Lafontaine gegen Bartsch Linke liefern sich Machtkampf
15.05.2012, 20:44 Uhr
Dietmar Bartsch (rechts) wird für den Vorsitz seiner Partei kandidieren. Oskar Lafontaine äußert sich noch nicht klar.
(Foto: picture alliance / dpa)
Oskar Lafontaine äußert sich weiter nicht klar zu seinen Ambitonen für den Parteivorsitz der Linken. Damit lässt er eine Auseinandersetzung schwelen, die die Partei an ihren alten Konfliktlinien spalten könnte: West gegen Ost, Hardliner gegen Reformer. Seine Macht teilen würde Lafontaine nicht.
In der Linkspartei deutet sich ein heftiger Machtkampf an. Bei einem Krisentreffen konnten sich der geschäftsführende Bundesvorstand und die Landesvorsitzenden in viereinhalb Stunden nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag für die künftige Doppelspitze einigen. Vizefraktionschef Dietmar Bartsch blieb bei seiner Kandidatur. Und auch der Ex-Parteivorsitzende Oskar Lafontaine behält sich weiter vor, für den Vorsitz zu kandidieren. Eine Kampfkandidatur gegen Bartsch will er aber nicht.
Nun soll die Debatte auf Regionalkonferenzen und Einzelgesprächen weitergeführt werden. Parteichef Klaus Ernst will auch noch einmal zu einer Spitzenrunde einladen. Auf dem Parteitag in Göttingen am 2. und 3. Juni soll der neue Parteivorstand gewählt werden. Ernst, der seinen Posten für Lafontaine räumen würde, sagte nach der Sitzung, der saarländische Fraktionschef habe viel Unterstützung erhalten. Es gebe das gemeinsame Ziel, "dass wir zu einer Führung kommen, die miteinander arbeiten kann".
Die Aussagen Lafontaines sind widersprüchlich: Auf der einen Seite will er sich offen halten zu kandidieren - er stellt sogar Bedingungen - auf der anderen Seite schließt er eine Kampfkandidatur aus. Allerdings wäre das der einzige Weg, in den Vorstand zu kommen, da Bartsch nicht zurückzieht. Nun muss sich in diesem Machtkampf einer der beiden Aspiranten für einen Rückzug entscheiden - wofür es derzeit keine Anzeichen gibt.
Auch eine Frau für den Vorstand gibt es noch nicht

Dietmar Bartsch erklärt bereits seit einem halben Jahr, dass er an die Spitze der Linkspartei möchte.
(Foto: dpa)
Die stellvertretende Parteivorsitzende Katja Kipping brachte einen dritten Weg ohne Bartsch und Lafontaine ins Gespräch - vielleicht sogar mit zwei Frauen. Wer die Partei "bewusst in eine Showdown-Situation führt", schade ihr, sagte sie. Laut Satzung muss "mindestens" eine Frau der Doppelspitze angehören. Nach dem Rücktritt der bisherigen Vorsitzenden Gesine Lötzsch aus familiären Gründen hat bisher noch keine Frau ihre Kandidatur für die Nachfolge erklärt.
Vor der Spitzenrunde hatte es Berichte gegeben, Lafontaine wolle für eine Kandidatur die Bedingung stellen, dass seine Lebensgefährtin zur Fraktionschefin im Bundestag gemacht wird. Diese das, warb aber für die Kandidatur Lafontaines. "Oskar Lafontaine drängt sich nicht darum, an die Spitze zu kommen", sagte sie im ZDF. "Aber in der jetzigen, ganz schwierigen Situation sehe ich ehrlich gesagt auch keine andere Lösung."
Doch die Partei ist gespalten: Gegenwind erhält Lafontaine vor allem aus den ostdeutschen Landesverbänden. Spötter sprechen von russischen Verhältnissen: Klaus Ernst als Dmitri Medwedew, und Oskar Lafontaine als Wladimir Putin. Denn Lafontaines Nachfolger als Parteichef, Klaus Ernst, unterstützt nun Lafontaine in dessen Bestrebungen, wieder Parteichef zu werden. Der Thüringer Fraktionschef Bodo Ramelow sagte, Lafontaine hätte seine Bereitschaft zur Kandidatur spätestens vor acht Wochen erklären sollen. "Aber zu sagen: Ich komme am Dienstag, höre mir alles an und werde dann entscheiden, ob ich kandidiere - ich finde, das ist kein Umgang miteinander." Die westdeutschen Verbände sind dagegen mehrheitlich für Lafontaine.
Zwei sehr unterschiedliche Positionen treffen aufeinander
Es läuft also auf einen Machtkampf hinaus, der die Partei entlang ihrer alten Konfliktlinie spaltet: Auf der einen Seite steht der Westdeutsche Oskar Lafontaine, der einst die SPD an die Regierung brachte und später die Linke zur gesamtdeutschen Kraft machte. Der Saarländer Lafontaines war Oberbürgermeister in Saarbrücken, Ministerpräsident des Saarlandes, SPD-Vorsitzender und 1990 sogar Kanzlerkandidat. Unter Gerhard Schröder wurde er Minister, verließ die Regierung aber kurz später im Streit. Lafontaine ging zur WASG und führte diese schließlich mit der PDS zur Linkspartei zusammen.
Ihm gegenüber steht der 14 Jahre jüngere Ostdeutsche Dietmar Bartsch, dem der harte Konfrontationskurs gegenüber der SPD ein Dorn im Auge ist. Bartsch hat eine langjährige Karriere in der ostdeutschen PDS absolviert: 1991 wurde er Schatzmeister der Partei, später Bundesgeschäftsführers, bastelte maßgeblich am Reformkurs der Partei mit und zog später in den Bundestag ein. 2002 scheiterte die PDS bei der Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde, Bartsch musste gehen. Doch im Zuge des politischen Aufschwungs wurde er 2005 erneut Bundesgeschäftsführer, errang abermals ein Bundestagsmandat und übernahm die Funktion des Geschäftsführers schließlich für die neue Partei "Die Linke". Ihn stört es, dass mancher Linke die SPD als seinen Hauptfeind betrachtet - wie etwa Lafontaine.
Quelle: ntv.de, che/dpa/AFP