Parteitag in Erfurt Linke versucht die Einigkeit
22.10.2011, 18:24 Uhr
(Foto: dpa)
Harmonie nach monatelangen Streitereien: Die Linke zelebriert eine Art zweiten Vereinigungsparteitag, vier Jahre nach ihrer Gründung. Die Feuerprobe folgt aber erst am Sonntag bei der Abstimmung über das Grundsatzprogramm. Ein Beschluss zur Drogenpolitik sorgt derweil für Wirbel.
Mit den Schlussberatungen zum Parteiprogramm hat die Linke auf dem Erfurter Parteitag versucht, nach den internen Querelen wieder zur Geschlossenheit zu finden. Die Zeit der Selbstbeschäftigung müsse ein Ende haben, sagte Fraktionschef Gregor Gysi vor den Delegierten. Für Wirbel sorgte ein von den Delegierten beschlossener Antrag, langfristig alle Drogen zu legalisieren.
Gysi zeigte sich überzeugt, dass die Delegierten mit breiter Mehrheit für das neue Parteiprogramm stimmen werden. Wegen langwieriger Antragsberatung wurde die ursprünglich für Samstag geplante Abstimmung auf Sonntag verschoben. Mit Blick auf die internen Querelen der jüngsten Vergangenheit sagte Gysi: "Wir hatten in den letzten Monaten zuviel Selbstbeschäftigung." Dies müsse ein Ende haben. "Damit erledigen wir uns politisch, das können wir uns gar nicht leisten." Er rief seine Partei zugleich auf, klare Antworten auf die aktuellen Herausforderungen zu geben. Viele Menschen fragten sich, was die Linke umsetzen würde, wenn sie an die Regierung kämen.
Gysi rief seine Partei zudem auf, sich angesichts der guten Umfragewerte der Piratenpartei wieder stärker jüngeren Wählerschichten zu öffnen. "Wir brauchen einen Zugang zur neuen Generation." Schließlich seien die Umfragewerte der Linken nicht so, "dass wir jubeln könnten", rief Gysi vor den Delegierten.
Für die Rede erntete Gysi Jubelstürme. Die Feuerprobe folgt am Sonntag. Dann soll über das Parteiprogramm abgestimmt werden. Gysi und Linkenchef Klaus Ernst haben 90 Prozent Zustimmung als Zielmarke ausgegeben.
Verwirrung über "Legalisierung aller Drogen"
In dem von den Delegierten beschlossenen Antrag zur Drogenpolitik wird die "Entkriminalisierung des Drogenkonsums und langfristig die Legalisierung aller Drogen" verlangt. Dies sei im Zuge einer "rationalen und humanen Drogenpolitik" erforderlich. Im Leitantrag des Parteivorstandes war ursprünglich nur von einer Legalisierung "weicher" Drogen die Rede gewesen.
Die SPD kritisierte den Beschluss. Die Linke beschließe "unverantwortlichen Unsinn" in allen Bereichen, erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. "Das wird auch mit Koks und Heroin nicht besser." Die Partei könne nicht mehr ernst genommen werden, ihre Forderungen nähmen "immer absurdere Züge an".
Gysi und Ernst relativierten den Beschluss. Drogenhandel solle weiter bestraft werden, sagte Gysi vor den Delegierten. Legalisierung bedeute, dass der Arzt einem Süchtigen die Droge verordnen können solle. Der Linken-Beschluss zur Drogenpolitik bedeute, dass Drogenhandel weiter "unter Strafe steht und verfolgt wird". Es werde lediglich der Tatsache Rechnung getragen, "dass die Kriminalisierung der Drogenkonsumenten deren Situation verschärft und das Problem nicht löst".
In dem Programmentwurf verlangt die Linke eine Verstaatlichung von Großbanken und eine Eindämmung von Finanzgeschäften. Zu weiteren Forderungen gehört die Schaffung demokratischer Eigentumsformen in Großbetrieben, die Einführung einer 30-Stunden-Woche, sowie die Abkehr von Hartz IV und der Rente mit 67. Die Linke tritt zudem für eine Auflösung der NATO und das Ende von Kampfeinsätzen der Bundeswehr ein.
Quelle: ntv.de, dpa