Kritik an Entwicklungsminister Macht Niebel Rösler Konkurrenz?
29.11.2012, 18:20 Uhr
Sieht so der neue Spitzenkandidat der FDP aus?
(Foto: picture alliance / dpa)
Die mächtige Südwest-FDP wählt ihn zum Spitzenkandidaten, er darf auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen eine Rede halten - Dirk Niebel strotzt dieser Tage vor Selbstbewusstsein. Parteikollegen werfen ihm jetzt vor, dass er die Stellung seines Parteichefs untergraben würde. Niebel wiegelt ab.
Dirk Niebel hat dafür geworben, dass die FDP mit einer Doppelspitze in den Bundestagswahlkampf zieht. Damit degradierte er vor allem Parteichef Philipp Rösler. Manch ein Parteimitglied glaubt aber auch, dass der liberale Entwicklungsminister sich durch diesen Vorstoß in erster Linie selbst als Spitzenmann ins Gespräch bringen wollte. Dafür erntet Niebel jetzt viel Spott. Und plötzlich nimmt der Minister alles zurück, was er noch am Vortag forderte.
Der Chef der Jungen Liberalen, Lasse Becker, sagte, die JuLis kommentierten nicht jeden "unsinnigen Vorstoß eines unserer Egomanen aus der Partei- oder Fraktionsführung". Der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte, die Forderungen Niebels lösten bei ihm "Erstaunen und Kopfschütteln" aus. Auch andere führende FDP-Mitglieder sagten, sie hielten von der Idee der Doppelspitze nichts, wollten sich aber nicht offen in die Debatte einklinken.
"Gute Gründe" nicht allein auf Rösler zu setzen
Niebel hatte in einem Interview mit der "Rheinischen Post" ziemlich deutlich gemacht, dass es ihm zu unsicher sei, beim Bundestagswahlkampf allein auf Parteichef Philipp Rösler als Spitzenkandidat zu setzen. "Sie sehen auch bei der SPD, dass ein Spitzenkandidat nicht zwingend Parteichef sein muss", sagte der frühere Generalsekretär. Gewöhnlich gelte ein Vorsitzender als potenzieller Spitzenkandidat, "es sei denn, es gibt gute Gründe, das anders zu entscheiden", so Niebel in der Zeitung.
Mit guten Gründen meinte Niebel wahrscheinlich, dass die FDP seit Monaten im Umfragetief steckt und auch nach aktuellen Erhebungen die Fünf-Prozent-Hürde reißt. Dafür machten etliche Parteimitglieder immer wieder Rösler verantwortlich. Sein politisches Schicksal – so heißt es mittlerweile – entscheidet sich mit der Landtagswahl am 20. Januar in Niedersachsen, wo es eine schwarz-gelbe Regierung zu verteidigen gilt. Auch dort schwächeln die Liberalen.
Höhenflug oder Hybris?
Von Liberalen hieß es zu Niebels Vorstoß auch: "Da möchte sich jemand ins Spiel bringen" oder "da befindet sich jemand im Höhenflug". Denn während Rösler um sein politisches Überleben kämpft, segelt Niebel dieser Tage auf politischem Aufwind. Erst vor wenigen Wochen kürte ihn die mächtige Südwest-FDP zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Überdies soll er auf dem Dreikönigstreffen sprechen, mit dem die Liberalen sich Anfang Januar traditionell für das neue politische Jahr in Stellung bringen. Er wäre damit neben Rösler, Fraktionschef Rainer Brüderle, der baden-württembergischen FDP-Landeschefin Birgit Homburger und Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke der fünfte Redner. Liberale vermuten, dass Niebel angesichts dieses Rückhalts auf das Amt des Spitzenkandidaten oder gar den Posten Röslers schielt.
Doch eine Doppelspitze in der FDP wäre eine kleine Revolution. Derartiges hat es schon seit 1990 nicht mehr gegeben. Bei der ersten Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung führten Otto Graf Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher die Liberalen in den Wahlkampf.
Nach seinem "Höhenflug" tauchte Niebel nach der Welle des Protests, die ihm entgegenschlug, dann auch schnell wieder ab. Er relativierte seine Forderungen und sagte: Er habe in dem Zeitungsinterview darauf hingewiesen, dass der Parteivorsitzende der natürliche Spitzenkandidat einer Partei sei, dass man generell aber nicht nur mit Spitzenkandidaten, die auch Parteivorsitzende seien, in die Wahl ziehen könne. Er habe zudem hervorheben wollen, dass das Parteipräsidium und der Fraktionsvorstand im Team um den Spitzenkandidaten die Bundestagswahl meistern müssten. Er fügte hinzu: "Ich sehe keine anderen Gründe, die dagegen sprechen würden, auch nach dem Bundesparteitag in dieser Aufstellung auch mit dem Präsidium zusammen in die Wahlen zu gehen."
Quelle: ntv.de, ieh/rts/AFP