Politik

Syrien beherrscht G20-Gipfel Leise Hoffnung aus dem Zarenpalast

Schon der Tagungsort ist ein Symbol: Präsident Obama und der russische Präsident Putin werden im prachtvollen  Konstantinpalast aufeinandertreffen.

Schon der Tagungsort ist ein Symbol: Präsident Obama und der russische Präsident Putin werden im prachtvollen Konstantinpalast aufeinandertreffen.

(Foto: dpa)

Gelingt in St. Petersburg doch noch der Durchbruch in der Syrien-Krise? Diplomaten zeigen sich hoffnungsvoll, dass sich die zerstrittenen Präsidenten aus Russland und den USA doch einen Ruck geben und einen gemeinsamen Spaziergang wagen. Derweil wirft die SPD der Bundesregierung außenpolitische Fehler in der Syrien-Krise vor.

Ungeachtet des zuletzt harten Schlagabtausches der USA und Russlands gibt es beim G20-Gipfel noch Hoffnung auf eine politische Lösung für die Syrien-Krise. Diplomaten wollten nicht ausschließen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin und sein US-Kollege Barack Obama in einem persönlichen Gespräch über ihren Schatten springen könnten, um einen Weg aus dem Bürgerkrieg zu weisen.  Der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes schloss nicht aus, das sich die zu einem informellen Gespräch treffen. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte vor dem zweitägigen Treffen klar, auch die kleinste Chance zu nutzen wollen.

Offiziell steht das Thema Syrien aber nicht auf auf der Tagesordnung des Treffens, zu dem die Staats- und Regierungschefs der weltweit wichtigsten Volkswirtschaften (G20) nach St. Petersburg reisten. Die eigentlichen Themen sind Wirtschaftsfragen: aktive Wachstumspolitik, schärfere Kontrolle der globalen Finanzwirtschaft, Kampf gegen Steueroasen.

Dennoch will Obama intensiv für seine Pläne eines Syrien-Angriffes werben. Zwar stärkte ihm der US-Kongress den Rücken, international haben sich bisher nur wenige Verbündete nach vorne gewagt - Frankreich, Australien und die Türkei zum Beispiel.

Putin mit Rückendeckung
Wer sind die G20?

Zur Gruppe der G20 gehören die 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie die Europäische Union. Die Gruppe steht für zwei Drittel der Weltbevölkerung, rund 90 Prozent der globalen Wirtschaftskraft und vier Fünftel des weltweiten Handels.

Neben den G8-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland und USA gehören zudem Argentinien, Australien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea und die Türkei dazu.

An G20-Gipfeln nehmen auch Organisationen wie die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Vereinten Nationen teil.

Als Gastgeber kann sich Putin durchaus im Kreis der G20 auf eine Mehrheit gegen die Obama-Pläne verlassen. Dennoch dürfte der russische Präsident bemüht sein, mit Konferenzbeginn einen diplomatischen Ton anzuschlagen. Kurz vor dem Gipfel hatte er Beweise der USA für einen Giftgas-Angriff des syrischen Regimes als Unsinn abgetan.

Helfend am Verhandlungstisch wirken kann der Syrienbeauftragte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, der unerwartet nach St. Petersburg reiste. Brahimi versuche, beim Zustandekommen der von den USA und Russland geplanten Syrienkonferenz in Genf helfen, twitterte ein UN-Sprecher.

Bundeskanzlerin Merkel traf am Nachmittag in St. Petersburg ein. "Selbst wenn es nahezu keine Hoffnung gibt, muss man es immer wieder versuchen, so verstehe ich jedenfalls meine Aufgabe", hatte sie noch am Mittwochabend bei einem Wahlkampftermin in Gießen gesagt.

SPD übt Kritik an deutscher Syrienpolitik

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Bundesregierung derweil in einem Gastbeitrag für den "Spiegel" Tatenlosigkeit in der Syrien-Krise vor. Deutschland sei gefragt, die USA und Russland "an einen Tisch" und den UN-Sicherheitsrat "wieder ins Spiel" zu bringen.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte bereits vor einigen Tagen gefordert, Deutschland müsse vor allem seinen Einfluss auf Russland stärker als bisher nutzen, um eine politische Lösung herbeizuführen. Dabei habe Deutschland in der Vergangenheit wichtiges Kapital verspielt: Es räche sich nun, so Steinbrück, dass man etwa in der Frage der Beutekunst auf Eskalation statt auf Kooperation gesetzt habe. Dadurch habe Berlin in Moskau Möglichkeiten der Einflussnahme verloren.

Außenminister Guido Westerwelle kündigte im "Tagesspiegel" an: "Leisetreterei wird Präsident Wladimir Putin sicher nicht beeindrucken und schon gar nicht seine Haltung in der Syrien-Frage beeinflussen", sagte er im Tagesspiegel.

China sorgt sich um Weltkonjunktur

Auch aus Angst, die Weltwirtschaft könne Schaden nehmen, lehnte China noch einmal ein US-Eingreifen in Syrien ab. Das Wirtschaftswachstum sei ohnehin schon schwach. Die Verunsicherung von Anlegern durch einen Militärschlag könnte zu weiterem Schaden führen. Ein Strafaktion hätte "definitiv negative Auswirkungen" und könnte zum Beispiel einen Anstieg der Ölpreise auslösen, sagte der Sprecher der chinesischen Delegation, Vizefinanzminister Zhu Guangyao, am Donnerstag in St. Petersburg. "Eine Lösung durch politische und diplomatische Kanäle ist die einzig angemessene Lösung der Syrienfrage."

Derweil forderte die EU zur Klärung der Giftgas-Vorwürfe gegen das syrische Regime einen raschen Zwischenbericht der UN-Ermittler. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon werde beim G20-Gipfel Einzelheiten mitteilen, sagte der ständige EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy in St. Petersburg unmittelbar vor Beginn des Spitzentreffens. Der vorläufige Bericht zu den vermuteten Giftgas-Angriffen in der Nähe von Damaskus am 21. August müsse "so schnell wie möglich" vorgelegt werden. "Es gibt keine militärische Lösung für die Lage in Syrien", sagte der Belgier. Die EU sei bereit, bei einer politischen Lösung des Konflikts zu helfen.

Quelle: ntv.de, dsi/dpa

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