Politik

Der Kriegstag im Überblick Lösung von Getreidekrise rückt näher - Kiew widerspricht Vorwürfen illegalen Waffenhandels

In ukrainischen Häfen stecken wegen des Krieges Schätzungen zufolge etwa 20 Millionen Tonnen Getreide fest.

In ukrainischen Häfen stecken wegen des Krieges Schätzungen zufolge etwa 20 Millionen Tonnen Getreide fest.

(Foto: dpa)

Nach der Lieferung neuer westlicher Waffensysteme meldet die Ukraine im Krieg gegen Russland Erfolge. Die Besatzer bekämen zu spüren, "was moderne Artillerie ist" und fänden nirgends in der Ukraine sicheres Hinterland, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. Prorussische Separatisten in der Ostukraine bestätigten massenhaften Beschuss. Zugleich verhandelten Russland und die Ukraine über die Freigabe von Getreidelieferungen. Zudem weist die Ukraine russische Vorwürfe illegalen Waffenhandels entschieden zurück. In Deutschland bleibt die Hauptsorge, wie viel Gas künftig aus Russland kommt. Der 139. Kriegstag im Überblick.

Beschuss in Donezk und Luhansk

In der Nacht waren in der von prorussischen Separatisten gehaltenen Großstadt Luhansk in der Ostukraine Explosionen zu hören. Es habe massenhaften Beschuss auf Luhansk mit dem HIMARS-System gegeben, bestätigte Separatistenvertreter Andrej Marotschko auf Telegram. Nach Angaben der prorussischen Separatistenbehörden feuerte die Ukraine auch drei Raketen vom Typ Totschka-U ab. Es gab keine Berichte über Tote. Die prorussischen Separatisten in der Region Donezk meldeten ebenfalls ukrainischen Raketen- und Artillerie-Beschuss.

Auch die ukrainische Seite berichtete vom Einsatz des Raketenwerfers HIMARS. Militärdepots des Feindes würden vernichtet, erklärte der Chef der ukrainischen Militäradministration für das Gebiet Luhansk, Serhij Hajdaj. Aber auch die russischen Angriffe hielten an - mit Luftwaffe und Artillerie. Besonders bedroht seien die großen Städte des Donezker Gebiets.

Russland: Vier ukrainische Jets abgeschossen

Das russische Militär schoss nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau vier ukrainische Kampfjets ab. Eine Su-25 und eine Su-24 der ukrainischen Luftwaffe seien in der Region Donezk im Donbass getroffen worden, eine weitere Su-25 und eine Mig-29 im Gebiet von Mykolajiw im Süden, teilte das Ministerium in seinem täglichen Bericht mit. Die Ukraine widersprach dieser Darstellung. Unabhängig konnten diese Angaben nicht überprüft werden.

Tote Zivilisten bei Mykolajiw

Im südukrainischen Gebiet Mykolajiw wurden nach ukrainischen Angaben bei russischem Artillerie-Beschuss mindestens fünf Zivilisten getötet. Es seien 28 Einschläge in verschiedenen Siedlungen registriert worden. Die russische Seite bestätigte den Beschuss von Mykolajiw und sprach von Angriffen auf zwei Kommandoposten der ukrainischen Armee. Es seien mehr als 350 ukrainische Soldaten getötet worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich kaum unabhängig überprüfen.

Lösung der Getreidekrise naht

Russland, die Ukraine, die Türkei und die Vereinten Nationen (UN) haben nach türkischen Angaben eine vorläufige Einigung zu Getreide-Exporten aus der Ukraine getroffen. Die Verhandler der Länder wollen sich nächste Woche erneut treffen, um die Vereinbarung zu unterzeichnen, sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar in Istanbul. Die Parteien hätten sich auf die Errichtung eines Koordinationszentrums geeinigt. So könnten die Sicherheit der Meeresrouten garantiert und die Lieferungen der Schiffe kontrolliert werden.

