Mühsame Haushaltsplanung Lindner spricht sich für "Verzicht" aus
10.04.2023, 12:33 Uhr Artikel anhören
Finanzminister Christian Lindner von der FDP plädiert für Verzicht.
(Foto: dpa)
Im anhaltenden Streit zur Haushaltsplanung 2024 macht Finanzminister Lindner seinen Standpunkt klar. Das zu erwartende Haushaltsdefizit will er durch "Verzicht" ausgleichen und dafür alle Ausgaben prüfen. Gleichzeitig verlangen verschiedene Ministerien schon jetzt zusätzliche finanzielle Mittel.
Im anhaltenden Haushaltsstreit in der Koalition will Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP sämtliche Ausgaben des Bundes auf ihr Sparpotenzial prüfen. "Wir werden jede einzelne Ausgabe im Bundeshaushalt auf ihre Begründung und ihre Höhe hin beraten", sagte er der "Rheinischen Post". Es gebe eine Finanzlücke, die "durch Verzicht" gestopft werden müsse.
Lindner sagte, bei der detaillierten Durchsicht der Bundesausgaben müssten "auch einige liebgewonnene Gewohnheiten auf den Prüfstand" kommen. "Wir werden, Stand jetzt, im kommenden Jahr bei Einnahmen von 424 Milliarden ein Defizit von 14 bis 18 Milliarden Euro haben", prognostizierte der Minister. "Diese Haushaltslücke muss erwirtschaftet werden durch Verzicht." Wenn zugleich "zusätzliche Ausgabenschwerpunkte" gesetzt werden sollten, etwa in den Bereichen Verteidigung oder Bildung, "dann muss man umso mehr woanders kürzen".
Keine Steuererhöhungen, keine Rasenmähermethode
Lindner bekräftigte seine Haltung, wonach es zur Verbesserung der Staatsfinanzen weder Steuererhöhungen geben solle noch "irgendwelche Tricks, um mehr Schulden zu machen". Eine gleichmäßige Kürzung aller Ausgaben, auf die kein Rechtsanspruch besteht, lehnte er ebenfalls ab: "Ich bin gegen die Rasenmähermethode."
Die Koalition streitet seit Wochen über die Haushaltsplanung für nächstes Jahr. Die sonst übliche Verabschiedung von Etat-Eckpunkten Mitte März hatte Lindner abgesagt; inzwischen wird davon ausgegangen, dass sie ganz ausfällt. Stattdessen soll ein detaillierter Haushaltsplan im Juni verabschiedet werden.
Bundeswehrertüchtigung und Kindergrundsicherung
Während Lindner Sparbedarf sieht, haben mehrere Ressorts teil hohe Zusatzausgaben gefordert, neben dem Familienministerium für die Kindergrundsicherung etwa auch das Verteidigungsministerium für die Ertüchtigung der Bundeswehr. Familienministerin Lisa Paus von den Grünen sagte der "Bild am Sonntag", sie kämpfe dafür, "dass die Kindergrundsicherung wie geplant 2025 ausgezahlt werden kann".
Sie wolle nicht nur ein digitales Portal auf den Weg bringen, mit dem Eltern den Antrag ohne Gang zum Amt stellen können, betonte die Ministerin. "Wir werden auch sicherstellen, dass es sich für die Eltern lohnt zu arbeiten und die Familie immer netto mehr hat als durch staatliche Leistungen."
FDP-Fraktionschef Christian Dürr verteidigte die Haltung Lindners zur Kindergrundsicherung. Das Problem sei nicht die Menge des Geldes, sondern "dass das Geld bei den Kindern nicht ankommt", sagte er der "Bild am Sonntag" und fügte hinzu: "Man kann nicht weitere Milliarden in Aussicht stellen, ohne zu sagen, wie die Mittel abgerufen werden."
Linke: Steuern für Superreiche erhöhen
Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Christian Görke, erklärte in Berlin, es gebe durchaus Möglichkeiten, den finanziellen Spielraum zu erweitern: "Man könnte die Steuern für Superreiche erhöhen - wie es die Wirtschaftsweisen temporär fordern. Man könnte die Schuldenbremse reformieren - wie es etliche Wirtschaftswissenschaftler fordern. Oder man könnte auf fragwürdige Projekte wie die zusätzliche Mega-Aufrüstung im Haushalt verzichten."
Die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch forderte zudem ein Moratorium für Bauvorhaben der Bundesregierung. Ein großer Teil der Beamten arbeite im Homeoffice, sagte sie "t-online". "Diese Entwicklung muss zu einer Reduzierung der Bürofläche führen."
Der Unions-Haushaltspolitiker Christian Haase sagte dem Portal, es müssten "alle Ausgabepositionen im Bundeshaushalt, natürlich auch Bauprojekte, hinterfragt" werden. "Wo verantwortbar, darf auch ein Baustopp kein Tabu sein." Laut "t-online.de" hat die Regierung derzeit Großbauprojekte für mindestens 2,1 Milliarden Euro in Planung.
Quelle: ntv.de, jaz/AFP