Politik

Superwahljahr 2011 Linke startet im Streit

Sieben Landtagswahlen stehen im Superwahljahr 2011 an. Doch anstatt sich dafür in Position zu bringen, beschäftigt sich die Linke seit Monaten mit sich selbst. Unter Beschuss steht vor allem die im Mai gewählte Doppelspitze aus Klaus Ernst und Gesine Lötzsch.

Das im vergangenen Mai gewählte Führungsduo Ernst und Lötzsch steht unter Beschuss.

Das im vergangenen Mai gewählte Führungsduo Ernst und Lötzsch steht unter Beschuss.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Jahr 2010 hatte schon nicht gut für die Linke begonnen: Dietmar Bartsch kündigte im Januar seinen Rückzug vom Amt des Bundesgeschäftsführers an nach Vorwürfen, er habe gegen den damaligen Parteichef Oskar Lafontaine intrigiert. Bartsch, der hohe Anerkennung in den Ost-Landesverbänden genoss, wollte die Partei auf einen realpolitischen Kurs bringen. Dagegen trat der Saarländer Lafontaine oft für einen harten Oppositionskurs der Partei ein. Vor allem über diese Frage künftiger Regierungsbeteiligung scheiden sich die Geister in der Partei, die 2007 aus einer Fusion der PDS mit der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) hervorging.

Die Partei kommt nicht zur Ruhe

Ein Jahr nach diesem Machtkampf ist die Partei immer noch nicht zur Ruhe gekommen - und das, obwohl im neuen Jahr sieben Landtagswahlen anstehen. Das im vergangenen Mai gewählte neue Führungsduo aus der ostdeutschen Gesine Lötzsch und dem westdeutschen Klaus Ernst steht unter Beschuss. Gestritten wird über das neue Parteiprogramm, das die Linke Ende 2011 beschließen will. Es streiten sich Ernst-Anhänger und Ernst-Kritiker, Ost-Linke und West-Linke und - wie schon seit langem - Pragmatiker und Fundamentalisten.

Bartsch trat 2010 als Bundesgeschäftsführer der Linken zurück.

Bartsch trat 2010 als Bundesgeschäftsführer der Linken zurück.

(Foto: picture alliance / dpa)

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sah die Partei Mitte Dezember auf gutem Weg. "Wir haben uns erstmal mit uns selbst beschäftigt. Seit September sind wir wieder deutlich politischer geworden, was ich auch sehr begrüße", sagte er und formulierte selbstbewusst Ziele für 2011: In Sachsen-Anhalt will die Partei die stärkste Fraktion werden und den Ministerpräsidenten stellen. In Berlin wollen die Linke möglichst in der Koalition mit der SPD weiterregieren. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hofft Gysi auf den Einzug in die Landtage.

Doch in den letzten Tagen des alten Jahres trugen diverse Linke-Politiker ihre Auseinandersetzungen weiter über die Medien aus. Von der Bildung einer "Landesgruppe Ost" als Gegenpol zu Parteichef Ernst war die Rede - was dann aber dementiert wurde. Ernst musste sich im Sommer mit Vorwürfen auseinandersetzen, ein "Luxus-Linker" zu sein. Jetzt klagte er offen über die politische Kultur in seiner Partei - die "Diffamierung der eigenen Leute" müsse aufhören. Es tauchten Meldungen auf, wonach ostdeutsche Landesverbände daran arbeiteten, Ernst spätestens im Herbst 2011 zu stürzen und den thüringischen Fraktionschef Bodo Ramelow als Nachfolger zu installieren.

Nackte Zahlen und Seitenhiebe

Ramelow wiederum trat dem entgegen und erklärte, er beabsichtige nicht, gegen Ernst zu kandidieren. Aus seiner Kritik an Ernst und Lötzsch machte er allerdings keinen Hehl: Es könne nicht sein, dass die Parteispitze in der parteiinternen Debatte alles Mögliche zur roten Linie erkläre. So sei es etwa unter ostdeutschen Linkspolitikern klar, dass im öffentlichen Dienst Umstrukturierungen vorgenommen werden müssten. Ernst habe aber zu diesem Thema Positionen, die noch veralteter seien, als "die der (Gewerkschaft) ÖTV in den 80er Jahren", zitierte ihn die "Süddeutsche Zeitung".

Im Jahr 2010 ging die Zahl der Parteimitglieder in Ost-Landesverbänden zurück.

Im Jahr 2010 ging die Zahl der Parteimitglieder in Ost-Landesverbänden zurück.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Am Wochenende schaltete sich Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus in die Debatte ein - und zwar mit nackten Zahlen und einem Seitenhieb auf die rebellierenden Ost-Landesverbände. Nach einer vorläufigen Bilanz ist die Zahl der Parteimitglieder im Jahr 2010 insgesamt um rund 2500 auf etwa 75.500 gesunken. Zwar sei die Zahl schon allein deswegen zurückgegangen, weil die Partei die Karteileichen gestrichen habe. Vor allem im - grundsätzlich mitgliederstarken - Osten gelinge es aber nicht, die Verluste, die sich durch den Tod betagter Anhänger ergeben, durch Neueintritte auszugleichen: "Leider lässt die Mitgliederentwicklung in den ostdeutschen Landesverbänden sehr zu wünschen übrig."

Dreibus droht mit Einsparungen

Wer weniger Mitglieder habe, habe auch weniger Einnahmen - und deshalb auch weniger zum Ausgeben, sagte Dreibus. Er drohte unverhohlen mit Einsparungen der Partei vor allem im Osten - etwa durch die Zusammenlegung von Geschäftsstellen. Die parteiinternen Auseinandersetzungen dürften also munter weitergehen. Für den 10. Januar lädt die Linke zum politischen Jahresauftakt in Berlin ein. Auf der Rednerliste stehen Lötzsch, Gysi und Ernst.

Quelle: ntv.de, Bettina Grachtrup, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen