Politik

Premier fordert Präsidenten heraus Machtkampf in Bagdad eskaliert

Al-Maliki wird für die gesellschaftliche Spaltung im Irak und für das Erstarken der sunnitischen Islamisten verantwortlich gemacht.

Al-Maliki wird für die gesellschaftliche Spaltung im Irak und für das Erstarken der sunnitischen Islamisten verantwortlich gemacht.

(Foto: REUTERS)

Im Irak marschieren die Islamisten bis vor die Hauptstadt Bagdad. Dort jedoch kämpft Premier Al-Maliki um die Macht. Er kündigte an, den Präsidenten zu verklagen - und lässt Polizeieinheiten aufmarschieren. Die USA stellen sich jedoch gegen ihn.

Der seit Monaten andauernde politische Machtkampf im Irak spitzt sich zu. Ministerpräsident Nuri al-Maliki kündigte in einer Fernsehansprache eine Klage gegen Präsident Fuad Masum an. Als Begründung gab al-Maliki an, der Staatschef habe ihn nicht mit der Regierungsbildung beauftragt. Die USA sicherten dem irakischen Präsidenten ihre Unterstützung zu. In Bagdad wurden die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verstärkt.

Am Wochenende protestierten Menschen in Bagdad für Premier al-Maliki.

Am Wochenende protestierten Menschen in Bagdad für Premier al-Maliki.

(Foto: dpa)

Masum habe zwei Mal gegen die Verfassung verstoßen, sagte al-Maliki in seiner überraschenden Ansprache. Er warf dem Präsidenten insbesondere vor, ihn nicht zum neuen Ministerpräsidenten nominiert und mit der Regierungsbildung beauftragt zu haben. Der Schiite al-Maliki hatte mit seiner Partei die Parlamentswahl im April klar gewonnen, verfügt aber im Parlament nicht über eine absolute Mehrheit. Seit Monaten können sich die politischen Lager nicht auf einen neuen Ministerpräsidenten einigen. Am Sonntag vertagte das Parlament eine Debatte darüber bis zum 19. August.

Das höchste Gericht des Landes sprach al-Maliki das Recht zur Regierungsbildung zu. Al-Malikis Rechtsstaats-Allianz sei der größte Block im irakischen Parlament, bestätigte der irakische Bundesgerichtshof nach Angaben des staatlichen irakischen Fernsehens. Laut der irakischen Verfassung steht der stärksten Kraft im irakischen Abgeordnetenhaus das Recht zu, die Regierung zu bilden. Am Sonntag war die entsprechende Frist abgelaufen. Al-Maliki möchte für eine dritte Amtsperiode gewählt werden. Die meisten anderen Parteien verlangen jedoch seinen Rückzug.

Masum ist "Garant der Verfassung"

US-Außenminister John Kerry rief al-Maliki zur Zurückhaltung auf. "Der Prozess der Regierungsbildung ist absolut wichtig, um Stabilität und Ruhe im Irak zu wahren", sagte er am Rande bilateraler Gespräche in Australien. "Wir hoffen, dass al-Maliki da nichts aufwühlt." Es dürften jetzt keine Truppen oder Milizen ins Spiel gebracht werden. Die USA hatten zuvor bereits ihre Unterstützung für Masum bekundet. Der für den Irak zuständige US-Vizestaatssekretär Brett McGurk schrieb auf Twitter, Washington unterstütze Masum als "Garant der Verfassung".

Offenbar als Machtdemonstration des Regierungschefs bezogen unterdessen ungewöhnlich viele Sicherheitskräfte Stellung an strategisch wichtigen Punkten in Bagdad. Auch Panzer sollen aufgefahren sein. Wie ein ranghoher Polizeibeamter sagte, waren verstärkt Polizisten, Soldaten und Anti-Terror-Einheiten im Einsatz, etwa um die sogenannte Grüne Zone herum. Diese ist ein besonders gesichertes Stadtviertel, in dem Regierungsgebäude und Botschaften untergebracht sind. "Das sind ungewöhnliche Maßnahmen, sie sind so wie bei der Ausrufung eines Ausnahmezustands", sagte der Polizeibeamte.

Kurden fordern al-Malikis Rücktritt

Der Kurde Masum war Ende Juli vom Parlament zum Präsidenten gewählt worden. Zwischen den Kurden, die im Nordirak über ein autonomes Gebiet verfügen, und der Regierung al-Maliki gibt es seit langem Spannungen. Die Kurden werfen der Zentralregierung unter anderem vor, ihnen ihren 17-prozentigen Anteil an den gesamten Öleinnahmen des Staates vorzuenthalten. Zuletzt hatte Al-Maliki die Kurden schwer verärgert, weil er ihnen vorwarf, der Dschihadistengruppe Islamischer Staat in ihren Gebieten im Norden Unterschlupf zu gewähren. Die Kurden forderten den Rücktritt des Ministerpräsidenten.

Im Gegensatz zur irakischen Armee konnten die kurdischen Peschmerga-Kämpfer allerdings zuletzt Erfolge im Kampf gegen die IS verbuchen. Am Sonntag eroberten sie nach eigenen Angaben zwei Städte von den Extremisten zurück. Dabei kamen ihnen die US-Luftangriffe gegen IS-Stellungen zugute, die US-Präsident Barack Obama am Freitag angeordnet hatte.

Viele Iraker machen al-Maliki maßgeblich für das Erstarken der sunnitischen Dschihadisten verantwortlich. Kritiker werfen dem Ministerpräsidenten vor, die Sunniten seit seiner Amtsübernahme systematisch benachteiligt zu haben. Viele frühere Verbündete kehrten dem 64-Jährigen inzwischen den Rücken, und auch im Ausland schwand die Unterstützung. Dennoch besteht er auf einer dritten Amtszeit.

Quelle: ntv.de, mli/AFP

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