UN-Generalsekretär António Guterres wertete die Gespräche als Erfolg - es sei ein erster Durchbruch erzielt worden. Bei den Gesprächen zwischen Vertretern der Vereinten Nationen, der Ukraine, Russlands und der Türkei in Istanbul sei ein "entscheidender Schritt" in Richtung einer Lösung unternommen worden, sagte Guterres vor Journalisten in New York. "Heute haben wir endlich ein bisschen Hoffnung."

Separatistenführer in Donezk: Ausländern droht Erschießung

In der international nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk" haben prorussische Separatisten drei Ausländer als Söldner zum Tode verurteilt - zwei Briten und einen Marokkaner. Die Männer hätten aber Berufung eingelegt, sagte Separatistenführer Denis Puschilin im russischen Staatsfernsehen. Sollte der Einspruch zurückgewiesen werden, würden die Männer unter Ausschluss der Öffentlichkeit erschossen. Sie waren Mitte April in der Hafenstadt Mariupol von prorussischen Kämpfern gefangen genommen worden. Mehr als hundert ukrainischen Kämpfern soll demnächst der Prozess gemacht werden.

Vorbereitungen auf Gasnotstand

Der Stopp der Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 wegen einer Wartung schürt unterdessen in Deutschland die Ängste. Die Bundesregierung ist unsicher, ob Moskau den Gashahn nach den Arbeiten kommende Woche planmäßig wieder aufdrehen wird. Das Bundeskabinett beschloss eine Verordnung, nach der schon bald vermehrt Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung eingesetzt werden könnten. "Wir wollen jetzt im Sommer Gas einsparen, um unsere Speicher für den Winter zu füllen", erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Vorerst kommt noch über die Ukraine russisches Gas nach Europa. Mit 41,3 Millionen Kubikmeter lag die für heute vereinbarte Menge aber bei weniger als der Hälfte des möglichen Umfangs. Weil wenig Gas in Deutschland ankommt, kann derzeit auch nur wenig eingespeichert werden. Das "bewegt sich auf ganz niedrigem Niveau", sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur.

Steinmeier bekräftigt Unterstützung für die Ukraine

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beschwor bei einem Besuch der US-Streitkräfte im bayrischen Grafenwöhr erneut die Geschlossenheit des transatlantischen Bündnisses und betonte auch: "Wir sind geeint in unserer Unterstützung für die Ukraine." Zuletzt hatten mehrere westliche Staaten der Ukraine moderne Raketensysteme und Artillerie geliefert, die russische Ziele aus größerer Distanz beschießen können. Darunter ist der US-Mehrfachraketenwerfer HIMARS. In den vergangenen Wochen sollen russische Militärbasen, Munitions- und Waffenlager weit hinter der Front zerstört worden sein.

Kiew: "Gerüchte" über illegalen Waffenhandel sind "russische Propaganda"

Die Regierung in Kiew warf Russland die Verbreitung von Gerüchten über illegalen Waffenhandel in der Ukraine vor. Die von westlichen Staaten gelieferten Waffen würden "sorgfältig erfasst und an die Front geschickt", erklärte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak auf Twitter. Die von den USA und europäischen Staaten gelieferten Waffen seien eine "Überlebensfrage", und ihre Überwachung habe für die Regierung "Priorität". Dies gelte auch für Waffen mit größerer Reichweite. "Alle anderen Gerüchte sind banale russische Propaganda, die die Lieferungen stören soll", fügte er hinzu.

EU präzisiert Sanktionsregeln nach Streit um Kaliningrad

Bemühungen zur Entspannung gibt es auch im Konflikt um den Transitverkehr zwischen Russland und der Ostsee-Exklave Kaliningrad. Die EU-Kommission erstellte neue Leitlinien. Demnach darf Russland auf der Sanktionsliste stehende zivile Güter per Bahn ohne große Einschränkungen durch das EU-Land Litauen bringen. Untersagt bleiben aber Straßentransporte von russischen Speditionen durch EU-Territorium. Zudem dürfen auch per Bahn keine Güter transportiert werden, die auch militärisch genutzt werden können. Die Regierung in Moskau hatte Litauen vorgeworfen, den Warenverkehr zwischen Russland und Kaliningrad unzulässig zu beschränken.

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Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, mba/dpa/rts

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