Klimagipfel in Bonn Macht Russland Rückzieher?
24.07.2001, 00:17 UhrNach der Bonner Gipfeleinigung auf ein Abkommen zum weltweiten Klimaschutz sind Zweifel aufgetaucht, ob Russland trotz seiner Zustimmung das Kyoto-Protokoll tatsächlich akzeptieren will. Aus EU-Delegationskreisen hieß es, die russische Delegation sei zum Teil uninformiert über den Verhandlungsstand gewesen und habe die Bedeutung der Konferenz unterschätzt. Die "Berliner Morgenpost" hatte berichtet, der wirtschaftliche Berater von Präsident Wladimir Putin, Andrej Illarjonow, habe erklärt, dass die in Bonn vorgeschlagenen Optionen nicht den Interessen Russlands entsprächen.
Der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Michael Schroeren, konnte solche Berichte nicht bestätigen. Russland habe sich eindeutig zum Kyoto-Protokoll bekannt. Ohne Russland könne nach der Abkehr der USA das Kyoto-Abkommen von 1997 nicht in Kraft treten.
Mühsame Detailarbeiten
Nach der Einigung auf ein Abkommen zum Klimaschutz geht es nun an die Details. Bis zum Freitag noch wird die Konferenz auf Beamtenebene fortgesetzt. In dieser Zeit soll eine Reihe juristischer Einzelheiten ausgearbeitet werden.
Die Delegierten aus 178 Staaten hatten am Vortag den Entwurf für eine Vereinbarung angenommen. Tagungspräsident Jan Pronk verkündete den Kompromiss, auf den die Teilnehmer der Konferenz sich in den vergangenen Tagen bei zähen und langwierigen Verhandlungen geeinigt hatten.
Möglich wurde der Kompromiss durch weit gehende Zugeständnisse der Europäer an Kanada und Japan "Wir haben das Kyoto-Protokoll gerettet", sagte EU-Kommissarin Margot Wallström nach einem 36-stündigen Verhandlungsmarathon. "Jetzt können wir unseren Kindern in die Augen schauen."
Abstriche an der Kyoto-Vereinbarung
Im Kyoto-Protokoll von 1997 hatten sich die Industrieländer ursprünglich verpflichtet, ihre Schadstoffemissionen bis 2012 um 5,2 Prozent unter den Stand von 1990 zu senken. Da die USA das Protokoll nicht mittragen und für die übrigen Staaten - vor allem Japan, Kanada, Australien und Russland - Erleichterungen vereinbart wurden, wird die tatsächliche Reduzierung deutlich geringer ausfallen.
USA lehnen Ergebnis von Bonn ab
US-Außenminister Colin Powell sagte zum Abschluss seines Japan-Besuchs, das Ergebnis von Bonn sei für die USA weiterhin nicht akzeptierbar. Die USA würden jedoch beim Problem der globalen Klimaerwärmung mit Japan und anderen Staaten kooperieren.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hatte nach dem Bonner Gipfel eingeschätzt, dass auf längere Sicht auch die USA sich dem Protokoll anschließen werden. Zunächst erwarte er, dass die USA ihrer Ankündigung von Genua, eigene Schritte gegen Treibhausgase zu unternehmen, nun auch Taten folgen ließen.
Wälder können angerechnet werden
Nach Ratifizierung des Dokuments durch die Länderparlamente müssen die beteiligten Industriestaaten ihren Ausstoß an Treibhausgasen reduzieren. Allerdings dürfen sich einige Länder - insbesondere Japan - großzügig ihre Wälder anrechnen lassen.
Im Gegenzug setzte die EU durch, dass die Klimazusagen einer Kontrolle unterzogen werden. Dem hatten Japan und Australien sich zunächst entgegengestellt. Nach der Einigung soll es für jede Tonne Kohlendioxid-Reduzierung, die in der ersten Verpflichtungsperiode nicht erreicht wird, einen Strafzuschlag geben.
Für jede Tonne, die ein Land zu wenig reduziert hat, muss es in der folgenden Verpflichtungsperiode 1,3 Tonnen einsparen. Rechtliche Details der Sanktionen bleiben zunächst offen. Darüber soll erst auf der ersten Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls entschieden werden.
Quelle: ntv.de