Reaktion auf Organspendeskandal Manipulierte Patientenakten künftig strafbar
14.06.2013, 16:08 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Juli 2012 sorgt ein Göttinger Arzt für Aufsehen: Der Mediziner lässt seine Patienten auf dem Papier kranker erscheinen, als sie es in Wirklichkeit sind. So erhalten sie früher Spenderorgane. Ein verändertes Transplantationsgesetz soll derartige Fälle künftig verhindern.
Manipulationen an Wartelisten für Organspenden sind künftig strafbar und können mit bis zu zwei Jahren Haft oder Geldstrafen geahndet werden. So will es der Bundestag. Das Parlament hat darum eine Änderung des Transplantationsgesetzes beschlossen und zog damit die Konsequenzen aus den jüngsten Organspende-Skandalen.
Laut dem Bundesgesundheitsministerium ist es in Zukunft verboten, mit dem Ziel der Bevorzugung von Patienten auf der Warteliste Patientendaten zu manipulieren und einen unzutreffenden Gesundheitszustand der Patienten an die europäische Vergabestelle Eurotransplant zu übermitteln. Darüber hinaus werden die Transplantations-Richtlinien der Bundesärztekammer unter den Vorbehalt der Genehmigung durch das Bundesgesundheitsministerium gestellt. Dadurch würden die Richtlinien "transparent und überprüfbar", erklärte das Ministerium.
Spenderbereitschaft ging drastisch zurück
Seit Juli 2012 war bekannt, dass ein Göttinger Arzt von 2009 bis 2011 planmäßig falsche Gesundheitsdaten von Patienten des Uniklinikums gemeldet haben soll, damit die eigenen Patienten beim Empfang einer Spenderleber bevorzugt werden. Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wirft dem Medizinprofessor unter anderem versuchten Totschlag in mehreren Fällen vor. Auch an anderen Kliniken hat es Manipulationen gegeben.
Infolge des Transplantationsskandals war die Zahl der Organspender im vergangenen Jahr um 12,8 Prozent auf 1046 zurückgegangen. Im ersten Quartal 2013 gab es ein Minus um 18 Prozent auf 230. Von den 12.000 Menschen auf der Warteliste sterben täglich drei, weil es kein passendes Organ gibt.
Alle Fraktionen stützen die Gesetzesänderung
Ressortchef Daniel Bahr (FDP) versicherte, Manipulationen wie in der Vergangenheit seien nicht mehr möglich. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte zwar, dass der Bundestag jetzt ein Instrument zur Bestrafung von Manipulationen an Patientendaten geschaffen habe. "Jedoch sind Zweifel angebracht, ob die neue Norm in der Praxis tatsächlich große Wirkung erzielen wird", erklärte der Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Strafrechtliche Verfolgung ändere "nichts an den grundlegenden Konstruktionsfehlern des deutschen Transplantationsrechts". So würden weiter die Bürgerrechte der Schwerstkranken auf den Wartelisten missachtet. "Es fehlt an Transparenz bei der Wartelistenentscheidung und Klarheit, welchen Rechtsweg Betroffene beschreiten können."
Alle Fraktionen trugen die entsprechenden Änderungen des Transplantationsgesetzes. Es gilt als sicher, dass der Bundesrat das Gesetz passieren lässt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP