Viele freie Stellen Lehrlinge gesucht
21.07.2008, 16:45 UhrJugendliche in Deutschland haben nach Einschätzung der Wirtschaft so gute Chancen auf eine Lehrstelle wie seit Jahren nicht mehr. Für das neue Ausbildungsjahr gebe es noch tausende unbesetzte Lehrstellen in den Firmen. "Es sind so viele Plätze frei wie schon lange nicht mehr. Unternehmen suchen oft händeringend Auszubildende - nahezu bundesweit und in fast allen Branchen", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, der "Bild"-Zeitung. Gesucht würden vor allem Lehrlinge in den Branchen Einzelhandel, Gastronomie, Metall und Informationstechnik. In den meisten Berufen beginnt das neue Lehrjahr zum 1. September.
Die SPD erinnerte an die 50.000 bis 80.000 Schüler, die jedes Jahr die Schule ohne Abschluss verlassen. Die Gesellschaft dürfe nicht hinnehmen, dass immer mehr junge Leute nicht die nötige Qualifikation für eine Ausbildung hätten. Jeder müsse das Recht auf eine zweite Chance haben, sagte Heil. Neben dem Staat sei auch die Wirtschaft gefragt, um die Bildungschancen von Jugendlichen zu verbessern.
Für Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt sorgen sinkende Schülerzahlen. In diesem Jahr werden nach Angaben des Bundes über 30.000 weniger Schüler die Schulen verlassen. In Ostdeutschland wird sich die Zahl bis 2013 gegenüber 2000 etwa halbieren. Als unverändert problematisch gilt die Lage von Altbewerbern, die seit langem in Förderprojekten Warteschleifen drehen. Im vergangenen Jahr waren rund 385.000 Jugendliche bereits länger als zwölf Monate von der Schule, ohne dass sie in dieser Zeit eine Lehrstelle fanden. Insgesamt begannen 2007 rund 626.000 Jugendliche eine Lehre.
Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ingrid Sehrbrock, forderte ein Umdenken der Wirtschaft. "Die Unternehmen sollten auch Jugendliche in den Blick nehmen, die vielleicht nicht die Spitzen-Zeugnisse, dafür aber auch andere Fähigkeiten mitbringen." Auch die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Nele Hirsch, sieht keine Entwarnung auf dem Ausbildungsmarkt. "Fast 400.000 Jugendliche suchen seit mehr als einem Jahr nach einem Ausbildungsplatz. In ihren Ohren muss es wie Hohn klingen, wenn die Arbeitgeber plötzlich über fehlende Bewerbungen klagen", sagte Hirsch.
Betriebe, die keine Lehrstellen anbieten, will die Regierung mit dem neuen Ausbildungsbonus ködern. Pro Azubi kann eine Firma eine Prämie von 4000 bis 6000 Euro bekommen. So sollen bis zu 100.000 Altbewerber eine Lehrstelle erhalten.
Allein in Berlin gibt es laut Industrie- und Handelskammer derzeit in 106 Berufen mehr als 1500 freie Lehrstellen. "Das sind 35 Prozent mehr als im Vorjahr", sagte IHK-Sprecher Holger Lunau. Gute Allgemeinbildung und Computerkenntnisse seien Voraussetzung. Ein Sprecher der Berliner Handwerkskammer sagte: "Ein gewisses Maß an Freundlichkeit und Kundenorientierung ist notwendig." Bei vielen Jugendlichen mangele es zudem an Pünktlichkeit und Motivation.
Quelle: ntv.de