vorhabens einer Mehrheit der Länderchefs vermitteln lasse. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer mahnte die anderen Länder, wer die Schuldenbremse über alles stelle, lasse de facto bis Ende des Jahrzehnts keine Steuererleichterungen zu. Die Entlastung müsse spürbar sein, forderte der CSU-Vorsitzende.

Rösler gibt sich betont optimistisch.

Rösler gibt sich betont optimistisch.

(Foto: dapd)

Die FDP wies zugleich Forderungen von Unions-Fraktionschef Volker Kauder zurück, im Gegenzug zur Umsetzung ihrer Steuerforderungen müsse sie die Vorratsdatenspeicherung zur Verbrechensbekämpfung mittragen.

SPD fordert Standhaftigkeit von Schäuble

Kritik an dem Vorhaben kam auch aus der Koalition selbst. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Norbert Barthle, sagte "Handelsblatt", finanzielle Spielräume sehe er ohne Gegenfinanzierung nicht. Der Chef der Arbeitnehmergruppe der Unions-Fraktion, Peter Weiß, warnte im "Tagesspiegel" vor zu hohen Erwartungen an eine Senkung der Sozialbeiträge. Möglich seien diese vorerst nur in der Rentenversicherung.

Poß: Die Pläne sind so substanzlos wie die Koalition an sich.

Poß: Die Pläne sind so substanzlos wie die Koalition an sich.

(Foto: picture alliance / dpa)

Widerstand kam auch von der Opposition. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprach in der ARD von einem "Trittleiterchen", mit dem Rösler und der FDP 2013 über die Fünf-Prozent-Hürde geholfen werden solle. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß nannte die Pläne eine "offenkundige Mogelpackung". "Da wird zu Beginn der Sommerpause eine Ankündigung gemacht, um Handlungsfähigkeit vorzutäuschen. Da wird der Weihnachtsmann auf den Weg gebracht, allerdings mit einem inhaltslosen Geschenk", sagte Poß bei n-tv. Er rief Schäuble auf, nicht klein beizugeben. Ansonsten werde er zu einer "geduldeten Randfigur" der Koalition.

Schäuble hat in seiner Haushaltsplanung Steuerleichterungen bislang nicht eingeplant. Stattdessen verweist er in den Vorlagen auf zahlreiche andere Risiken im Haushalt. Ein Sprecher sagte, er gehe davon aus, dass die mittelfristige Finanzplanung, "so wie sie ist, Bestand hat".

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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